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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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Möglichkeit erwogen hatte. Ich hatte mir einmal, als ich neben ihm im Wagen saß und wir viele Meilen lang geschwiegen hatten, eine romantische Geschichte ausgedacht, wie er auf den Tod krank lag und in seinen Fieberträumen nach mir verlangte und ich ihn dann pflegen durfte. Ich war gerade bei dem Punkt in meiner Geschichte angelangt, wo ich ihm die Stirn mit Eau de Cologne benetzte, als wir vor dem Hotel vorfuhren, und deshalb blieb es dabei. Ein andermal hatte ich mir ausgemalt, wie ich in einem Pförtnerhäuschen auf Manderley wohnen und er mich manchmal besuchen und vor dem Kamin sitzen würde. Daß er so aus heiterem Himmel vom Heiraten redete, verwirrte mich, ja, erschreckte mich sogar, glaube ich. Es war so, als würde man vom König gebeten, seine Frau zu werden. Es klang nicht echt. Und er aß seelenruhig seinen Toast, als ob alles ganz natürlich wäre. In Romanen knieten die Männer vor den Frauen, und es war Mondschein. Nicht beim Frühstück, nicht so wie jetzt.
    «Mein Vorschlag scheint keinen großen Anklang zu finden», sagte er. «Das tut mir leid. Ich bildete mir nämlich ein, Sie liebten mich. Ein schwerer Schlag für meine Eitelkeit.»
    «Aber ich liebe Sie ja», sagte ich. «Ich liebe Sie schrecklich. Sie haben mich sehr unglücklich gemacht, und ich habe die ganze Nacht geweint, weil ich dachte, ich würde Sie nie wiedersehen.»
    Als ich das sagte, lachte er und streckte mir die Hand über den Frühstückstisch entgegen.
    «Gott segne dich da-für!» sagte er. «Eines Tages, wenn du das erhabene Alter von sechsunddreißig Jahren erreicht hast, was, wie du mir anvertraut hast, dein Ehrgeiz ist, werde ich dich an diesen Augenblick erinnern. Und du wirst mir nicht glauben wollen. Es ist ein Jammer, daß du erwachsen werden mußt.»
    Ich schämte mich bereits und war böse auf ihn, weil er gelacht hatte. Also man machte als Frau einem Mann keine solchen Geständnisse. Ich hatte noch eine Menge zu lernen.
    «So, das wäre also abgemacht, nicht wahr?» sagte er, weiteressend. «Anstatt die Gesellschafterin von Mrs. Van Hopper zu bleiben, wirst du meine, und deine Pflichten werden fast genau die gleichen sein. Ich habe ebenfalls eine Schwäche für Neuerscheinungen in der Leihbibliothek, für Blumen im Wohnzimmer und ein Kartenspiel nach dem
    Abendessen. Und habe es gern, wenn mir jemand den Tee einschenkt. Der einzige Unterschied ist, daß ich nicht Taxol benutze, sondern Eno, und du mußt dafür sorgen, daß mir meine besondere Zahnpasta-Sorte nie ausgeht.»
    Ich trommelte mit den Fingern auf den Tisch und wußte nicht, was ich von mir selbst und von ihm halten sollte. Lachte er noch immer über mich, war es alles nur ein Scherz? Er blickte auf und las den Zweifel in meinem Gesicht. «Ich bin ziemlich unverblümt gewesen, wie?» sagte er. «Dies entspricht so gar nicht deiner Vorstellung von einem Heiratsantrag. Eigentlich müßten wir uns in einem Wintergarten befinden, du in einem weißen Kleid mit einer Rose in der Hand, und im Hintergrund müßte eine Geige spielen. Und ich müßte dir im Schatten einer Palme eine glühende Liebeserklärung machen. Dann hättest du das Gefühl, auf deine Kosten gekommen zu sein. Mein armer Liebling, was für eine Schmach. Aber laß gut sein, auf unserer Hochzeitsreise entführe ich dich nach Venedig, und wir werden Hand in Hand in einer Gondola sitzen. Aber allzu lange wollen wir nicht dort bleiben, weil ich dir gern Manderley zeigen möchte.»
    Er wollte mir Manderley zeigen … Und plötzlich begriff ich, daß alles so geschehen würde: ich würde seine Frau sein, wir würden zusammen im Garten spazierengehen, wir würden den schmalen Weg durch das Tal hinunter zur steinigen Küste wandern. Ich sah mich bereits nach dem Frühstück auf den Stufen der Terrasse stehen und nach dem Wetter Ausschau halten, den Vögeln Krumen hin-streuen und später hinauslaufen, einen großen Strohhut auf dem Kopf, die Gartenschere in der Hand, und Blumen für das Haus schneiden. Jetzt wußte ich, warum ich als Kind jene Ansichtskarte gekauft hatte – es war eine Vorahnung gewesen, ein blinder Schritt in die Zukunft.
    Er wollte mir Manderley zeigen … In meinem Kopf war auf einmal ein großes
    Durcheinander; Gestalten tauchten vor mir auf, ein Bild nach dem anderen – und unterdessen aß er seine Apfelsine, gab mir dann und wann ein Stückchen ab und sah mich unverwandt an.
    Wir würden von un-zähligen Menschen umgeben sein, und er würde sagen: «Ich glaube, Sie kennen meine

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