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Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht

Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht

Titel: Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asa Larsson
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mir leid«, antwortete Mimmi. »Nur noch eine Hütte. Mit einem Bett von neunzig Zentimetern.«
    »Ist schon gut«, sagte Rebecka zu Torsten. »Ich fahr dich.«
    Er lächelte sie an. Unter dem Lächeln des hoch bezahlten erfolgreichen Sozius saß ein dicker Junge, der nicht mitspielen durfte und vorzutäuschen versuchte, dass ihm das nichts ausmachte. Das versetzte ihr einen Stich.
    Als Rebecka aus der Stadt zurückkam, war es fast ganz dunkel. Der Wald zeichnete sich als Silhouette vor dem schwarzblauen Himmel ab. Sie hielt vor der Bar und schloss den Wagen ab. Vor dem Lokal standen jetzt noch weitere Autos. Von drinnen waren Männerstimmen zu hören, das Geräusch, wenn sie energisch ihre Gabeln durch das Fleisch drückten und darunter auf Porzellan stießen, der Fernseher als Grundton unter allem, vertraute Reklamejingles. Teddys Moped stand noch immer vor dem Haus. Sie hoffte, dass er einen schönen Geburtstag gehabt hatte.
    Die Hütte, in der sie schlafen sollte, stand auf der anderen Straßenseite am Waldrand. Eine kleine Lampe über der Tür beleuchtete die Zahl 5 .
    Ich habe meinen Frieden, dachte sie.
    Sie ging zur Tür der Hütte, machte aber plötzlich kehrt und lief einige Meter in den Wald hinein. Die Tannen standen still da und schauten zu den Sternen hoch, die gerade angezündet wurden. Ihre langen blaugrünen Samtumhänge bewegten sich vorsichtig auf dem Moos.
    Rebecka legte sich auf den Boden. Die Tannen senkten ihre Köpfe und flüsterten ihr beruhigend zu. Die letzten Mücken des Sommers sangen ein sirrendes Lied und stachen Rebecka, wo sie nur konnten. Und das gönnte sie ihnen.
    Sie merkte nicht, dass Mimmi aus dem Haus kam und Abfall wegwarf.
    Mimmi ging zu Micke in die Küche.
    »Okay«, sagte sie. »Und jetzt der echte Irrenalarm.«
    Sie erzählte, dass ihr Übernachtungsgast sich hingelegt hatte, aber nicht ins Bett in der Hütte, sondern draußen auf den Boden.
    »Man fragt sich doch«, sagte Micke.
    Mimmi verdrehte die Augen.
    »Bald wird ihr wohl einfallen, dass sie von Schamanen oder Hexen abstammt, und dann zieht sie in den Wald, kocht über offenem Feuer Kräutertränke und tanzt um einen Stein mit Zauberzeichen.«

GELBBEIN
    OSTERN. Die Wölfin ist drei Jahre alt, als sie zum ersten Mal von einem Menschen gesehen wird. Das geschieht im nördlichen Karelien am Fluss Wodla. Sie selbst hat schon oft Menschen gesehen. Sie erkennt sie an ihrem stechenden Geruch. Und sie weiß, was diese Männer hier machen. Sie angeln. Als geschmeidige Einjährige hat sie sich oft in der Dämmerung zum Fluss geschlichen und das gefressen, was die Zweibeiner hinterlassen hatten, Fischreste, Innereien, Plötzen.
    Wolodja legt zusammen mit seinem Bruder Eisnetze aus. Der Bruder hat vier Löcher gehackt, und sie wollen drei Netze legen. Wolodja kniet neben dem zweiten Loch, um die Schnur zu fassen, die sein Bruder ihm unter dem Eis durchschiebt. Seine Hände sind nass und schmerzen vor Kälte. Und er hat kein Vertrauen zu dem Eis. Die ganze Zeit sorgt er dafür, dass er die Skier zur Hand hat. Wenn das Eis nachgibt, kann er sich bäuchlings auf die Skier legen und sich zum Land ziehen. Alexander will die Netze gerade hier auslegen, weil es eine gute Stelle ist. Die Strömung ist stark, und Alexander hat den Eispickel dort gesetzt, wo der seichte Boden zur tiefen Flussmitte hin abfällt.
    Aber es ist eine gefährliche Stelle. Wenn das Wasser steigt, frisst der Fluss von unten her das Eis auf. Das weiß Wolodja. Das Eis kann an einem Tag drei Handbreit dick sein, am nächsten zwei Finger.
    Er hat keine Wahl. Er besucht über Ostern die Familie seines Bruders. Alexander wohnt mit Frau und zwei Töchtern im Erdgeschoss. Alexanders und Wolodjas Mutter lebt oben. Alexander hat die Verantwortung für die Frauen. Wolodja führt ein Wanderleben für die Ölgesellschaft Transneft. Im vergangenen Winter war er in Sibirien. Im Herbst an der Viborg’schen Bucht. Die vergangenen Monate hat er an der karelischen Landzunge verbracht. Als der Bruder vorschlug, Netze legen zu gehen, konnte er nicht nein sagen. Denn dann wäre Alexander allein losgezogen. Und am nächsten Abend würde dann Wolodja am Tisch sitzen und Felchen essen, zu deren Fang er nichts beigetragen hätte.
    So ist es um Alexanders Zorn bestellt, er zwingt ihn und seinen jüngeren Bruder hinaus auf das gefährliche Eis. Jetzt, wo sie hier sind, scheint der Druck auf Alexanders Herz nachzulassen. Er lächelt fast, als er da mit den blau gefrorenen Händen im

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