Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg

Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg

Titel: Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Larsson
Vom Netzwerk:
zwei Tagen nicht mehr gesehen, aber jetzt will er sich einfach nicht länger um die Kleine kümmern müssen. Und Brei gibt es auch nicht mehr.
    Die mittlere Schwester ist fünfzehn Jahre jünger als er. Sie wurde geboren, als Mauri schon bei der Pflegefamilie war. Die Mutter durfte diese Schwester anderthalb Jahre behalten und wurde dabei vom Sozialamt betreut. Dann ging es ihr so schlecht, dass sie in ein Krankenhaus eingewiesen werden musste, und da holte das Jugendamt auch dieses Kind.
    Mauri ist den beiden Schwestern bei der Beerdigung der Mutter begegnet. Er flog zu diesem Anlass nach Kiruna, allein, die Jungen und Ebba durften nicht mitkommen. Inna und Diddi boten ihre Begleitung nicht an.
    Anwesend waren er und die beiden Schwestern, ein Geistlicher und der Oberarzt vom Krankenhaus.
    Ein überaus passendes Wetter, dachte Mauri am Sarg. Der Regen strömte wie kalte graue Ketten vom Himmel. Das Wasser grub Löcher in den Boden, schuf ein Delta aus Bächen, führte Lehm und Kies mit ins Grab. Als armselige braune Suppe unten in der Grube. Die Schwestern froren, sie standen durchnässt da in ihren notdürftig zusammengesuchten Beerdigungskleidern. Schwarzer Rock und Bluse, ein Mantel wäre eine zu große Investition gewesen, deshalb trug die eine einen dunkelblauen und die andere keinen. Mauri gab ihnen seinen Schirm, ließ den Regen seinen Zegna-Anzug ruinieren. Der Geistliche fror dermaßen, dass er zitterte, als er das Gesangbuch in der einen und den Regenschirm in der anderen Hand umklammerte. Aber er hielt eine richtig schöne Rede, überaus aufrichtig, darüber, wie schwer es ist, wenn ein Mensch die wichtigste Pflicht im Leben nicht erfüllen kann, nämlich sich um seine Kinder zu kümmern. Dann folgten Worte wie »der unabwendbare Schluss« und »der Weg zur Versöhnung«.
    Die Schwestern weinten im Regen, Mauri fragte sich, was sie beweinten.
    Auf dem Weg zu den Autos wurden sie von einem Hagelschauer überrascht. Der Geistliche presste das Gesangbuch an die Brust und nahm die Beine in die Hand. Die Schwestern schlangen die Arme umeinander, um beide Platz unter Mauris Schirm zu haben. Der Hagel zerfetzte die Blätter an den Bäumen.
    Das ist Mama, dachte Mauri und unterdrückte ein pochendes Gefühl von Panik. Sie wird niemals sterben. Schlägt wild um sich. Was soll man machen? Dem Himmel mit der Faust drohen?
    Nach der Beisetzung lud er zum Mittagessen ein. Die Schwestern zeigten Fotos ihrer Kinder, fanden die Blumen auf dem Sarg wunderschön. Er war schrecklich verlegen. Sie fragten nach seiner Familie, er antwortete kurz angebunden.
    Die ganze Zeit quälte ihn, dass alles an ihrem Aussehen an ihre gemeinsame Mutter erinnerte. Sogar ihre Bewegungen erinnerten an sie. Eine Kopfbewegung. Die älteste Schwester kniff die Augen zusammen, wenn sie ihn ansah. Und es durchfuhr ihn unerklärliche Angst.
    Am Ende kamen sie auf Ester zu sprechen.
    »Du weißt, dass wir noch eine Schwester haben?«, fragte die mittlere Schwester.
    Über die hatten sie allerhand zu berichten. Die Kleine war jetzt elf Jahre alt. Die Mutter war von einem Mitpatienten schwanger geworden und hatte Ester 1988 auf die Welt gebracht. Sofort hatte das Jugendamt Ester in seine Obhut genommen. Eine Familie in Rensjön hatte sich um sie gekümmert. Sie seufzten und sagten »die Arme«. Mauri ballte unter dem Tisch die Fäuste, während er freundlich fragte, ob sie zum Kaffee etwas Süßes wollten. Wieso Ester arm sei? Ihr sei doch viel erspart geblieben.
    Sie wirkten erleichtert, als er aufbrach. Niemand machte eine dumme Bemerkung von der Art, dass sie in Kontakt bleiben müssten.
     
    Inna mustert ihn. Die Flugzeuge sehen aus wie schönes Spielzeug, das abhebt und landet.
    »Deine jüngste Schwester, Ester«, sagt sie. »Sie ist erst sechzehn. Und sie muss irgendwo wohnen. Ihre Pflegemutter ist gerade …«
    Mauri hebt die Hände ans Gesicht, wie um sich mit Wasser abzureiben, und stöhnt.
    »Nein, nein.«
    »Sie kann bei mir auf Regla wohnen. Das wäre nur vorübergehend. Im Herbst wird sie dann mit dem zweiten Jahr an Idun Lovéns Kunstschule beginnen …«
    Er fällt Inna sonst nie ins Wort. Aber jetzt sagt er »… unter gar keinen Umständen«. Er kann nicht, will keine lebende Reproduktion der Mutter auf dem Gut herumlaufen sehen. Er sagt, er könne für seine Schwester in Stockholm eine Wohnung kaufen, würde alles tun.
    »Sie ist sechzehn!«, sagt Inna.
    Und sie lächelt bittend. Dann wird sie ernst.
    »Du bist der einzige

Weitere Kostenlose Bücher