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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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zurückkam, hielt er ein Stück Papier in der Hand. Frank, der Maxim liebte, wußte nicht, daß dieser kleine Papierfetzen das einzige Beweisstück war, und daß das, was darauf stand, Maxim mit derselben tödlichen Sicherheit vernichten konnte wie ein Dolchstoß in den Rücken.
    «Es war der Nachtportier eines Hauses in Bloomsbury», sagte er. «In dem Haus gibt es keine Wohnungen. Es befinden sich dort nur die Konsultationsräume verschiedener Ärzte. Offenbar hat dieser Baker seine Praxis schon vor sechs Monaten aufgegeben. Aber der Nachtportier hat mir seine Adresse mitgeteilt. Ich habe sie hier aufgeschrieben.»

25
    In diesem Augenblick sah Maxim mich zum erstenmal an diesem Abend an. Und in seinen Augen las ich einen Abschiedsgruß. Es war, als ob er an die Reling eines Schiffes gelehnt stünde und ich unter ihm auf dem Kai. Andere Menschen drängten sich um uns, aber wir hatten nur Augen füreinander. Auch sagten wir nichts und riefen uns nichts zu, denn bei der Entfernung hätte der Wind unsere Stimmen doch fortgeweht. Aber seinen Gesichtsausdruck konnte ich erkennen und er auch meinen, bevor das Schiff vom Kai ablegte. Favell und Mrs.
    Danvers, Oberst Julyan und Frank mit dem Stückchen Papier in der Hand, sie alle waren in diesem Augenblick vergessen. Dieser winzige Bruchteil der Zeit, zwischen Sekunde und Sekunde, gehörte unantastbar uns allein. Und dann wandte Maxim sich ab und gab Frank die Hand.
    «Das hast du gut gemacht», sagte er. «Wie ist denn die Adresse?»
    «Irgendwo bei Barnet, im Norden von London», sagte Frank und reichte ihm das Papier. «Er hat aber keinen Telephonanschluß, wir können ihn also nicht anrufen.»
    «Ausgezeichnet, Crawley», sagte auch Oberst Julyan. «Sie haben uns sehr geholfen, Mrs.
    Danvers. Sehen Sie jetzt vielleicht etwas klarer?»
    Mrs. Danvers schüttelte den Kopf. «Mrs. de Winter hat niemals einen Arzt benötigt. Wie alle kerngesunden Menschen verachtete sie die Ärzte. Wir hatten nur einmal Doktor Phillips aus Kerrith hier, als sie sich das Handgelenk verstaucht hatte. Aber von einem Doktor Baker habe ich sie niemals reden hören.»
    «Ich sage euch ja, der Kerl ist nichts weiter als ein Schönheitskrämer», sagte Favell. «Und was zum Teufel tut es auch zur Sache, was er eigentlich ist! Wenn etwas an der Sache dran wäre, dann würde Danny darüber Bescheid wissen. Ich könnte darauf schwören, daß er einer von diesen Narren ist, der ein neues Haarfärbemittel oder eine Anti-Sommersprossencreme erfunden hat. Und Rebecca hat wahrscheinlich an dem Mittag durch ihren Friseur von ihm gehört und ist aus Neugierde einmal hingefahren.»
    «Nein», sagte Frank, «da irren Sie sich. Baker ist kein Quacksalber. Der Nachtportier sagte mir, er sei ein bekannter Frauenspezialist.»
    «Hm», sagte Oberst Julyan und zupfte an seinem Schnurrbart. «Irgend etwas muß ihr also doch gefehlt haben. Es ist doch aber merkwürdig, daß sie zu niemandem darüber gesprochen hat, nicht einmal zu Mrs. Danvers.»
    «Sie war zu dünn», sagte Favell. «Ich hab ihr das immer wieder vorgehalten; aber sie lachte nur und meinte, das stände ihr gut. Sie machte wahrscheinlich eine Abmagerungskur wie alle Frauen heutzutage. Vielleicht wollte sie sich von diesem Baker nur irgendeine neuartige Diät verschreiben lassen.»
    «Halten Sie das für möglich, Mrs. Danvers?» fragte Oberst Julyan.
    Mrs. Danvers schüttelte wieder den Kopf. Dieses überraschende Auftauchen von Doktor Baker schien sie völlig verwirrt zu haben. «Ich verstehe das gar nicht», sagte sie.
    «Ich weiß wirklich nicht, was ich davon halten soll. Baker? Doktor Baker? Warum hat sie mir denn nie etwas von ihm erzählt? Sie hatte doch sonst keine Geheimnisse vor mir.»
    «Vielleicht wollte sie Sie nur nicht beunruhigen», meinte Oberst Julyan. «Zweifellos hat sie diese Verabredung mit ihm getroffen und ist auch bei ihm gewesen und hat Ihnen dann am Abend davon erzählen wollen.»
    «Und dann das Briefchen an Mr. Jack», sagte Mrs. Danvers plötzlich. «‹Ich habe Dir etwas zu sagen, ich muß Dich sehen›; ihm wollte sie es also auch sagen.»
    «Das stimmt», sagte Favell. «Den Zettel haben wir ja ganz vergessen.» Er zog ihn wieder aus der Tasche hervor und las laut: «‹Ich habe Dir etwas Wichtiges mitzuteilen, und ich muß Dich so bald wie möglich sehen. Rebecca›.»
    «Ja, das ist ja jetzt ganz klar», sagte Oberst Julyan zu Maxim. «Da könnte ich tausend Pfund drauf wetten, daß sie Favell das Ergebnis ihres

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