Rebecca
Lächelns, und wie weich ihr Haar gewesen war. Ich hatte von all dem keine Ahnung. Ich hatte auch nie einen Menschen danach gefragt; aber manchmal hatte ich das Gefühl, als ob Rebecca für mich ebenso gegenwärtig sei wie für Mrs. Danvers.
Frank hatte mir geraten, die Vergangenheit zu vergessen, und ich wollte sie ja auch vergessen. Aber Frank brauchte sich ja auch nicht jeden Vormittag im Morgenzimmer aufzuhalten und den Federhalter zu berühren, mit dem sie geschrieben hatte. Er brauchte nicht wie ich ihre Handschrift auf den Schildchen über den Fächern anzustarren. Ihm blieb es erspart, die Leuchter auf dem Kaminsims, die Uhr, die Blumenvase und die Bilder an den Wänden anzusehen und dabei immer wieder denken zu müssen, daß alle diese Dinge ihr gehört hatten, daß sie sie ausgesucht hatte und daß es nicht meine Sachen waren. Frank mußte nicht auf ihrem Platz im Eßzimmer sitzen, Messer und Gabel benutzen, die sie benutzt hatte, und aus ihrem Glas trinken. Er trug nicht ihren Mantel und fand ihr Taschentuch in der Tasche. An sich waren es lauter geringfügige Dinge, so unwesentlich und kindisch, aber ich konnte es nun einmal nicht ändern, daß ich sie immer wieder zu sehen, zu hören und zu fühlen bekam. Du lieber Himmel, ich wollte gewiß nicht mehr an Rebecca denken. Ich wollte glücklich sein, ich wollte Maxim glücklich machen, und ich wollte, daß wir immer zusammenblieben. Ich wünschte mir nichts sehnlicher. Ich konnte es nur nicht verhindern, daß meine Gedanken sich immer wieder mit ihr beschäftigten und ich sogar von ihr träumen mußte. Ich konnte das Gefühl nicht loswerden, daß ich auf Manderley, meinem eigenen Heim, nur ein Gast war, der auf ihren Spuren wandelte, dieselben Wege ging, die sie gegangen war, dieselben Ruheplätze im Garten aufsuchte, die sie bevorzugt hatte. Ein Gast, der sich die Zeit vertrieb, während er die Rückkehr der Hausfrau erwartete. Täglich, stündlich wurde diese Vorstellung durch irgendeine Bemerkung, irgendeinen kleinen Verweis von neuem in mir wachgerufen.
«Frith», sagte ich an einem Sommermorgen, als ich mit einem selbstgepflückten Strauß Flieder im Arm die Bibliothek betrat. «Frith, wo kann ich wohl eine größere Vase für den Flieder finden? Die Vasen im Blumenzimmer sind alle zu niedrig.»
«Für den Flieder wurde immer die Alabastervase aus dem Salon benutzt, Madam.»
«Oh, ist die nicht zu schade dafür? Sie könnte doch leicht kaputtgehen.»
«Mrs. de Winter hat immer die Alabastervase dafür genommen, Madam.»
«Ach so, ja.»
Und man brachte mir die Alabastervase, bereits mit Wasser gefüllt, und als ich dann die blühenden Zweige einen nach dem anderen behutsam in die Vase steckte und der süße, schwere Fliederduft allmählich den Raum füllte und sich mit dem Grasgeruch des frisch gemähten Rasens zu mischen begann, der zum Fenster hereinkam, dachte ich: «Das hat Rebecca auch getan. Sie hat genau wie ich die Zweige einzeln ins Wasser gestellt. Ich ahme es ihr nur nach. Dies ist Rebeccas Vase und Rebeccas Flieder.»
«Frith, würden Sie bitte das Bücherbrett von dem Fenstertisch nehmen, damit ich den Flieder dort hinstellen kann?»
«Mrs. de Winter hat die Vase immer auf den Tisch hinter dem Sofa gestellt, Madam.»
«Ach so …» Ich zögerte etwas und hielt die Vase einen Augenblick in der Luft, während Frith mit ausdruckslosem Gesicht dastand. Er hätte mir natürlich gehorcht, wenn ich ihm gesagt hätte, daß ich die Blumen lieber auf den Fenstertisch stellen würde, und er hätte selbstverständlich das Bücherbrett sogleich fortgenommen. Aber ich sagte es nicht.
«Nun schön», sagte ich nur. «Vielleicht kommt der Flieder auf dem größeren Tisch besser zur Geltung.» Und die Alabastervase wurde auf den Tisch hinter dem Sofa gestellt …
Beatrice hatte ihr Versprechen, mir noch nachträglich etwas zur Hochzeit zu schenken, nicht vergessen. Eines Morgens traf ein großes, schweres Paket ein. Robert konnte es kaum tragen, so schwer war es. Ich saß im Morgenzimmer und hatte gerade gelesen, was es zum Mittagessen geben würde, und für Pakete habe ich stets eine kindliche Begeisterung empfunden. Ich schnitt die Schnur ungeduldig durch und riß das braune Packpapier auf. Wie Bücher fühlte es sich an. Ich hatte recht. Vier große Bände: «Eine Geschichte der Malerei.»
Und in dem ersten Band lag eine Karte, auf der stand: «Ich hoffe, daß ich damit Deinen Geschmack getroffen habe, Gruß Beatrice.» Ich konnte mir genau
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