Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg
Geologgata ab und betraten dann das alte Tempohaus. Niemand brachte ein Thema auf, über das sie sich unterhalten könnten.
Rebecka ist doch auch ein einsamer Mensch, dachte Anna-Maria weiter. Nein, lieber das Haus voller Teufelsbälger, die ihre Kleider auf dem Boden herumliegen lassen, und einen Mann mit dem Systemfehler, dass er keine Arbeit beenden kann. Wenn er kocht, räumt er danach nichts weg. Räumt er nach dem Essen ab, dann wischt er niemals Tisch oder Spülstein ab.
Aber niemals würde ich mit ihr tauschen, dachte Anna-Maria, als sie ihre Mäntel über die Stuhlrücken im Restaurant hängten und das Tagesgericht bezahlen gingen. Auch wenn sie einen superflachen Bauch hat und all ihre Zeit und Kraft der Arbeit widmen kann. Um das mit der Arbeit könnte ich sie ja doch ab und zu beneiden.
Als Rebecka bei der Staatsanwaltschaft angefangen hatte, waren allerlei Gerüchte aufgekommen. Dass sie Fälle, die sozusagen schon in Gärung übergegangen waren, im Handumdrehen aus der Welt schaffte. Dass sie selber Anklage erhob und alle Vorladungen selber schrieb, um den Damen aus dem Sekretariat in Gällivare die Fahrt nach Kiruna zu ersparen.
Wartet nur, bis die Kinder aus dem Haus sind, dachte Anna-Maria Mella und belud ihren Teller mit Geflügel und Gemüse aus dem Wok und Reis. Dann werde ich ihr gelöste Fälle auf den Schreibtisch kippen.
Ihre Gedanken landeten schuldbewust bei allerlei Fällen, die wegen des Mordes liegen geblieben waren.
Dann riss sie sich zusammen und konzentrierte sich auf Rebecka und Sven-Erik.
Die tauschten Katzengeschichten aus. Sven-Erik hatte gerade von Manne erzählt, jetzt war Rebecka an der Reihe.
»Ja, Himmel, was sind das für Persönlichkeiten«, sagte sie und goss sich Sojasoße über den Reis. »Bei meiner Großmutter hießen sie alle nur ›Miez‹. Aber ich kann mich so gut an sie erinnern. Einmal hatte meine Großmutter zwei Hunde, und mein Vater hatte einen, also hatten wir drei Hunde im Haus. Und wir legten uns eine neue Katze zu, eine ganz junge. Immer, wenn wir Katzenjunge hatten, bekamen sie ihr Futter auf dem Küchentisch. Anfangs hatten sie solche Angst vor den Hunden, dass sie sich nicht auf den Boden trauten. Aber dieser Kleine! Zuerst verzehrte er sein eigenes Futter. Dann sprang er auf den Boden und fraß die Fressnäpfe der Hunde leer.«
Sven-Erik lachte und schaufelte das schärfste Gericht, das auf der Speisekarte gestanden hatte, in sich hinein.
»Das hättest du mal sehen sollen«, sagte Rebecka jetzt. »Wenn er ein Hund gewesen wäre, hätte es einen Kampf gegeben, aber sie wussten einfach nicht, wie sie sich diesem kleinen Wicht gegenüber verhalten sollten. Sie sahen uns an, als ob sie fragen wollten: ›Was macht der denn da? Könnt ihr ihn nicht wegnehmen?‹ Am zweiten Tag griff er den Leithund an. Warf sich mit Todesverachtung auf ihn und blieb an Jussis Halsfell hängen. Und Jussi! Der war einfach so lieb. Und es war unter seiner Würde, diese Mücke auch nur zu bemerken. Er saß da, und der Kater hing an seinem Hals. Der Kater kämpfte wie besessen und strampelte mit den Hinterbeinen. Und Jussi versuchte, seine Würde zu bewahren. Total verzweifelt.«
»›Was macht der denn da? Könnt ihr ihn nicht wegnehmen?‹«, wiederholte Sven-Erik.
Rebecka lachte.
»Genau. Natürlich hat er sich schrecklich den Magen mit diesem Hundefutter verdorben, das er verschlungen hatte, nur um Zoff zu machen. Aber er war doch so klein und konnte noch nicht ins Katzenklo klettern, sondern hat sich total voll gekackt. Mein Vater hat ihn unter dem Wasserhahn abgespült, aber es war wohl noch genug übrig, um apina-poika zu stinken. Danach hat der Kleine sich in den größten Hundekorb gelegt, und keiner von den Hunden hat sich getraut, sich zu beschweren, aber neben diesem Stinkstiefel wollten sie auch nicht liegen. Wir hatten zwei Hundekörbe auf dem Gang stehen. Der Kater schlief allein im größeren und schnarchte und war total zufrieden. Die drei großen Hunde quetschten sich in den kleinen Korb und starrten uns verzweifelt an, wenn wir vorübergingen. Dieser Kater hat bis zu seinem Tod über alles geherrscht.«
»Wie ist er gestorben?«, fragte Sven-Erik.
»Weiß nicht, er ist einfach verschwunden.«
»Das ist das Schlimmste«, sagte Sven-Erik und tunkte mit einem Stück Brot die scharfe Soße auf seinem Teller auf. »Hier kommt jedenfalls ein Mensch, der keine Ahnung von Katzen hat.«
Anna-Maria und Rebecka folgten Sven-Eriks Blick und sahen
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