Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg
Ebba auf der Koppel mit ihm Volten ritt. Alle Krümmungen des Körpers: Hals, Rücken, Hufe. Und Ebbas eigene Linie, gerader Rücken, gerade Nase, gerade Züge, straffe Hand.
Aber darauf achtete Ester jetzt nicht mehr. Sie sah die Muskeln des Pferdes.
Sie nickte Ulrika und Ebba zu und dachte: Araberhengst.
Leicht ist meine Bürde, dachte sie dann auf dem Weg zum Wäldchen, das zwischen dem Gut und dem Mälar lag. Sie kannte die Strecke jetzt ziemlich gut. Bald würde sie diese mit verbundenen Augen laufen können, ohne irgendwo gegenzustoßen.
Es waren die Hunde, die als Erste entdeckten, dass Mutter krank war. Sie verbarg es vor Ester und Antte und dem Vater.
Ich habe nichts begriffen, dachte Ester und lief mit geschlossenen Augen durch das dichte Unterholz auf den alten Steg zu. Das ist wirklich seltsam. Oft sind Zeit und Raum keine undurchdringlichen Wände, sondern aus Glas, ich kann durch sie hindurchsehen. Man kann alles Mögliche über die Menschen wissen. Großes und Kleines. Aber bei ihr habe ich nichts gesehen. Ich war so ins Malen vertieft. So froh darüber, endlich in Öl malen zu dürfen, dass ich nichts begriff. Wollte nicht verstehen, warum sie mich plötzlich den Pinsel halten ließ.
Sie lief schneller. Ab und zu zerkratzten Zweige ihr Gesicht. Das machte nichts, es war fast eine Erleichterung.
»Also«, sagt Mutter. »Du hast doch immer schon mit Öl malen wollen, möchtest du es jetzt lernen?«
Sie lässt mich die Leinwand aufspannen. Ich gebe mir solche Mühe dabei, dass ich Kopfschmerzen bekomme. Ich will doch unbedingt alles richtig machen. Ich ziehe und knicke um und schieße mit der Heftpistole. Vater hat den Rahmen gezimmert. Er will nicht, dass Mutter billige Rahmen aus schlecht getrocknetem Holz kauft, das sich dann verzieht.
Mutter sagt nichts, und daher weiß ich, dass ich alles perfekt gemacht habe. Sie spart Geld und kauft billige Leinwand, die muss dann aber mit Tempera grundiert werden. Das ist meine Aufgabe. Danach zieht sie mit Kohle Hilfslinien. Dabei muss ich neben ihr stehen und zusehen. Ich denke rebellisch, wenn ich erst selbst malen darf, meine eigenen Bilder, dann werde ich keine Kohlestriche ziehen. Ich werde sofort mit dem Pinsel loslegen. Im Kopf entwickle ich Strukturen mit gebranntem Umbra oder Caput mortuum.
Mutter gibt Anweisungen, und ich fülle die großen Farbfelder. Den Schnee in gebrochenem Weiß und Kadmiumgelb. Den Schatten des Berges in Ceruleanblau. Und den Felsen in Dunkellila.
Es ist schwer für Mutter, den Pinsel nicht selbst zu halten. Mehrmals reißt sie ihn mir aus der Hand.
»Große Striche mit dem Pinsel, nicht zögern und zittern wie ein Kalb. Mehr Farbe, sei nicht so feige. Mehr Gelb, mehr Gelb. Halt den Pinsel nicht so, das ist kein Bleistift.«
Zuerst widersetze ich mich. Sie weiß es doch. Wenn die Farben so grell und unruhig werden, wie sie das immer will, dann sind die Bilder nur schwer verkäuflich. Das haben wir schon erlebt. Vater sieht sich abends das fertige Gemälde an und sagt:
»Das geht nicht.« Und dann muss sie es ändern. Die Kontraste dürfen nicht so unruhig sein. Einmal habe ich gesagt, um sie zu trösten:
»Das richtige Bild ist doch darunter. Wir haben es ja gesehen.«
Mutter malte geduldig weiter, presste aber den Pinsel gegen die Leinwand.
»Das hilft nichts«, sagte sie. »Das sind einfach alles Idioten!«
Sie wurde immer ungeduldiger, dachte Ester und lief zwischen den Bäumen weiter. Die Hunde hatten es begriffen.
Mutter hat dicke Fleischsuppe gekocht. Sie stellt den großen Topf zum Abkühlen auf den Küchentisch. Später wird sie die Suppe in Kartons füllen und einfrieren. Während sie kalt wird, setzt sie sich ins Atelier und gießt Schneehühner aus Ton.
Ein Geräusch aus der Küche veranlasst sie, sich den Ton von den Fingern zu wischen und in die Küche zu laufen. Auf dem Tisch steht Musta. Sie hat den Deckel vom Topf geschoben und fischt nach den Knochen in der Suppe. Verbrennt sich die Schnauze an der heißen Suppe, muss es aber immer wieder probieren. Verbrennt sich und ist wütend, als hätte die Suppe sie ganz bewusst verbrannt und müsste bestraft werden.
»Zum Teufel«, sagt Mutter und hebt den Arm, um Musta vom Tisch zu jagen oder sie vielleicht zu schlagen.
Blitzschnell greift Musta an. Schnappt nach Mutters Hand und bleckt die Zähne. Knurrt drohend tief unten in der Kehle.
Mutter zieht geschockt die Hand zurück. Noch nie hat ein Hund das bei ihr gewagt. Sie greift zum
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