Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rebellen der Ewigkeit

Rebellen der Ewigkeit

Titel: Rebellen der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
Vom Netzwerk:
milden Abendtemperaturen hatten die Leute ins Freie gelockt. Gruppen von Menschen hockten auf den Stufen, die zu den Haustüren hinaufführten, redeten, lachten und gestikulierten. Manche von ihnen hatten kleine Grills aufgebaut, auf denen Hamburger, Würstchen und Fleischspieße schmorten. Vor jeder zweiten oder dritten Tür standen tragbare Boxen, aus denen Musik schallte. Wenn man die Straße entlangschlenderte, war das wie ein akustischer Streifzug durch fremde Länder.
    Valerie und Willis hatten hinter einem Eiswagen Schutz gesucht, der am Straßenrand stand und dessen Besitzer Mühe hatte, den Andrang der Kunden zu bewältigen. Willis grüßte mal hier, mal da einen Nachbarn, den er kannte, und beobachtete die Fenster seiner Wohnung. Nichts regte sich dahinter. Und im Treppenhaus würde ein Fremder, der dort herumlungerte, mit Sicherheit auffallen.
    »Du wartest hier«, wies er Valerie an. »Ich geh jetzt rein. Wenn du siehst, dass mir jemand folgt, dann rufst du mich sofort an.« Er hatte ihr die beiden Männer, die ihn gejagt hatten, noch einmal genau beschrieben.
    »Ist gut.« Sie legte ihm die Hand auf die Schulter. »Viel Glück!«
    »Danke.« Willis holte einmal tief Luft und löste sich aus dem Schatten des Eiswagens. Mit schnellen Schritten überquerte er die Fahrbahn. Vor seiner Haustür saßen ein paar junge Männer, die in den Stockwerken über ihm wohnten. Sie waren Teil einer vielköpfigen Zuwandererfamilie, die mit Onkeln und Tanten, Nichten und Neffen gleich zwei Etagen in Beschlag genommen hatte. Wer sie nicht kannte, mochte einen großen Bogen um sie machen, denn mit ihren Muscle Shirts, tätowierten Armen und ausrasierten Schläfen machten sie keinen allzu vertrauenserweckenden Eindruck. Willis fand sie ganz in Ordnung und er hatte mit ihnen noch nie Ärger gehabt.
    Er musste ein paar Fragen beantworten, erklären, wo er sich die letzten Tage herumgetrieben hatte, und bekam ein Bier angeboten, das er freundlich ablehnte. Dann betrat er das Haus. Sofort umfing ihn der anheimelnde Geruch von Zuhause. Jeder Atemzug dieser Luft kam ihm vertraut vor, jedes kleinste Geräusch erkannte er: das Knarzen des hölzernen Treppengeländers, das Seufzen der durchgetretenen Stufen unter ihrer abgeschabten Linoleumschicht. Er sprintete die Treppen hoch, immer drei Stufen auf einmal nehmend. Als er vor seiner Wohnungstür ankam, hielt er bereits den Schlüssel in der Hand. Dann fiel die Tür hinter ihm zu und er lehnte sich erleichtert dagegen.
    Das winzige Apartment sah genauso aus, wie er es verlassen hatte. Als Erstes beugte sich Willis über den Hamsterkäfig neben dem Bett. Er entfernte den Deckel des kleinen Holzhäuschens in der Ecke. Der Hamster, aus dem Schlaf gerissen, starrte ihn mit zwei großen Knopfaugen an. Vorsichtig nahm er ihn hoch und streichelte ihn.
    »Du musst umziehen, Diogenes«, flüsterte er. Von einem Haken nahm er ein abgetragenes Jackett, das ihm die Nonnen bei seinem Auszug aus dem Waisenhaus vermacht hatten. Er ließ den Hamster in eine der Taschen gleiten und zog es über. Aus einer Tüte neben dem Käfig schüttete er eine Handvoll Körner hinterher. Dann zog er eine Sporttasche aus der kleinen Besenkammer neben der Küchentür und packte zwei Hosen, ein Paar Turnschuhe, einen Hoodie sowie einige T-Shirts ein, die alle säuberlich zusammengelegt in einem Kleiderregal aus Stoff lagen.
    In diesem Augenblick klingelte sein Mobiltelefon. Es war Valerie.
    »Einer von den Typen, die du beschrieben hast, ist gerade ins Haus gegangen«, rief sie aufgeregt. »Du musst abhauen!«
    »Danke.« Er steckte das Telefon weg und warf sich die Sporttasche um. Hatte der Typ auf ihn gewartet? Sie hatten doch bestimmt zehn Minuten lang die Straße beobachtet und nichts entdeckt. Entweder war er gut versteckt gewesen oder er war zufällig gerade in diesem Moment vorbeigekommen. Willis stürzte mit seiner Tasche in das winzige Bad und verriegelte die Tür hinter sich. Dann schob er das Fenster hoch, schleuderte die Sporttasche auf die Feuertreppe davor und kletterte hinterher. Er warf sich die Tasche über die Schulter und raste die erste Metalltreppe hinab.
    Aus seiner Wohnung hörte er ein Krachen, als die Tür zum Bad eingetreten wurde. Er warf einen Blick nach oben und sah den Kopf des blonden Killers im Fenster über sich auftauchen.
    »Bleib stehen!«, rief der Mann und machte sich daran, ihm zu folgen. Willis schoss eine weitere Treppe hinunter und hechtete durch das Fenster zum Hausflur, das

Weitere Kostenlose Bücher