Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg
Martinsson war ebenfalls anwesend. Sie stand am Fenster und begrüßte Anna-Maria mit einem kurzen Nicken.
»Und Sven-Erik«, fragte der Oberstaatsanwalt. »Wo hast du den gelassen?«
»Ich habe angerufen und ihm Bescheid gesagt. Der wird schon noch kommen. Darf ich fragen, was …«
Der Oberstaatsanwalt erhob sich und schwenkte ein Fax.
»Die Kriminaltechnik ist fertig mit der Analyse des Mantels, den die Taucher in Tornetäsk gefunden haben«, sagte er. »Das Blut auf der rechten Schulter stammt von Inna Wattrang. Von der Innenseite des Kragens haben sie DNA. Und …« Er reichte Anna-Maria Mella das Fax.
»… die Polizei in England hatte dieses DNA-Profil in ihrem Vorstrafenregister.«
»Douglas Morgan«, las Anna-Maria.
»Fallschirmjäger in der britischen Armee. Mitte der Neunzigerjahre griff er einen Offizier an, wurde wegen schwerer Körperverletzung verurteilt und gefeuert. Arbeitete dann für Blackwater, eine Firma, die Personen- und Objektschutz in allerlei Krisenherden in aller Welt anbietet. Er war in Zentralafrika und früh im Irak. Dort wurde einer seiner engsten Kollegen von einer islamistischen Widerstandsgruppe gefangen genommen und ermordet, vor etwas über einem Jahr. Rat mal, wie dieser Kollege hieß.«
»John McNamara vielleicht«, schlug Anna-Maria Mella vor.
»Genau. Er ist mit dem Pass seines toten Kameraden nach Schweden eingereist und hat damit am Flughafen von Kiruna den Wagen gemietet.«
»Und jetzt? Wo steckt er?«
»Das weiß die britische Polizei nicht«, sagte Rebecka Martinsson. »Er hat bei Blackwater aufgehört, das steht fest, aber sie wollen nicht sagen, warum, angeblich auf eigenen Wunsch. Es ist schwer, solche Wachgesellschaften dazu zu bringen, Fragen zu beantworten und mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Die wollen sich nicht in die Karten blicken lassen. Aber Douglas Morgans früherer Chef bei Blackwater glaubt, dass er einen Job bei einer anderen Firma der Branche angenommen und sich nach Afrika abgesetzt hat.«
»Wir lassen nach ihm fahnden, das ist klar«, sagte Alf Björnfot. »Aber es ist alles andere als sicher, ob wir ihn erwischen werden. Falls er nicht zurück nach England kommt und …«
»Was machen wir also jetzt«, fiel Anna-Maria ihm ins Wort.
»Uns geschlagen geben?«
»Das wohl nicht«, sagte Alf Björnfot. »So ein Typ, der mit einem fremden Pass verreist und Autos mietet …«
»… wurde für den Mord an Inna Wattrang bezahlt«, sagte Anna-Maria. »Und da ist die Frage, von wem.«
Alf Björnfot nickte.
»Ein Mensch wusste, wo sie war«, sagte Anna-Maria. »Und hat auf diese Frage gelogen. Ihr Bruder. Sie hat ihn vom Telefon in der Touristenstation aus angerufen.«
»Du musst morgen mit dem ersten Flugzeug hin«, sagte Alf Björnfot und schaute auf die Uhr.
Es wurde kurz an die Tür geklopft, und Sven-Erik kam herein.
»Du musst nach Hause und packen«, sagte Anna-Maria.
»Oder nein, bestimmt kriegen wir morgen noch die Abendmaschine, sonst kaufen wir uns Zahnbürsten und … Himmel, was hast du denn da?«
»Ja, jetzt bin ich Papa geworden«, sagte Sven-Erik.
Seine Wangen glühten. Aus der Öffnung in seiner Jacke lugte ein Katzenjunges.
»Ist das von Airi Bylund?«, fragte Anna-Maria. »Ja, jetzt erkenn ich ihn. Hallo, Boxer.«
»Ja, sieh an«, sagte Rebecka, die näher getreten war, um Sven-Erik zu begrüßen. »Du hast ja ein feines Veilchen, du kleiner Rowdy.«
Sie streichelte den schwarzen Flecken um das Auge des kleinen Katers. Der ließ sich nicht zu einem Gruß herab, er wollte aus Sven-Eriks Jacke heraus und die neue Umgebung erforschen, er kletterte auf Sven-Eriks Schulter und balancierte dort übermütig. Als Sven-Erik versuchte, ihn herunterzunehmen, krallte er sich fest.
»Ich passe auf ihn auf, wenn ihr wegfahrt«, sagte Rebecka.
Alf Björnfot, Anna-Maria und Rebecka strahlten, als ob sie den Messias in seiner Krippe vor sich hätten.
Und Sven-Erik lachte. Über den Kater, der sich an der Jacke festhielt und dann weiterkletterte, sodass Sven-Erik sich bücken musste, damit der Kleine nicht herunterfiel. Die anderen mussten die kleinen Krallen aus der Jacke lösen.
Sie nannten ihn Boxer, Rowdy, Winzling und Schläger.
EBBA KALLIS WURDE davon geweckt, dass jemand um halb zwei Uhr nachts an der Tür klingelte. Draußen stand Ulrika Wattrang. Sie fröstelte in Schlafanzug und Morgenrock.
»Verzeihung«, sagte sie mit verzweifelter Stimme, »aber hast du dreitausend Kronen? Diddi ist aus Stockholm gekommen, und der
Weitere Kostenlose Bücher