Rebellen der Ewigkeit
zu wohnen oder in einem unbekannten Büro zu arbeiten. In diesem Fall sprechen wir von einem krankhaften Phänomen.«
»Und das hat in der letzten Zeit zugenommen?«
»Ja, in einem bislang ungekannten Ausmaß. Üblicherweise haben wir ein oder zwei Dislokationspatienten im Jahr. Im letzten Monat allein waren es mehr als fünfzig, und es sieht nicht so aus, als würde der Strom abreißen.«
»Und wie erklären Sie sich diese Zunahme, Dr. Martinu?«
»Wir haben keine Erklärung dafür. Wir können lediglich spekulieren. Es gibt aus der Vergangenheit Vorbilder für solche Massenphänomene, bei denen sich eine bestimmte Störung sozusagen wie eine Epidemie ausgebreitet hat, obwohl wir es natürlich nicht mit einem physischen Erreger zu tun haben. So hat es immer wieder Selbstmordwellen gegeben, zum Beispiel nach dem Erscheinen des Werther von Goethe. Oder wenn irgendwo angeblich ein UFO gesichtet wurde, dann tauchten auf einmal überall welche auf. So ähnlich könnte es in diesem Fall auch sein.«
»Also alles nur Einbildung?«
»Das ist ein Begriff, den wir nicht so gern verwenden. Für unsere Patienten ist das, was sie erleben, Realität. Der Begriff Einbildung klingt immer ein wenig abschätzig. Aber natürlich ist es so, dass diese Dislokationserlebnisse nicht direkt in der Realität begründet sind. Wir haben zum Beispiel mit den Arbeitskollegen einer Frau gesprochen, die fest davon überzeugt war, mit einem Mal in einem ihr völlig unbekannten Großraumbüro zu sitzen. Die Kollegen bestätigten, dass die Frau bereits seit über zehn Jahren neben ihnen arbeitet. Trotzdem muss es selbstverständlich einen Grund für diese fehlerhaften Wahrnehmungen geben. Meistens liegt er im Gefühlsleben der Patienten verborgen.«
»Und was unternehmen Sie in einem solchen Fall?«
»Nun, überraschenderweise brauchen wir gar nicht so viel zu tun. Patienten, die erregt sind, erhalten ein Beruhigungsmittel, mit anderen führen wir ein therapeutisches Gespräch, um vielleicht einen Beweggrund für ihre Fehlwahrnehmungen zu ermitteln. Nahezu alle Patienten können jedoch nach einem Tag wieder entlassen werden, weil sich das Problem von selbst legt und sie sich überhaupt nicht erklären können, warum sie sich so verhalten haben.«
»Also viel Wind um nichts, würden Sie sagen?«
»So weit möchte ich nicht gehen. Vielleicht gibt es durchaus eine gemeinsame Ursache für diese Phänomene, die wir nur noch nicht kennen, zum Beispiel eine Veränderung im Magnetfeld der Erde, wie sie bei Sonnenstürmen häufig vorkommt.«
»Vielen Dank, Dr. Martinu. Wie wir soeben erfahren, hat die Regierung eine Kommission einberufen, die den Vorkommnissen der letzten Wochen nachgehen soll. Wir unterbrechen jetzt kurz für einige interessante Produktvorstellungen und melden uns dann aus dem Studio wieder. Bleiben Sie dran! Trudi Goldstein für CNN.«
Valerie schaltete den Fernseher aus. »Warum merken wir nichts von diesen Ereignissen, wenn sie sich angeblich so häufen?«
»Es scheint sich um isolierte Ereignisse zu handeln«, meinte Andersen. »Vielleicht bleibt es ja dabei.«
Valerie war aufgesprungen. »Und was ist, wenn die Rebellen recht haben? Wenn der Zeithandel von Tempus Fugit die Ursache für diese Vorfälle ist?«
»Das ist im Augenblick nichts als Spekulation«, wandte Andersen ein. »Außerdem arbeitet das Unternehmen seit einigen Tagen nicht mehr, weil seine Zeitvorräte weg sind. Wie soll es da für diese Ereignisse verantwortlich sein? Vielleicht sind es die Rebellen selbst, die mit den Zeitbatterien herumexperimentieren und unsere Welt gefährden.«
Willis schlug seine Decke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. »Ich kann hier nicht tatenlos herumliegen, während unsere Welt vielleicht vor die Hunde geht«, sagte er wütend.
»Hey!«, rief Valerie. Aber Willis ließ sich nicht aufhalten. Er holte ein paar Kleidungsstücke aus dem Schrank und verschwand im Bad. Wenig später stand er angezogen vor ihnen.
»Mein Kopf ist wieder völlig in Ordnung«, beruhigte er Valerie. Er merkte an ihrem skeptischen Blick, dass sie ihm das nicht glaubte. So ganz stimmte es auch nicht, denn er verspürte noch immer einen leichten, dumpfen Schmerz. Aber das war nichts, was ihn groß beeinträchtigte.
Andersen lächelte nur still und folgte ihnen in Karelias Besprechungsraum. Sie und Holmes saßen vor ihren Rechnern. Als Willis eintrat, blickte Karelia auf.
»Das hätte ich mir gleich denken können, dass du nicht liegen
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