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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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Besuches bei Doktor Baker mitteilen wollte.»
    «Wahrhaftig, ich glaube, Sie haben endlich einmal den Nagel auf den Kopf getroffen», sagte Favell. «Dieser Baker und der Zettel scheinen irgendwie in Zusammenhang zu stehen. Aber wie, das möchte ich gern wissen. Was kann denn nur mit ihr los gewesen sein?»
    Die Wahrheit schrie ihnen geradezu ins Gesicht, aber sie hörten sie nicht. Sie standen dort und starrten einander ratlos an. Ich wagte nicht, meinen Blick zu heben. Ich wagte nicht, mich zu rühren, aus Angst, meine Bewegungen könnten meine Gefühle verraten. Maxim sagte nichts; er war wieder ans Fenster getreten und sah in den Garten hinaus, der jetzt in dunklem Schweigen lag. Der Regen hatte endlich aufgehört, nur einzelne Tropfen fielen noch von den Blättern und von der Regenrinne über dem Fenster.
    «Das dürfte ja sehr einfach zu ermitteln sein», sagte Frank. «Wir haben Doktor Bakers Adresse. Ich werde ihm schreiben und ihn fragen, ob er sich noch an Mrs. de Winters Besuch erinnert.»
    «Ich weiß nicht, ob er darauf antworten würde», meinte Oberst Julyan. «Ärzte unterliegen nämlich der Schweigepflicht; jeder Fall muß vertraulich behandelt werden. Die einzige Möglichkeit, ihn zum Reden zu bringen, wäre, daß Mr. de Winter ihn persönlich aufsucht und ihm die Sach-lage auseinandersetzt. Was meinen Sie dazu, de Winter?»
    Maxim wandte sich um. «Ich bin bereit, alles zu tun, was Sie für richtig halten», sagte er ruhig.
    «Alles, um Zeit zu gewinnen, wie?» bemerkte Favell. «In vierundzwanzig Stunden läßt sich viel machen – Züge, Schiffe, Flugzeuge, eine reichhaltige Auswahl!»
    Ich sah den scharfen Blick, den Mrs. Danvers zwischen Favell und Maxim hin und her gehen ließ, und es wurde mir auf einmal klar, daß Mrs. Danvers ja noch nichts von Favells Anschuldigung wußte. Endlich begann ihr ein Licht aufzugehen; ich konnte das an ihrem Gesichtsausdruck erkennen. Erst sprach Zweifel daraus, dann ein Gemisch von Staunen und Haß und schließlich Überzeugung.
    Wieder verkrampften sich diese Krallenfinger in dem schwarzen Kleid, und sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Sie fuhr fort, Maxim anzustarren, sie ließ ihn nicht mehr aus den Augen. Es ist zu spät, dachte ich, sie kann uns nichts mehr anhaben, der Schaden ist schon geschehen. Es macht nichts mehr aus, was sie sagt oder was sie tut. Maxim beachtete sie gar nicht, oder wenigstens ließ er sich nichts anmerken. Er sprach mit Oberst Julyan.
    «Was schlagen Sie vor?» sagte er. «Soll ich morgen früh nach Barnet fahren? Ich kann ja Doktor Baker telegraphisch von meinem Besuch benachrichtigen.»
    «Allein wird er nicht fahren», sagte Favell mit einem kurzen Lachen. «Ich habe doch das Recht, darauf zu bestehen, nicht wahr? Schicken Sie Inspektor Welch mit, und ich habe nichts dagegen.»
    Wenn Mrs. Danvers doch bloß den Blick von Maxim abwenden wollte. Frank war es jetzt auch aufgefallen. Er beobachtete sie mit ratloser und besorgter Miene. Ich sah, wie er seinen Blick auf den Zettel mit der Adresse warf und dann seine Augen auf Maxim richtete. Ich glaube, in dieser Sekunde begann ihm der wahre Sachverhalt aufzudämmern, denn er wurde plötzlich ganz blaß und legte den Zettel aus der Hand.
    «Ich finde, es liegt kein Anlaß vor, Inspektor Welch zu bemühen – noch nicht», sagte Oberst Julyan. Seine Stimme klang anders, härter. Ich war beunruhigt über die Art und Weise, wie er das ‹noch nicht› aussprach. Warum hatte er es überhaupt gesagt? Nein, das gefiel mir nicht.
    «Wenn ich de Winter begleite und bei ihm bleibe und dann wieder mit ihm zurückkehre, genügt Ihnen das?» sagte er.
    Favell sah erst Maxim und dann den Oberst an. Sein Gesicht hatte einen bösen, abwägenden Ausdruck, und in seinen blaßblauen Augen glomm es wie heimlicher Triumph. «Doch», sagte er langsam. «Doch, ich glaube ja. Aber haben Sie etwas dagegen, wenn ich sicherheitshalber ebenfalls mitkomme?»
    «Nein», entgegnete Oberst Julyan. «Bedauerlicherweise muß ich Ihnen dieses Recht einräumen. Aber andererseits habe ich dann das Recht, zu verlangen, daß Sie völlig nüchtern sind, wenn Sie uns begleiten.»
    «Machen Sie sich deswegen keine Sorge», erwiderte Favell mit einem breiten Lächeln. «Ich werde schon nüchtern sein. So nüchtern wie der Richter, der Max in etwa drei Monaten verurteilen wird. Ich habe so die Idee, daß dieser Doktor Baker mein Hauptzeuge werden wird.» Er sah von einem zum anderen und lachte laut heraus.
    Ich

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