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Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg

Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg

Titel: Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Larsson
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Wut sie packt. Die ist alles, was sie jetzt hat. Ihre Verbündete gegen den Schmerz, gegen Ohnmacht, Krankheit, Angst. Sie hält sie fest. Und auf diese Weise übersteht sie alles, und sie schreit, dass es die Schuld der anderen ist. Die Schuld der Scheißärztin und der Frustfotzen. Sie hat gesehen, dass die eine Frustfotze gegrinst hat. Jawoll, das hat sie gesehen. Wieso grinst die alte Kuh, he? Heeeee?! Warum antwortet sie nicht, die eingebildete Sau, sie soll antworten, wenn sie gefragt wird, diese Scheiß-, Scheiß- … und die Frustfotze fühlt sich gezwungen, so ungefähr zu antworten, dass sie wirklich nicht gelächelt habe, und als Antwort darf sie sich anhören, sie solle einen Besenstil nehmen und sich den in den … Aber eine weitere Wehe lässt diesen Satz abreißen.
    Dann kommen die Presswehen. Hebamme und Geburtsärztin rufen: Na los, Britta. Und Britta antwortet, sie sollen sich zum Teufel scheren. Sie rufen, dass es wunderbar geht, und Britta spuckt nur und versucht, so gut zu treffen, wie sie nur kann.
     
    Am Ende kommt das Kind. Unter Verweis auf den zuständigen Paragraphen im Kinderschutzgesetz wird es sofort unter die Obhut des Jugendamtes gestellt und weggebracht. Der Oberarzt sorgt dafür, dass Britta beruhigende und schmerzstillende Mittel bekommt. Sie war so tüchtig, hat sich durch die Geburt hindurchgekämpft, wie die Klinik sich durch ihre Schwangerschaft hindurchgekämpft hat.
    Ihr scheint nicht klar zu sein, was hier passiert ist. Sie wird sofort ruhig und sehr müde.
    An einem anderen Ort stehen die Hebammen und betrachten das Neugeborene. Das arme, arme kleine Wesen. Was für ein Anfang. Sie sind allesamt total erschöpft.
    Sie sehen, dass der Vater Inder sein muss. Diese Kinder sind ja wirklich so viel niedlicher als die schwedischen. Die Kleine ist ganz einfach schön mit ihrer braunen Haut und den vielen Haaren und den dunklen, ernsten Augen. Sie könnten fast losweinen. Die Kleine scheint zu verstehen. Alles.
     
    Und niemand rechnet damit, aber die, die bei der Geburt zugegen waren, werden in den folgenden Wochen auf irgendeine Weise vom Unglück getroffen. Britta hat mit Verwünschungen um sich geworfen, hat sie über ihren Häuptern ausgegossen. Das Meiste ist auf Steinboden gefallen, aber einiges hat doch in ihren Leben Wurzeln geschlagen.
    Ein Pfleger bekommt eine Zahnwurzelentzündung. Die Geburtsärztin setzt auf dem Parkplatz zurück und zerbricht ihre Hecklampe. Außerdem wird in ihr Haus eingebrochen. Jemand anderer verliert seine Brieftasche. Der Pfleger mit den tätowierten Armen verliert bei einem Wohnungsbrand seine Lebensgefährtin.
    So stark ist Britta Kallis’ Begabung. Obwohl sie, die diese Gabe besitzt, fast nur ein Schatten dessen ist, was sie hätte sein können. Trotz ihres fehlenden Bewusstseins von dem, was sie tut, trotz alledem gewinnen ihre Worte große Kraft, wenn sie sich in einem Zustand befindet, der halbwegs außerhalb ihrer selbst liegt. Es gibt in der Familie ihrer Mutter allerlei ungewöhnliche Fähigkeiten, aber seit vielen Generationen ist sich niemand mehr darüber im Klaren.
    Und die kleine Ester Kallis. Auch sie hat Gaben. Und Ester wird noch eine Mutter bekommen und auch von dieser mütterlichen Seite erben.

ICH HEISSE ESTER Kallis. Ich habe zwei Mütter und keine.
    Die, die ich in Gedanken Mutter nenne, hat Vater 1981 geheiratet. Sie brachte fünfzig Rentiere mit in die Ehe. Vor allem Rentierkühe, sie hofften deshalb, von der Rentierzucht leben zu können, aber Vater musste immer auch andere Arbeiten annehmen. Er fuhr ab und zu den Postwagen, arbeitete bei der Eisenbahn. Aushilfsarbeiten. War niemals frei.
    Sie kauften das alte Bahnhofsgebäude in Rensjön, und Mutter bekam ein Atelier, den alten Wartesaal. Das Haus lag eingeklemmt zwischen der Hauptstraße nach Norwegen und den Gleisen, die Fenster klirrten jedesmal, wenn ein Erzzug vorüberfuhr.
    Das Atelier war eiskalt. Im Winter malte Mutter mit Pulswärmern und Mütze. Aber trotzdem. Sie genoss dieses vage Licht. Papa strich den ganzen Raum weiß an. Das war, ehe ich zu ihnen gekommen bin. Damals, als er noch etwas für sie tun wollte.
    1984 wurde Antte geboren. Sie hätten eigentlich keine weiteren Kinder gebraucht. Antte hätte gereicht. Er konnte ein Schneemobil über eine Rinne im Eis fahren, ohne einzubrechen, er hatte die Hunde im Griff, besaß diese Mischung aus Zärtlichkeit und Kälte, die sie dazu brachte, sich anzustrengen und hart zu arbeiten, zwanzig Kilometer zu

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