Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg
Terrakottafliesen lagen mehrere selbstgewebte Flickenteppiche. An der Wand stand ein Küchensofa, das ein wenig zu breit und zu weich zum Sitzen war, das aber zu einem kleinen Nickerchen nach dem Essen einlud. Viele schöne Kissen lagen darauf, keine kleinen harten Zierkissen.
Ein wenig zu viel Zierkram überall, aber bei Frauen war das ja oft so, kein freier Fleck. Allerdings sah er auch keine kuriose Sammlung von Gartenzwergen, Nilpferden oder kleinen Glasflaschen. Einmal hatte er mit einer Zeugin gesprochen, deren ganze Wohnung von Streichhölzern aus allen Ecken der Welt geradezu übergequollen war.
In Airi Bylunds Küchenfenster wimmelte es nur so von Topfblumen und Ampeln. Auf der Anrichte standen der Mikrowellenherd und ein Gestell aus Bambuskörben, in denen Pilze und Kräuter getrocknet wurden. An einem Haken hingen winzig kleine Topflappen, die vermutlich ein Enkelkind gehäkelt hatte. Vor der Wand gab es eine Reihe von alten Porzellankrügen mit Deckeln und verschnörkelten Aufschriften: »Mehl«, »Zucker«, »Dörrobst«. Einem fehlte der Deckel, er enthielt Airi Bylunds Quirle und Holzlöffel.
Solche Porzellankrüge mussten etwas an sich haben. Auch Hjördis war verrückt danach gewesen und hatte sie mitgenommen, als sie ihn verlassen hatte. Seine Schwester besaß ebenfalls etliche.
»Hatte er ein Arbeitszimmer?«, fragte Anna-Maria. »Dürfen wir das mal sehen?«
Wenn Airi Bylunds Küche voll gestopft war, dann immerhin auf ordentliche, hübsche Weise. Im Arbeitszimmer ihres verstorbenen Ehemanns lagen herausgerissene Zeitungsartikel und Sachbücher in wackeligen Stapeln auf dem Boden. Auf einem Klapptisch lag ein Puzzlespiel mit tausend Teilen, die Teile waren nach der Farbe sortiert. An der Wand hingen mehrere vollendete Puzzles, die auf Spanplatten geklebt waren. Kleider und eine Wolldecke häuften sich auf einem alten Sofa.
»Ich bin noch nicht dazu gekommen … oder hatte noch nicht die Kraft«, sagte Airi und zeigte auf das Chaos.
Was für ein Glück, dachte Anna-Maria Mella.
»Wir schicken jemanden her, der Unterlagen und Artikel und solche Dinge abholt«, sagte sie. »Du bekommst alles zurück. Hatte er keinen Computer?«
»Doch, aber den habe ich einem von den Enkeln gegeben.«
Airi sah die Gäste schuldbewusst an.
»Die Zeitung hat nicht gesagt, dass sie ihn zurückhaben wollen, und da …«
»Der Enkel, der den Computer bekommen hat …«
»Axel. Er ist dreizehn.«
Anna-Maria zog ihr Telefon hervor.
»Wie ist seine Nummer?«
Axel war zu Hause. Er erklärte, dass der Computer in gutem Zustand sei und in seinem Zimmer stehe.
»Hast du die Festplatte gelöscht?«, fragte Anna-Maria.
»Nein, die war schon gelöscht. Aber die hat nur zwanzig Gigabyte, und ich wollte so allerlei von Pirate Bay runterladen. Wenn ihr also Opas Rechner möchtet, dann will ich einen neuen, mit 2,1 Gigahertz.«
Anna-Maria musste lachen. Was für ein Krämer!
»Vergiss es«, sagte sie. »Aber wo du so lieb bist, kriegst du ihn zurück, wenn wir fertig sind.«
Als dieses Gespräch beendet war, fragte sie Airi:
»Hast du die Festplatte gelöscht?«
»Nein«, sagte Airi Bylund. »Ich kann nicht einmal das Videogerät programmieren.«
Sie schaute Anna-Maria an.
»Lass dir bloß erklären, wie all diese Geräte funktionieren. Plötzlich ist man allein.«
»Hat irgendwer von der Zeitung etwas an dem Computer gemacht?«
»Nein.«
Anna-Maria wählte Fred Olssons Nummer. Er meldete sich nach dem ersten Klingeln.
»Wenn jemand eine Festplatte gelöscht hat, kann man die Dateien und die Cookies doch wiederherstellen, oder?«
»Sicher«, sagte Fred Olsson. »Falls die nicht geEMPt wurden.«
»Was?«
»Mit elektromagnetischem Puls zerschossen, es gibt Firmen für so was. Bring das Teil her, ich habe einige Programme zur Wiederherstellung von Informationen auf einer Festplatte …«
»Ich komme«, sagte Anna-Maria. »Bleib nur ja im Büro. Es kann eine Weile dauern.«
Als auch dieses Gespräch beendet war, sah Airi Bylund noch immer nachdenklich aus. Sie öffnete den Mund und machte ihn wieder zu.
»Was ist los?«, fragte Anna-Maria.
»Ach, eigentlich nichts … Aber als ich ihn gefunden habe. Das war hier im Arbeitszimmer, und deshalb liegt die Deckenlampe da auf dem Bett.«
Anna-Maria und Sven-Erik sahen den Lampenhaken oben an der Decke an.
»Die Zimmertür war geschlossen«, sagte Airi Bylund jetzt.
»Aber die Katze war im Zimmer.«
»Ja?«
»Das durfte sie nicht. Wir hatten vor zehn
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