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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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Ich war mir nur nicht sicher, was er mit der Zurückhaltung gemeint hatte.
    «Also», sagte ich, ziemlich verlegen, «ich kann das alles nicht beurteilen. Ich glaube nicht, daß ich sehr liebenswürdig oder besonders aufrichtig bin, und was meine so-genannte Zurückhaltung anbelangt, so habe ich wohl bisher kaum eine Gelegenheit gehabt, anders zu sein. Aber es war natürlich nicht sehr zurückhaltend von mir, so in aller Eile zu heiraten und da unten in Monte Carlo vor der Trauung mit Maxim im selben Hotel zu wohnen; oder rechnen Sie mir das vielleicht nicht an?»
    «Meine liebe, verehrte Mrs. de Winter, Sie glauben doch nicht etwa, daß ich auch nur einen Augenblick angenommen habe, Ihr Verhalten bei Ihrer Bekanntschaft mit Maxim sei nicht über jeden Vorwurf erhaben gewesen?» sagte er leise.
    «Nein, natürlich nicht», erwiderte ich ernst. Der gute Frank! «Über jeden Vorwurf erhaben» –
    typisch Frank, sich so auszudrücken. Man dachte dabei unwillkürlich sofort an all die Dinge, die keineswegs über jeden Vorwurf erhaben waren.
    «Ich bin sicher», begann er, zögerte jedoch wieder und sah mich von neuem bekümmert an,
    «ich bin sicher, daß Maxim sehr beunruhigt und sehr traurig wäre, wenn er wüßte, wie Ihnen zumute ist. Ich glaube nicht, daß er etwas davon ahnt.»
    «Sie werden es ihm doch nicht erzählen?» fragte ich rasch.
    «Nein, selbstverständlich nicht, wofür halten Sie mich? Aber sehen Sie, Mrs. de Winter, ich kenne Maxim schließlich recht gut, und ich habe ihn in den verschiedensten Stimmungen erlebt. Wenn er erführe, daß Sie sich über – sagen wir – über die Vergangenheit Gedanken machen, dann würde ihn das mehr bedrücken als irgend etwas sonst. Dafür kann ich mich verbürgen. Er sieht jetzt sehr gut und sehr erholt aus; aber Mrs. Lacy hatte ganz recht, als sie neulich sagte, daß er im vorigen Jahr einem Nervenzusammenbruch sehr nahe gewesen ist –
    wenn es auch nicht sehr taktvoll von ihr war, ihm das so ins Gesicht zu sagen. Deshalb üben Sie ja gerade einen so wohltuenden Einfluß auf ihn aus. Sie sind jung und gesund und –
    vernünftig; Sie haben nichts mit dieser Vergangenheit zu tun. Vergessen Sie sie, Mrs. de Winter, vergessen Sie sie, wie Maxim – Gott sei Dank – und wir alle es getan haben.
    Niemand von uns möchte diese Vergangenheit wieder zum Leben erwecken. Er am
    allerwenigsten. Und Sie müssen wissen, daß es Ihre Aufgabe ist, uns von ihr fortzuführen, und nicht, sie Wiederaufleben zu lassen.»
    Er hatte natürlich recht, tausendmal recht, der liebe, gute Frank. Mein Freund, mein Verbündeter. Ich war selbstsüchtig und überempfindlich gewesen, ein Opfer meines eigenen Minderwertigkeitskomplexes. «Ich hätte Ihnen das alles schon eher sagen sollen», sagte ich.
    «Ich wünschte, Sie hätten es getan», erwiderte er. «Es hätte vielleicht manchen Kummer erspart.»
    «Ich fühle mich schon viel glücklicher, sehr viel glücklicher», sagte ich. «Und ich werde immer einen Freund an Ihnen haben, was auch geschehen mag, ja Frank?»
    «Ja, natürlich», sagte er.
    Wir hatten den dunklen Wald hinter uns gelassen und sahen jetzt wieder das Tageslicht. Die Rhododendronbüsche boten sich unserem Blick ungehindert dar. Ihre Glanzzeit würde bald vorüber sein; sie sahen bereits ein wenig verblüht und welk aus. Ihre Schönheit war nur von kurzer Dauer.
    «Frank», sagte ich, «bevor wir diesem Gespräch ein Ende machen und es für immer begraben sein lassen: wollen Sie mir noch eine einzige Frage ganz offen beantworten?»
    Er blieb stehen und sah mich etwas mißtrauisch an. «Das ist etwas viel verlangt», entgegnete er. «Sie könnten mich ja etwas fragen wollen, was ich unmöglich beantworten kann, weil es einfach nicht in meiner Macht steht.»
    «Nein», beruhigte ich ihn. «Um eine derartige Frage handelt es sich gar nicht. Es betrifft nichts Persönliches oder Vertrauliches oder irgend etwas, was Sie in Verlegenheit bringen könnte.»
    «Also schön, ich werde es versuchen», sagte er.
    Wir waren an der Stelle angelangt, wo der Weg eine letzte Biegung machte, und vor uns lag das Haus, harmonisch in die Rasenflächen eingebettet. Und wie stets ergriff mich der Anblick seiner einfachen, klaren Linien, sein vollkommenes Ebenmaß. Das Sonnenlicht flimmerte auf den hohen Fenstern, und ein warmer, rotgoldener Schein lag auf der Steinmauer, an der sich die Schlingpflanzen emporrankten. Aus dem Kamin der Bibliothek stieg eine dünne Rauchsäule empor.
    Ich biß mir

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