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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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klang. Das Schweigen wurde zu Minuten, die Minuten wurden Meilen, und ich dachte, jetzt ist alles vorbei. Ich werde nie mehr mit ihm ausfahren. Morgen wird er abreisen. Der Hoteldiener wird seine Koffer heruntertragen; ich werde im Gepäcklift einen kurzen Blick auf sie werfen können, auf ihre neuen Aufklebezettel, das Hin und Her, die Endgültigkeit des Aufbruchs. So tief war ich in mein Bild versunken – ich sah sogar, wie der Hausdiener sein Trinkgeld einsteckte und dem Portier etwas über die Schulter zurief –, daß es mir entging, daß der Wagen langsamer lief, und erst als wir anhielten, fand ich mich in die Gegenwart zurück. Er saß regungslos da, ohne Hut und mit dem weißen Schal um den Hals glich er mehr denn je irgendeinem Menschen aus dem Mittelalter, der in einem Rahmen lebte. Er gehörte nicht in diese helle Landschaft, er hätte auf den Stufen einer strengen Kathedrale stehen müssen, den Umhang zurückgeworfen, während zu seinen Füßen ein Bettler gierig nach goldenen Münzen griff.
    Der Freund war verschwunden mit seinem herzlichen kameradschaftlichen Ton, und auch der Bruder, der mich verspottet hatte, weil ich an den Nägeln kaute. Dieser Mann war ein Fremder. Ich überlegte mir, warum ich wohl neben ihm im Wagen saß.
    Endlich wandte er sich mir zu und redete. «Sie sprachen vorhin von einer Erfindung», sagte er, «irgendeine Einrichtung, um eine Erinnerung festzuhalten. Sie erzählten mir, Sie würden gern nach Wunsch die Vergangenheit noch einmal durchleben. Ich denke darüber sehr anders als Sie. Jede Erinnerung ist bitter, und ich ziehe es vor, sie hinter mir zu lassen. Voriges Jahr geschah etwas, das mein ganzes Leben änderte, und ich möchte jede Phase meines Daseins bis zu dieser Zeit vergessen. Jene Tage sind abgetan, ausgelöscht. Ich muß ganz von vorn zu leben beginnen. Als wir uns zum erstenmal begegneten, fragte mich Mrs. Van Hopper, warum ich nach Monte Carlo gekommen sei. Ich habe die Erinnerung, die Sie
    wiedererwecken wollen, fest verkorkt. Es gelingt natürlich nicht immer.
    Manchmal ist der Duft zu stark, um sich in eine Flasche sperren zu lassen, und zu stark auch für mich. Und dann versucht manchmal der Teufel in einem selbst, wie ein verstohlener Schlüssellochgucker den Korken zu ziehen.
    Ich tat das auf unserer ersten Ausfahrt. Als wir die Serpentinen hochgeklettert waren und über den Abgrund hinunterschauten. Ich war vor einigen Jahren mit meiner Frau an der gleichen Stelle gewesen. Sie fragten mich, ob es noch dasselbe sei, ob es sich verändert habe.
    Es war noch so wie damals, nur, wie ich zu meiner Freude feststellen konnte, merkwürdig unpersönlich. Nicht der geringste Anknüpfungspunkt an jene frühere Gelegenheit. Sie und ich, wir hatten keinen Eindruck hinterlassen. Vielleicht kam es daher, weil Sie bei mir waren.
    Wissen Sie, Sie haben die Vergangenheit in mir viel wirkungsvoller zum Schweigen gebracht als alles Licht von Monte Carlo. Wären Sie nicht gewesen, hätte ich mich längst schon wieder aufgemacht nach Italien und Griechenland und vielleicht noch weiter. Sie haben mir all dieses Umhergereise erspart. Hol der Teufel Ihre altjüngferliche kleine Ansprache! Und zum Teufel mit Ihrem Gefasel von meiner Güte und Wohltätigkeit! Ich bitte Sie, mich zu begleiten, weil ich Sie und Ihre Gesellschaft um mich haben will, und wenn Sie mir das nicht glauben wollen, können Sie meinen Wagen sofort verlassen und sich Ihren Weg allein nach Hause suchen. Machen Sie schon, öffnen Sie die Tür und scheren Sie sich raus!»
    Ich saß ganz still, meine Hände im Schoß gefaltet, und wußte nicht, ob er es wirklich so meinte oder nicht.
    «Nun», sagte er, «was wollen Sie tun?»
    Wäre ich ein oder zwei Jahre jünger gewesen, hätte ich, glaube ich, geweint. Kindertränen haben keinen tiefen Brunnen und quellen leicht über. Aber auch ich fühlte die Tränen hochkommen, und als ich mich plötzlich in dem Rückspiegel an der Windschutzscheibe sah, bot sich mir das traurige Schauspiel meiner selbst mit ratlosen Augen und blutroten Wangen, das lange Haar wirr unter dem breiten Filzhut.
    «Ich will nach Hause», sagte ich mit einer Stimme, die bedenklich zitterte, und ohne ein Wort setzte er den Motor in Gang, schaltete und wendete den Wagen in die Richtung, aus der wir gekommen waren.
    Schnell legten wir den Weg zurück. Viel zu schnell, dachte ich, viel zu leicht, und die gefühllose Landschaft sah uns gleichgültig zu. Wir kamen zu der Wegbiegung, die ich als

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