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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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Erinnerung hatte einfangen wollen; das Bauernmädchen war nicht da, und die Farben waren stumpf, und es war also doch nichts anderes als irgendeine Kurve an irgendeiner Landstraße, die Hunderte von Autos durch-fahren. Beim Gedanken daran bebten meine fest
    zusammengepreßten Lippen; mein erwachsener Stolz verließ mich, und frohlockend über ihren Sieg stiegen die Tränen in meine Augen und wanderten über meine Wangen. Ich konnte ihnen nicht Einhalt gebieten, denn sie kamen ungefragt, und hätte ich in der Tasche nach meinem Taschentuch gesucht, hätte er es gesehen. Ich mußte sie regungslos fallen lassen.
    Ob er seinen Kopf wandte, um mich anzusehen, weiß ich nicht, denn ich blickte mit starren, verschleierten Augen geradeaus auf den Weg, aber plötzlich streckte er seine Hand aus, nahm meine und küßte sie, ohne ein Wort zu sagen, und dann warf er mir sein Taschentuch auf den Schoß, aber ich schämte mich zu sehr, um es anzurühren.
    Ich dachte an alle die Romanheldinnen, die hübsch aussehen, wenn sie weinen, und was für ein Gegensatz dazu ich war mit meinem fleckigen, geschwollenen Gesicht und den rotgeränderten Augen. Mein Vormittag nahm ein klägliches Ende, und der Tag, der sich noch vor mir erstreckte, war lang. Ich mußte mit Mrs. Van Hopper in ihrem Zimmer zu Mittag essen, denn die Pflegerin hatte Ausgang, und danach würde sie mich mit der unermüdlichen Energie von Genesenden zu endlosem Kartenspiel zwingen. Ich wußte, ich würde in dem Zimmer einfach ersticken. Später würden ihre Freunde zu einem Cocktail hereinkommen, den ich mixen mußte; ich hasse diese Pflicht, ich fühlte mich schüchtern und ungemütlich, von ihrem Papageiengeschnatter in eine Ecke gedrängt; und ich würde wieder den Prügelknaben abgeben und für sie erröten, wenn sie sich, angeregt durch ihre kleine Gesellschaft, im Bett aufsetzte und überlaut sprach, übertrieben lachte, nach dem Reisegrammophon griff und eine Platte auflegte und mit ihren schweren Schultern im Takt zuckte. Gereizt und bissig war sie mir lieber, wenn ihr Haar in Locken-wicklern steckte und sie mich schalt, weil ich ihr Taxol vergessen hatte. Das alles erwartete mich in der Hotelsuite, während er, nachdem er mich abgesetzt hatte, allein irgendwohin gehen konnte, zum Meer vielleicht; und es konnte geschehen, daß er sich in Erinnerungen verlor, von denen ich nichts wußte, an denen ich nicht teilhaben durfte.
    Die Kluft zwischen uns gähnte weiter denn je, und er stand weit weg von mir auf der anderen Seite und kehrte mir den Rücken. Ich fühlte mich jung und klein und sehr verlassen, und jetzt fand meine Hand trotz meines Stolzes sein Taschentuch in meinem Schoß, und ich schneuzte meine Nase und ließ jeden Gedanken an mein Aussehen fahren. Jetzt war ja doch alles einerlei.
    «Zur Hölle mit dem Unsinn!» sagte er plötzlich, wie ärgerlich oder gelangweilt, und er zog mich zu sich heran und legte seinen Arm um meine Schulter, ohne den Blick von der Straße zu wenden. Ich erinnere mich, daß er sogar noch schneller fuhr. «Sie sind jung genug, um meine Tochter zu sein, und ich weiß nicht, wie ich mit Ihnen fertig werden soll. Sie können alles vergessen, was ich Ihnen heute sagte. Daran wollen wir nicht mehr denken. In der Familie werde ich immer Maxim genannt, und ich möchte gern, daß Sie mich auch so nennen. Ihre Förmlichkeit hat jetzt lange genug gedauert.» Er tastete nach dem Rand meines Hutes, ergriff ihn und warf ihn über seine Schultern auf den Rücksitz, dann beugte er sich zu mir und küßte mich auf das Haar. «Versprich mir, daß du niemals schwarze Seide tragen wirst», sagte er. Ich lächelte, und er lachte mich an, und der Morgen war wieder heiter, der Morgen strahlte und glänzte. Er hatte unsere Bekanntschaft auf eine neue Ebene gehoben; ich stand nicht so weit unter ihm, wie ich gedacht hatte. Geküßt hatte er mich auch, und es war ganz selbstverständlich gewesen, so beruhigend und tröstend, gar nicht dramatisch wie in Büchern oder peinlich. Es brachte eine neue Leichtigkeit in unser Verhältnis, es machte alles viel einfacher; die Kluft zwischen uns war doch überbrückt worden. Ich sollte ihn Maxim nennen. Und an diesem Nachmittag war das Kartenspiel mit Mrs. Van Hopper nicht so tödlich langweilig, wie es hätte sein können, wenn mich mein Mut auch verließ und ich ihr nichts von meinem Vormittag sagte, wie ich es mir, als ich mit meinem neuen
    Selbstbewußtsein das Hotel betrat, eigentlich vorgenommen hatte. Denn

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