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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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dachte ich, irgend jemand sei zu Besuch gekommen, aber dann überlegte ich mir, daß ein Besucher doch vor dem Haus vorgefahren wäre und seinen Wagen nicht so versteckt hinter den Sträuchern dort unten an der Kurve stehen gelassen hätte. Als ich näher kam, sah ich, daß ich mich nicht getäuscht hatte. Es war tatsächlich ein Auto. Ich konnte jetzt das Verdeck und die Kotflügel deutlich sehen. Wie merkwürdig, dachte ich. Kein Besucher pflegte sonst da auszusteigen. Und die Lieferanten hielten vor dem Hintereingang bei den alten Ställen und der Garage. Es war auch nicht Franks kleiner Morris. Den kannte ich bereits. Es war ein langer, niedriger Wagen, ein Sportwagen. Ich fragte mich, was ich tun sollte. Wenn es Besuch wäre, würde Robert ihn in die Bibliothek oder in das Wohnzimmer geführt haben.
    Und wenn der Besuch im Wohnzimmer wartete, würde er vom Fenster aus sehen können, wie ich über den Rasen ins Haus ging. Ich wollte mich aber in diesem Kleid nicht zeigen.
    Ich wollte mich erst umziehen, denn ich würde den Besuch ja wohl bitten müssen, zum Tee zu bleiben. Unschlüssig blieb ich einen Augenblick lang stehen. Aus gar keinem bestimmten Grund, vielleicht nur, weil die Sonne auf den Scheiben flimmerte, sah ich zum Haus hinauf und bemerkte dabei zu meiner Überraschung, daß die Läden von einem der Fenster im Westflügel geöffnet waren. Und an dem Fenster stand jemand – ein Mann. Er mußte mich wohl auch gesehen haben, denn er zog sich sofort zurück, und eine Gestalt hinter ihm hob einen Arm und schloß die Läden wieder.
    Der Arm gehörte Mrs. Danvers; ich erkannte den Ärmel ihres schwarzen Kleides. Ich dachte zunächst, daß heute der Besichtigungstag für das Publikum sei und daß sie den Leuten die Zimmer zeigte. Aber das konnte nicht sein, weil Frith das immer tat, und Frith war ja nicht da. Außerdem wurden die Räume im Westflügel dem Publikum gar nicht gezeigt. Selbst ich hatte sie noch nicht zu sehen bekommen. Nein, heute war kein Besichtigungstag. Am Dienstag kam das Publikum nicht. Vielleicht war der Mann ein Handwerker, der in einem der Zimmer etwas instand setzen sollte. Es war nur so auffällig gewesen, wie der Mann da am Fenster stand und sich sofort, nachdem er mich gesehen hatte, unsichtbar machte, und daß Mrs. Danvers dann gleich die Läden schloß. Und es kam mir jetzt auch sonderbar vor, daß das Auto gerade hinter den Rhododendronbüschen parkte, wo es vom Haus aus nicht gesehen werden konnte. Aber das war ja Mrs. Danvers’ Angelegenheit. Mich ging das schließlich nichts an. Wenn sie einem Freund, der sie besuchte, den Westflügel zeigte, so konnte mir das gleich sein. Es war eben nur noch nie vorgekommen, und ich fand es merkwürdig, daß sie gerade an dem Tag Besuch bekam, an dem Maxim in London war.
    Mit einem unbehaglichen Gefühl ging ich über den Rasen zum Haus. Ich stieg die Treppe hinauf und ging durch den Eingang in die Halle. In der Garderobe erblickte ich weder Hut noch Stock, und in der Silberschale lag auch keine Visitenkarte. Es war also jedenfalls kein offizieller Besuch. Na schön, dachte ich. Es geht mich wirklich nichts an. Ich ging in das Blumenzimmer und wusch mir dort die Hände, um Mrs. Danvers und dem Fremden nicht zu begegnen. Es wäre mir sehr peinlich gewesen, ihnen plötzlich auf der Treppe
    gegenüberzustehen. Da mir ein-fiel, daß ich mein Strickzeug vor dem Essen im
    Morgenzimmer liegengelassen hatte, ging ich durch den Salon, um es mir zu holen, und der anhängliche Jasper wich mir nicht von den Fersen. Die Tür zum Morgenzimmer stand offen, und ich bemerkte, daß mein Strickzeug nicht mehr auf demselben Fleck lag. Ich hatte es auf das Sofa gelegt, und irgend jemand hatte es da fortgenommen und hinter ein Kissen gesteckt.
    Die Polsterung des Sofas war etwas eingedrückt, als ob dort erst kürzlich jemand gesessen hätte.
    Ja, irgend jemand mußte da gesessen und mein Strickzeug weggelegt haben, weil es ihm im Weg gewesen war. Auch der Schreibtischstuhl war zur Seite gerückt worden. Es hatte den Anschein, als ob Mrs. Danvers ihre Besuche im Morgenzimmer empfing, wenn Maxim und ich aus dem Haus waren. Ich fühlte mich sehr unbehaglich. Ich wollte am liebsten nichts davon wissen. Jasper aber beschnupperte das Sofa und wedelte plötzlich mit dem Schwanz.
    Er schien dem Fremden gegenüber offenbar nicht mißtrauisch zu sein. Ich nahm mein Strickzeug auf und verließ das Zimmer. Im gleichen Augenblick öffnete sich die Tür, die vom Salon zu

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