Rebellen der Ewigkeit
einigen Jahren bei meinen Recherchen«, fuhr Valerie fort. »Ihr werdet in dieser Angelegenheit mit ihm zusammenarbeiten. Cappuccino?«
Valerie nickte. Auf einem der Sideboards stand eine chromglänzende Espressomaschine. Karelia drückte auf einen Knopf. Die Maschine rumpelte, zischte und fauchte wie ein wütender Kater, als wolle sie sich gegen Karelias Anforderung wehren, füllte aber dann doch die Tasse mit Milch und Kaffee.
»Sie ist alt, aber sie macht den besten Espresso«, lachte Karelia, während sie Valerie die Tasse reichte. »Holmes meint immer, dass sie mir irgendwann um die Ohren fliegen wird, und will mich davon überzeugen, mir einen von den kleinen neuen Automaten zu kaufen. Aber deren Kaffee schmeckt mir einfach nicht.«
Nachdem sie alle Platz genommen hatten, berichtete Karelia von dem Auftrag, den sie von Tempus Fugit erhalten hatte. Jetzt verstand Valerie auch ihre Bemerkung mit der Scheckeinlösung. Sie war heute auf dem Weg hierhin noch bei ihrer Bank vorbeigegangen und hatte ihn dort auf ihr Konto eingezahlt.
»Ich habe gestern noch ein wenig nachgeforscht, wie das mit dem Zeithandel überhaupt funktioniert«, sagte Karelia. »Viele Informationen gibt es dazu leider nicht. Klar ist nur, dass die Quantenphysik die Grundlage des Verfahrens bildet.« Sie hob abwehrend die Hände, als sie die fragenden Blicke um sich bemerkte. »Fragt mich jetzt bitte nicht, was das genau heißt. Die ganze Sache ist ausgesprochen kompliziert. Tempus Fugit hat eine Maschine entwickelt, die sie Quantenextrapolator nennen. Damit lassen sich die Lebensjahre einer Person auf eine andere übertragen. Diese Maschine bildet, gemeinsam mit den Zeitbatterien, in denen die Lebenszeit gelagert wird, das Herzstück des Unternehmens.«
»Auf das es offenbar jemand abgesehen hat«, sagte Valerie. »Aber wie finden wir jemanden, der nicht gefunden werden will? Eine Gruppe, die so geheim ist, dass nicht einmal die Polizei oder der Geheimdienst weiß, wer dazugehört.«
»Eine Gruppe besteht immer aus mehreren Leuten«, sagte Willis. »Und wenn sie im Untergrund operiert, müssen diese Personen irgendwann einmal abgetaucht sein.«
»Weißt du, wie viele Menschen jedes Jahr spurlos verschwinden?«, fragte Holmes mit einem spöttischen Lächeln. Valerie ahnte, warum Willis sie vorhin so angesehen hatte. Dieser Holmes schien ein ziemlich arroganter Bursche zu sein. Sie fragte sich, ob das wohl sein Naturell war oder lediglich Abneigung gegen die beiden Neuen.
»Keine Ahnung.« Willis zuckte mit den Schultern.
»Mehrere Hunderttausend. Wie willst du da die Handvoll rausfinden, die sich dieser Terrorgruppe angeschlossen haben – falls es sie überhaupt gibt.«
»Du hältst es für denkbar, dass das mit der Gruppe erfunden ist?«, warf Valerie ein.
Das Lächeln schien auf Holmes’ Lippen festgefroren zu sein. »Möglich ist alles. Jemand schreibt einen Brief und gibt sich als Terrorgruppe aus, mehr braucht es dazu nicht. So wie die ganzen Bekennerschreiben, die nach einem Bombenanschlag regelmäßig bei den Medien eingehen.«
»Da bin ich mir nicht so sicher«, sagte Karelia. » Tempus Fugit scheint mir keine Organisation zu sein, die in Panik ausbricht, nur weil ein Verrückter einen Brief schreibt. Ich habe das Gefühl, sie wissen mehr, als sie mir anvertraut haben. Wir sollten also davon ausgehen, dass diese Gruppe wirklich existiert.«
»Außerdem ist deine zweite Annahme auch nicht zutreffend«, fuhr Holmes gestelzt fort. »Die meisten Terroristen tauchen nicht unter, sondern führen ihr ganz normales Leben fort.«
Karelia nickte zustimmend. »Holmes hat recht. Das ist es ja gerade, was sie so gefährlich macht. Sie können sich frei bewegen, weil alle sie für Durchschnittsbürger halten. In den Untergrund verschwinden die meisten erst dann, wenn die Polizei ihnen auf den Fersen ist.«
»Also gut.« Willis erhob sich und stellte sich an das elektronische Whiteboard, das hinter ihm an der Wand hing. Er nahm einen Stift und begann zu schreiben. Valerie staunte, wie selbstverständlich er die Initiative ergriff. Aber das war ihr auch schon gestern aufgefallen, als er sich einfach hinters Steuer geklemmt hatte und losgefahren war. An Selbstsicherheit mangelte es ihm offenbar nicht. So schienen ihn die Einwände von Karelia und Holmes nicht verunsichert zu haben.
»Erstens können wir annehmen, dass es sich um Personen mit technischem Sachverstand handeln muss. Sie müssen etwas über die Funktionsweise des Verfahrens
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