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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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hinauf. Schließlich war es ja nur ein unbenutztes, unbewohntes Bootshaus. Es bestand gar kein Anlaß, es unheimlich zu finden.
    Nicht der geringste. Jedes Haus war düster und roch modrig, wenn es längere Zeit leer stand.
    Selbst neue Land-und Sommerhäuschen. Außerdem waren ja hier Mondscheinpicknicks veranstaltet worden und ähnliches. Wochenendgäste waren wahrscheinlich zum Baden und Segeln hergekommen. Ich blieb eine Weile stehen und betrachtete den verwahrlosten und von Unkraut überwucherten Garten. Einer von den Gärtnern müßte hier mal Ordnung schaffen, dachte ich. Es ist doch nicht nötig, das hier alles so verwildern zu lassen. Ich stieß die Gartenpforte auf und ging auf die Haustür zu. Sie war nur angelehnt, und ich wußte doch genau, daß ich sie das letzte Mal fest verschlossen hatte. Jasper begann zu knurren und an der Türschwelle zu schnüffeln.
    «Nicht doch, Jasper», sagte ich. Er fuhr jedoch fort, mit der Nase am Boden
    herumzuschnuppern. Ich stieß die Tür auf und sah hinein. Es war sehr dunkel, genau wie damals.
    Es hatte sich nichts verändert. Die Spinnweben hingen noch immer an den Masten der Schiffsmodelle. Aber die Tür zum Bootsschuppen am anderen Ende des Zimmers stand offen. Jasper knurrte von neuem, und ich hörte plötzlich ein Geräusch, als ob etwas zu Boden gefallen wäre. Jasper fing laut zu bellen an und lief zwischen meinen Beinen ins Zimmer auf die offene Schuppentür zu. Ich folgte ihm mit klopfendem Herzen und blieb dann in der Mitte des Zimmers unschlüssig stehen. «Jasper, komm zu-rück, sei nicht albern!» sagte ich. Er stand vor der Tür und bellte noch immer, es klang geradezu hysterisch. Irgend etwas mußte da im Schuppen sein. Keine Ratte. Auf eine Ratte hätte der Hund sofort Jagd gemacht.
    «Jasper, Jasper, komm her!» rief ich wieder, aber er drehte sich nicht einmal nach mir um.
    Langsam ging ich ebenfalls auf die Tür zu.
    «Ist da jemand?» fragte ich.
    Keine Antwort. Ich beugte mich zu Jasper nieder, faßte ihn am Halsband und spähte in den Schuppen hinein. Da in der Ecke an der Wand saß jemand. Jemand, der, seiner geduckten Haltung nach zu schließen, noch mehr Angst haben mußte als ich. Es war Ben. Er versuchte sich hinter einem der Segel zu verstecken. «Was tun Sie hier, suchen Sie etwas?» fragte ich.
    Er blinzelte mich mit halboffenem Mund blöde an.
    «Ich tue nichts», sagte er schließlich.
    «Ruhig, Jasper!» schalt ich und legte meine Hand auf seine Schnauze. Dann nahm ich meinen Gürtel ab und befestigte ihn an seinem Halsband, um ihn festhalten zu können.
    «Was suchen Sie hier, Ben?» fragte ich, jetzt schon etwas mutiger.
    Er antwortete nicht. Er starrte mich nur mit seinen verschmitzten Idiotenaugen an.
    «Ich glaube, Sie gehen besser hinaus», sagte ich. «Mr. de Winter sieht es nicht gern, wenn jemand das Haus betritt.»
    Verstohlen in sich hinein grinsend, erhob er sich und fuhr sich mit der Hand über die Nase.
    Die andere Hand hielt er hinter dem Rücken. «Was haben Sie da, Ben?» fragte ich. Er gehorchte wie ein Kind und streckte mir die Hand hin, in der eine Angelschnur lag. «Ich tue nichts», wiederholte er.
    «Stammt die Schnur aus dem Schuppen?» fragte ich.
    «Heh?» sagte er.
    «Hören Sie, Ben», sagte ich, «Sie können die Angelschnur behalten, wenn Sie sie gern haben wollen, aber Sie dürfen es nicht wieder tun. Man darf fremde Sachen nicht einfach wegnehmen.»
    Er schwieg und blinzelte mich nur an und wand sich vor Verlegenheit.
    «Kommen Sie jetzt mit», sagte ich energisch. Ich ging in das Zimmer zurück, und er folgte mir. Jasper hatte aufgehört zu bellen und schnüffelte jetzt an Bens Schuhen. Ich wollte mich keine Minute länger in dem Haus aufhalten und trat schnell wieder in den Sonnenschein hinaus. Ben schlurfte hinter mir her, und ich schloß die Tür zu. – «Sie gehen jetzt besser nach Hause», sagte ich zu Ben.
    Er hielt die Angelschnur wie einen kostbaren Schatz dicht an sein Herz gepreßt. «Sie werden mich nicht in das Asyl stecken, nein?» sagte er.
    Ich bemerkte, daß er vor Angst schlotterte. Seine Hände zitterten und seine Augen waren mit einem flehenden Ausdruck auf mich gerichtet, wie die einer stummen Kreatur.
    «Natürlich nicht», sagte ich freundlich.
    «Ich habe nichts getan», wiederholte er, «ich habe nie niemand was gesagt. Ich will nicht in das Asyl kommen.» Eine Träne rollte ihm über das schmutzige Gesicht.
    «Sie brauchen keine Angst zu haben, Ben», beruhigte ich ihn.

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