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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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bei unsereins.› – Glaubst du, daß das ein Kompliment ist?»
    «Weiß Gott», sagte Maxim. «Soweit ich Clarices Mutter kenne, würde ich das allerdings geradezu als Beleidigung auffassen. In ihrem Häuschen sieht es meistens wie in einem Schweinestall aus, und es riecht meilenweit nach Kohl. Sie hat in elf Jahren neun Kinder bekommen, die al-le wie die Schmutzfinken aussahen, und lief selbst auf dem kleinen Grundstück wie eine Schlampe herum. Wir hätten sie fast an die Luft gesetzt. Wieso Clarice so sauber und nett aussieht, ist mir ein Rätsel.»
    «Sie hat die letzten Jahre bei einer Tante gelebt», sagte ich ziemlich ernüchtert. «Ich weiß, daß mein Flanellrock vorne einen Fleck hat, aber ich bin nie wie eine Schlampe herumgelaufen.» Ich wußte jetzt, warum Clarice nicht wie Alice über meine Unterwäsche die Nase rümpfte. «Vielleicht macht es mir deshalb auch mehr Spaß, eine Schlampe wie Clarices Mutter zu besuchen als eine Dame wie die Frau des Bischofs», fuhr ich fort. «Die hat nie zu mir gesagt, daß sie mich als ihresgleichen empfindet.»
    «Wenn du bei deinen Besuchen diesen schmutzigen Rock trägst, dann wird sie das bestimmt auch nie tun», sagte Maxim.
    «Natürlich habe ich nicht den alten Rock angehabt, ich habe mir ihretwegen extra ein Kleid angezogen», entgegnete ich. «Aber von Leuten, die einen Menschen nach seinen Kleidern beurteilen, halte ich nicht viel.»
    «Ich glaube kaum, daß die Frau des Bischofs sich auch nur einen Pfifferling darum schert, wie du angezogen bist», sagte Maxim. «Aber vermutlich war sie höchst überrascht, dich auf der äußersten Stuhlkante balancieren zu sehen und dich immer nur ja oder nein sagen zu hören wie irgendeinen Arbeitslosen, der sich um eine Stellung bewirbt. Jedenfalls hast du dich das einzige Mal, als wir zusammen einen Besuch erwiderten, genauso aufgeführt.»
    «Ich kann eben nicht aus meiner Haut heraus.»
    «Ich weiß, daß du das nicht kannst, Liebling. Aber du gibst dir auch nicht die geringste Mühe, deine Scheu zu überwinden.»
    «Das ist wirklich ungerecht von dir», sagte ich. «Ich bemühe mich jeden Tag darum, jedesmal, wenn ich einen Besuch mache oder neue Menschen kennenlerne. Ich gebe mir immerzu Mühe. Du verstehst das wahrscheinlich nicht. Für dich ist das alles ein Kinderspiel, weil du von klein auf daran gewöhnt gewesen bist. Aber ich bin nun einmal nicht dafür erzogen worden.»
    «Unsinn», sagte Maxim. «Es ist gar keine Frage der Erziehung, wie du es darstellen willst. Es ist lediglich eine Frage der Anpassungsfähigkeit. Glaubst du etwa, ich mache diese Besuche gern? Sie langweilen mich tödlich, kann ich dir nur sagen. Aber da wir nun mal in dieser Welt leben, müssen wir solche Dinge eben über uns ergehen lassen.»
    «Von Langeweile ist doch gar nicht die Rede», sagte ich. «Vor Langeweile braucht man sich doch nicht zu fürchten. Wenn es mich nur langweilte, wäre es mir ganz einerlei. Aber ich hasse es, wenn die Leute mich von oben bis unten mustern wie eine Kuh auf dem Viehmarkt.»
    «Wer mustert dich von oben bis unten?»
    «Alle Leute hier, jeder tut es.»
    «Das kann dir doch ganz gleichgültig sein. Ihre Neugier macht das eintönige Leben auf dem Lande etwas erträglicher.»
    «Aber wie komme denn gerade ich dazu, ihnen neuen Gesprächsstoff zu liefern und so von ihnen unter die Lupe genommen zu werden?»
    «Weil alles, was mit Manderley zusammenhängt, das Leben der Leute hier etwas interessant macht.»
    «Was für ein Schlag ins Gesicht muß ich dann für sie sein.»
    Maxim antwortete nicht. Er vertiefte sich wieder in seine Zeitung.
    «Was für ein Schlag ins Gesicht muß ich für sie sein», wiederholte ich. «Deshalb hast du mich wahrscheinlich auch geheiratet», fuhr ich fort. «Du wußtest, daß ich uninteressant und schüchtern und unerfahren bin und folglich gar keine Gefahr besteht, daß ich ins Gerede kommen könnte.»
    Maxim warf die Zeitung auf den Boden und sprang auf. «Was meinst du damit?» fragte er.
    Sein Gesicht sah auf einmal finster und unheimlich aus, und seine Stimme klang ganz rauh, ganz anders als sonst.
    «Ich – ich weiß nicht», sagte ich, während ich mich ans Fenster lehnte, «ich habe gar nichts gemeint – warum siehst du mich so an?»
    «Was weißt du von Gerede über Manderley?» fragte er.
    «Aber ich weiß ja gar nichts», sagte ich, von seinem Blick verängstigt. «Ich habe es nur gesagt, um – um irgend etwas zu sagen. Bitte, sieh mich nicht so an, Maxim. Was

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