Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
Vom Netzwerk:
einem Blick auf seine Hände.
    Erleichtert standen wir alle auf und gingen durch den Salon in die Halle, Beatrice, die meinen Arm genommen hatte, und ich den Männern voraus.
    «Der gute alte Frith», sagte sie. «Er sieht noch genauso aus wie früher; wenn ich ihn so sehe, komme ich mir wieder wie ein kleines Mädchen vor. Weißt du, du mußt es mir nicht übelnehmen, aber du bist wirklich noch jünger, als ich mir vorgestellt hatte. Maxim hat mir zwar gesagt, wie alt du bist, aber du bist ja noch ein richtiges Kind. Sag mal, liebst du ihn eigentlich sehr?»
    Auf diese Frage war ich nicht vorbereitet, und sie mußte mir meine Verlegenheit angesehen haben, denn sie lachte leise und drückte meinen Arm.
    «Du brauchst mir nicht zu antworten», sagte sie. «Ich sehe schon, wie es um dich steht. Ich falle dir wohl sehr lästig mit meiner Fragerei, nicht? Aber du mußt es nicht krummnehmen.
    Weißt du, ich hänge sehr an Maxim, obwohl wir immer wie Hund und Katz’ aufeinander losgehen, wenn wir uns sehen. Jedenfalls kann ich dir nur dazu gratulieren, wie prächtig er jetzt aussieht. Vor einem Jahr haben wir uns alle große Sorgen um ihn gemacht; aber du kennst natürlich die ganze Geschichte.»
    Wir waren inzwischen im Eßzimmer angelangt, und sie schwieg jetzt, weil die Diener da waren und die anderen uns eingeholt hatten; doch als ich mich setzte und meine Serviette auseinanderfaltete, fragte ich mich, was Beatrice wohl sagen würde, wenn sie geahnt hätte, daß ich von dem vorigen Jahr gar nichts wußte, überhaupt nichts Näheres von dieser Tragödie, die sich da unten in der Bucht ereignet hatte; daß Maxim alles für sich behielt und ich ihn niemals danach fragte.
    Das Mittagessen verlief viel harmonischer, als ich es zu hoffen gewagt hatte. Es gab kaum einen Streitpunkt, vielleicht, weil Beatrice endlich mehr Takt bewies. Jedenfalls unterhielt sie sich angeregt mit Maxim über alle möglichen Dinge, die Manderley betrafen, über ihre Pferde, den Garten und gemeinsame Freunde, und Frank Crawley, der an meiner linken Seite saß, führte eine leichte Unterhaltung mit mir, für die ich ihm dankbar war, weil sie mich gar keine Anstrengung kostete. Giles war mehr mit Essen als mit Reden beschäftigt, obwohl er sich hin und wieder meiner Existenz zu erinnern schien und mir dann irgendeine Bemerkung zuwarf.
    «Offenbar noch immer dieselbe Köchin, nicht wahr, Maxim?» fragte er, als Robert ihm zum zweitenmal von dem kalten Soufflé anbot. «Ich sagte ja immer zu Bee, Manderley ist tatsächlich der einzige Ort in England, wo man heutzutage noch was Anständiges zu essen bekommt. Ich habe dieses Soufflé noch von früher her in bester Erinnerung.»
    «Ich glaube, die Köchinnen wechseln bei uns in regelmäßigen Abständen», antwortete Maxim. «Aber das ändert nichts an der guten Küche, weil Mrs. Danvers alle Rezepte hat und die Neuen anlernt.»
    «Eine erstaunliche Person, diese Mrs. Danvers», sagte Giles, zu mir gewandt, «finden Sie nicht auch?»
    «Oh, ja», erwiderte ich, «sie scheint märchenhaft tüchtig zu sein.»
    «Aber als Modell für ein Gemälde wäre sie wohl nicht gerade geeignet, was meinen Sie?»
    bemerkte Giles und wollte sich ausschütten vor Lachen. Frank Crawley schwieg, und als ich aufblickte, sah ich, daß Beatrice mich beobachtete. Sie wandte sich aber gleich wieder ab und unterhielt sich weiter mit Maxim.
    «Spielen Sie eigentlich Golf, Mrs. de Winter?» erkundigte sich Mr. Crawley.
    «Nein, leider nicht», antwortete ich, froh, daß er ein anderes Thema angeschnitten hatte und daß man nicht mehr von Mrs. Danvers sprach; jedenfalls hatte Golf so etwas beruhigend Langweiliges und Unverfälschtes an sich und konnte uns als Gesprächsstoff kaum in Verlegenheit bringen. Wir aßen Käse und tranken Kaffee, und ich überlegte schon, ob man von mir erwartete, daß ich die Tafel auf-hob. Ich sah Maxim beschwörend an, aber er gab mir kein Zeichen, und dann begann Giles mir eine äußerst verwickelte Geschichte von einem Wagen zu erzählen, den er aus einer Schneewehe ausgegraben hatte, und ich hörte ihm höflich zu, nickte ab und zu mit dem Kopf und lächelte, während ich bemerkte, wie Maxim am anderen Tischende allmählich ungeduldig wurde. Endlich verstummte Giles, und ich begegnete Maxims Blick. Er runzelte leicht die Stirn und deutete mit dem Kopf zur Tür.
    Ich stand sofort auf, und als ich meinen Stuhl zurück-schob, stieß ich so ungeschickt an den Tisch, daß Giles’ Portweinglas umfiel.

Weitere Kostenlose Bücher