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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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Ich sah mich im Zimmer um.
    Es war ein Raum, in dem irgendein beliebiger Mann hätte wohnen können, unordentlich und unpersönlich. Berge von Schuhen, viel mehr, als er hier jemals benutzen konnte, und über einem Band unzählige Schlipse. Der Frisiertisch war kahl bis auf eine große Flasche Haarwasser und zwei Haarbürsten mit Elfenbeinrücken. Keine Photos – nichts.
    Instinktiv hatte ich danach gesucht in der Annahme, daß mindestens eine Photographie dastehen würde, auf dem Nachttisch neben seinem Bett oder mitten auf dem Kaminsims. Ein großes Bild in einem Lederrahmen. Es standen jedoch nur einige Bücher da und eine Schachtel Zigaretten.
    Nach fünf Minuten war er fertig, wie er es versprochen hatte. «Kommen Sie mit auf die Terrasse und leisten Sie mir Gesellschaft, während ich frühstücke», sagte er.
    Ich sah auf meine Armbanduhr. «Ich habe keine Zeit», teilte ich ihm mit, «ich sollte jetzt eigentlich im Büro sein, um die reservierten Plätze umzutauschen.»
    «Machen Sie sich darüber jetzt keine Gedanken. Ich habe mit Ihnen zu reden», sagte er.
    Wir gingen den Korridor entlang, und er klingelte nach dem Fahrstuhl. Es ist ihm nicht bewußt, dachte ich, daß der frühere Zug in etwa anderthalb Stunden fährt. Gleich wird Mrs.
    Van Hopper im Büro anrufen und fragen, ob ich dort bin. Wir fuhren ohne zu sprechen im Lift nach unten, und schweigend betraten wir die Terrasse, auf der die Tische zum Frühstück gedeckt waren.
    «Was möchten Sie essen?» fragte er.
    «Ich habe bereits gefrühstückt», entgegnete ich, «und ich kann allerhöchstens noch vier Minuten hier bleiben.»
    «Bringen Sie mir Kaffee, ein weiches Ei, Toast, Marmelade und eine Apfelsine», sagte er zu dem Kellner. Und dann nahm er eine Nagelfeile aus der Tasche und begann an seinen Nägeln zu feilen.
    «So», sagte er dann, «Mrs. Van Hopper hat also genug von Monte Carlo und will wieder nach Hause. Das will ich auch. Sie nach New York und ich nach Manderley. Was würden Sie vorziehen? Die Wahl steht Ihnen frei.»
    «Bitte treiben Sie keinen Scherz damit, das ist unrecht von Ihnen», sagte ich, «und ich glaube, ich muß mich jetzt endlich um die Fahrkarten kümmern und mich von Ihnen verabschieden.»
    «Wenn Sie annehmen, daß ich zu den Leuten gehöre, die schon beim Frühstück witzig sein können, dann irren Sie sich», sagte er. «Ich bin frühmorgens ausnahmslos schlecht gelaunt.
    Ich wiederhole es in allem Ernst: die Wahl steht Ihnen frei. Entweder begleiten Sie Mrs. Van Hopper nach Amerika, oder Sie kommen mit mir heim nach Manderley.»
    «Wollen Sie damit sagen, daß Sie eine Sekretärin oder so etwas brauchen?»
    «Nein. Ich frage Sie, ob Sie mich heiraten wollen, Sie kleiner Dummkopf.»
    Der Kellner kam mit dem Frühstück, und ich saß da, die Hände im Schoß, und sah zu, wie er die Kaffeekanne und das Milchkännchen hinstellte.
    «Sie irren sich in mir», sagte ich, als der Kellner gegangen war, «ich bin kein Mädchen, das man heiratet.»
    «Was zum Teufel meinen Sie damit?» sagte er, während er mich anstarrte und den Löffel aus der Hand legte.
    Ich beobachtete eine Fliege, die sich auf die Marmelade setzte, und er scheuchte sie ungeduldig weg.
    «Ich weiß nicht genau», sagte ich langsam, «ich weiß nicht, wie ich es Ihnen erklären soll.
    Erst einmal gehöre ich nicht zu Ihrer Welt.»
    «Was ist denn meine Welt?»
    «Nun – Manderley. Sie verstehen schon, was ich meine.»
    Er griff wieder nach seinem Löffel und nahm sich etwas Marmelade.
    «Sie sind fast so dumm wie Mrs. Van Hopper und genauso unwissend. Was wissen Sie denn von Manderley? Ich bin schließlich der Mensch, der beurteilen kann, ob Sie dorthin gehören oder nicht. Sie glauben, ich frage Sie das aus einer Augenblickslaune heraus, nicht wahr?
    Weil Sie mir gesagt haben, daß Sie nicht nach New York fahren mögen. Sie glauben, ich mache Ihnen einen Heiratsantrag aus demselben Grund, aus dem ich Sie Ihrer Meinung nach im Auto spazierengefahren habe, ja? Und Sie an jenem ersten Abend zum Essen eingeladen habe. Aus reiner Nettigkeit. Stimmt’s?»
    «Ja», sagte ich.
    «Eines Tages», fuhr er fort, während er sich den Toast dick bestrich, «werden Sie vielleicht begreifen, daß Nächstenliebe nicht gerade meine stärkste Eigenschaft ist. Im Augenblick, glaube ich, begreifen Sie überhaupt nichts. Sie haben mir meine Frage nicht beantwortet.
    Wollen Sie mich heiraten?»
    Ich glaube nicht, daß ich selbst in meinen kühnsten Träumen diese

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