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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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Bedauern, ohne Gedanken.
    Vielleicht würde ich mich im Gesellschaftszimmer von ihm verabschieden, bevor wir das Hotel verließen; ihm verstohlen und hastig – ihretwegen – Lebewohl sagen, und es würde eine kleine Pause entstehen, und wir würden lächeln und Worte wechseln wie: «Ja, gewiß, natürlich müssen Sie mir schreiben» und «Ich habe Ihnen noch gar nicht richtig gedankt, daß Sie so nett gewesen sind» und «Vergessen Sie nicht, mir die Abzüge nachzuschicken.» –
    «Aber an welche Adresse?» – «Ach, die werde ich Ihnen noch mitteilen.» Und er würde sich eine Zigarette anzünden, während ich mir im stillen sagen würde: «Nur noch viereinhalb Minuten – ich werde ihn nie wiedersehen.»
    Weil ich fortging, weil es zu Ende war, würden wir uns plötzlich nichts mehr zu sagen haben, während das Herz mir weh tat und schrie: «Ich liebe dich so sehr! Ich bin schrecklich unglücklich. Das ist mir bisher noch nie geschehen und wird es auch nie wieder.» Mein Gesicht aber würde in einem gekünstelten, konventionellen Lächeln erstarren und meine Stimme sagen: «Ja, also nochmals, ich bin Ihnen wirklich wahnsinnig dankbar, es war fabelhaft nett …» Worte benutzend, die ich bis dahin nie benutzt hatte. Fabelhaft – was bedeutete das? – Gott weiß, mir war das völlig gleich; es war so ein Wort, wie Schulmädchen es gebrauchen, wenn sie von einem Hockeyspiel sprechen, völlig unzutreffend für jene vergangenen Wochen zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Und dann würde sich die Tür des Fahrstuhles öffnen, um Mrs. Van Hopper herauszulassen, und ich würde auf sie zugehen, und er würde sich wieder in seine Ecke zurückziehen.
    Zum erstenmal seit ihrer Grippe nahm Mrs. Van Hopper das Mittagessen im Speisesaal ein, und ich hatte ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend, als ich nach ihr den Raum betrat. Er war an diesem Tag nach Cannes gefahren, so viel wußte ich, weil er es mir am Tag vorher mitgeteilt hatte, aber ich fürchtete die ganze Zeit, daß der Kellner eine Indiskretion begehen und mich fragen könnte: «Werden Mademoiselle heute abend wie gewöhnlich mit Monsieur speisen?» sooft der Kellner sich unserem Tisch näherte, wurde mir vor Angst beinahe übel, aber er sagte nichts.
    Der Tag verging mit Packen, und abends kamen ihre Bekannten, um sich von ihr zu verabschieden. Wir aßen im Wohnzimmer, und sie ging gleich danach zu Bett. Ich hatte ihn noch immer nicht zu Gesicht bekommen. Um halb zehn ging ich unter dem Vorwand, mir Anhängeadressen zu holen, in die Halle hinunter, aber er war nicht da. Der ekelhafte Portier lächelte, als er mich sah. «Falls Sie Mr. de Winter suchen sollten – er hat von Cannes anrufen und ausrichten lassen, er würde vor Mitternacht nicht zurück sein.»
    «Ich möchte gern ein paar Anhängeadressen», sagte ich, aber ich sah ihm an, daß er sich nicht täuschen ließ. Es würde also keinen letzten Abend mehr geben. Diese Abendstunde, auf die ich den ganzen Tag über gehofft hatte, mußte ich nun allein in meinem Schlafzimmer damit zubringen, den Koffer und den prallen Wäschesack anzustarren. Vielleicht war es ganz gut so, denn ich hätte gewiß eine sehr schlechte Gesellschafterin abgegeben, und er würde mir vom Gesicht abgelesen haben, wie es um mich stand.
    Ich weiß, daß ich in jener Nacht geweint habe, bittere junge Tränen, die ich heute nicht mehr weinen könnte. Wenn wir einmal älter als einundzwanzig sind, dann kommt das nicht mehr vor, dieses leidenschaftliche Tief-in-ein-Kissen-Schluchzen; die hämmernden Schläfen, die verschwollenen Augen, die enge, zugeschnürte Kehle.
    Und am Morgen darauf das eifrige Bemühen, alle Spuren vor den Augen der Welt zu verbergen, das wiederholte Baden des Gesichts mit kaltem Wasser, das Betupfen mit Eau de Cologne, die hastig verstohlene Benutzung der Puderquaste, die an sich schon verräterisch ist. Dazu noch die panische Angst, daß man von neuem weinen könnte, weil es nicht in unserer Macht steht, das Heraufquellen der Tränen zu verhindern, und daß ein
    verhängnisvolles Zucken um den Mund das Unheil heraufbeschwören wird. Ich entsinne mich noch, wie ich das Fenster weit öffnete und mich hinauslehnte in der Hoffnung, die frische Morgenluft würde die verräterische Röte unter dem Puder wegblasen, und es kam mir vor, als ob die Sonne noch nie so hell geschienen und der neue Tag noch nie so vielversprechend begonnen hätte. Monte Carlo war plötzlich so anziehend und reizvoll, der

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