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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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Hier, sage ich mir, haben wir gelebt, sind wir glücklich gewesen. Es war unser, egal, für welch kurze Zeit. Wenn wir auch nur zwei Nächte unter einem Dach zugebracht haben, lassen wir doch etwas von uns selbst zurück.
    Nichts Gegenständliches, keine Haarnadel auf einem Frisiertisch oder ein Taschentuch unter dem Kopfkissen; aber etwas Unbestimmbares, einen Augenblick unseres Lebens, einen Gedanken, eine Stimmung.
    Kürzlich las ich in einer Zeitung, daß das Hotel Côte d’Azur in Monte Carlo von einer anderen Direktion übernommen wurde und einen neuen Namen erhalten hat. Die Zimmer sind neu tapeziert worden, und sämtliche Räumlichkeiten wurden umgebaut. Mrs. Van Hoppers Appartement im ersten Stock existiert vielleicht gar nicht mehr.
    Vielleicht ist von dem kleinen Schlafzimmer, das ich bewohnte, keine Spur mehr übriggeblieben. Ich wußte, daß ich niemals dorthin zurückkehren würde, als ich an jenem Tag am Boden kniete und mich mit dem umständlichen Verschluß ihres Koffers abmühte.
    Mit dem Einschnappen des Schlosses war die Episode von Monte Carlo beendet. Ich warf einen Blick durch das Fenster, und es war so wie das Umblättern einer Seite in einem Photoalbum. Diese Dachgiebel und dieses Meer hatten nichts mehr mit mir zu tun. Sie gehörten dem Gestern, der Vergangenheit an. Die Zimmer machten bereits einen kahlen Eindruck, die großen Koffer standen zugeschnallt und verschlossen zum Abholen bereit draußen auf dem Korridor. Das Handgepäck würde später fertig gepackt werden.
    Die Papierkörbe quollen über, offene Schubladen starrten in die Gegend, der Schreibtisch war völlig ausgeräumt.
    Am Morgen vorher, als ich ihr beim Frühstück den Kaffee einschenkte, hatte sie mir einen Brief zugeworfen.
    «Helen schifft sich Sonnabend nach New York ein. Die kleine Nancy hat eine
    Blinddarmreizung, und sie erhielt ein Telegramm, sie solle doch nach Hause kommen. Das war für mich entscheidend. Wir werden auch fahren. Europa langweilt mich langsam zu Tode, außerdem können wir ja im Frühherbst zurückkehren. Was sagen Sie dazu, New York kennenzulernen?»
    Der bloße Gedanke daran war schlimmer als Gefängnis. Mein Gesicht mußte etwas von meiner Niedergeschlagenheit verraten haben, denn zuerst sah sie erstaunt und dann verärgert aus.
    «Was für ein merkwürdiges, unzufriedenes Kind sind Sie doch! Ich werde wirklich nicht klug aus Ihnen. Sind Sie sich nicht darüber klar, daß Mädchen in Ihrer Lage, ohne irgendwelches Vermögen, bei uns das herrlichste Leben führen können? So viel Abwechslung und eine Menge junger Leute. In derselben gesellschaftlichen Stellung wie Sie. Sie können Ihren eigenen kleinen Freundeskreis haben und brauchen mir nicht, wie hier, ständig auf jeden Wink zur Verfügung zu stehen. Ich dachte, Sie machten sich nichts aus Monte?»
    «Ich habe mich daran gewöhnt», sagte ich matt und kläglich, mein Herz ein Widerstreit von Gefühlen.
    «Sie werden sich jetzt eben an New York gewöhnen müssen, das ist alles. Jedenfalls werden wir auf Helens Dampfer buchen, und das heißt, daß wir uns sofort um unsere Karten kümmern müssen. Gehen Sie gleich zum Portier und sorgen Sie dafür, daß der junge Mann sich etwas tummelt. Sie werden heute noch so viel zu tun haben, daß Ihnen gar keine Zeit übrigbleibt, irgendwelchen Ab-schiedsschmerz zu empfinden.» Sie lachte unsympathisch, drückte ihre Zigarette in der Butter aus und ging zum Telephon, um all ihre Bekannten anzurufen.
    Ich konnte nicht sofort in die Halle hinuntergehen. Ich ging ins Badezimmer, riegelte die Tür ab, setzte mich auf die Korkmatte am Boden und stützte den Kopf in die Hände. Nun war es also Ernst geworden mit dem Abreisen und dem ganzen Drum und Dran. Es war alles vorbei.
    Morgen abend würde ich im Zug sitzen, ihren Schmuckkasten und ihre Reisedecke tragen wie ein Dienstmädchen, und sie, ganz vermummt in ihren Pelzmantel, würde mir im Schlafwagen gegenüber sitzen. In diesem stickigen, kleinen Abteil mit den ratternden Türen, dem bespritzten Waschbecken, den feuchten Handtüchern, der Seife mit dem einen Haar darauf, der halbgefüllten Wasserkaraffe und dem unvermeidlichen Schild an der Wand «Sous le lavabo se trouve un vase», würden wir uns waschen und die Zähne putzen, während jedes Geratter, jeder Ruck und jeder Stoß des kriechenden Zuges mich nur mit jeder Meile noch mehr von ihm entfernte, der zu dieser Stunde allein im Speisesaal des Hotels saß und vielleicht in einem Buch las – ohne

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