Rebellen der Ewigkeit
aber wieder.
»Wie du vielleicht weißt, wurde der Quantenextrapolator, der das Herz des Unternehmens von Tempus Fugit bildet, gemeinsam von Ricardo Reming und mir entwickelt«, begann Amanda. »Außer ihm gibt es niemanden, der die Technologie so gut kennt. Und die Gefahren, die von ihr ausgehen.«
»Ach ja?« Der höhnische Ton in Willis’ Stimme war nicht zu überhören.
»Du musst mir glauben. Ricardo wollte einen großen Investor ins Boot holen und die Technologie so schnell wie möglich marktreif machen. Ich habe versucht, ihn davon abzuhalten, denn ich wusste schon damals, welche Folgen der Einsatz dieser Technologie haben kann. Aber Ricardo wollte nicht hören. Als ich mich weigerte, der Kapitalerhöhung zuzustimmen, hat er hinter meinem Rücken kurzerhand Tempus Fugit gegründet und alle Patente ohne meine Zustimmung übertragen. Und dann hat er Alfredo Maggiore befohlen, mich zu töten.«
»Und das soll ich dir glauben? Wie soll ich wissen, wer von euch beiden die Wahrheit sagt, Ricardo oder du? Er sagt, du seist psychisch unstabil gewesen und wolltest dich an ihm rächen. Deshalb hättest du versucht, den Extrapolator zu zerstören.«
»Warum sollte ich so etwas tun? Ich habe mir seinen Klon einpflanzen lassen, nur um ihn glücklich zu machen. Damit wollte ich ihn überraschen. Ich war eine Idiotin, weil ich nicht schon viel früher erkannt habe, dass Ricardo nur an Macht und Geld interessiert ist. Ich war für ihn nur ein Mittel zum Zweck.«
»Warum hast du ihm dann nicht gesagt, dass du schwanger bist? Oder war das auch nur eine weitere Methode, ihm eins auszuwischen: seinen Doppelgänger in die Welt setzen und ihm davon nichts sagen?«
»Ich wollte es ihm ja sagen. Aber er hat nicht zugehört. Er hat genau an jenem Tag Lago auf mich gehetzt. Ich bin mit viel Glück entkommen, aber ich wusste, dass er mich so lange jagen würde, bis er mich erledigt hat. Ich war immer die Einzige, die ihm und seinem Unternehmen gefährlich werden konnte. Dieser Gefahr wollte ich dich nicht aussetzen. Das ist der Grund, warum ich dich abgegeben habe. Es war zu deinem eigenen Schutz.«
»Pah.« Willis verschränkte die Arme vor der Brust. »Das ist die billigste Entschuldigung, die ich je gehört habe.«
Amanda blickte ihn flehend an. »Du musst mir glauben. Bitte! Mich hat Ricardo auch getäuscht, und das über viele Jahre hinweg. Unterschätz ihn nicht! Mir ist es damals wie Schuppen von den Augen gefallen, als ich wenige Monate nach unserer Trennung ein Buch las, in dem Ricardo genau beschrieben wurde. Der Autor schrieb, dass etwa fünf Prozent aller Menschen ohne jegliches moralisches Gewissen geboren werden. Die Wissenschaft nennt das antisoziale Persönlichkeitsstörung und die Betroffenen selbst Psychopathen.«
»Willst du mir jetzt auch noch weismachen, Ricardo sei ein Serienkiller?« Willis konnte das, was er hier hörte, nicht fassen.
»Nein, nein. Psychopathen nennt man Menschen, denen die Fähigkeit zur Empathie fehlt, des Einfühlens in ihr Gegenüber. Psychopathen kennen nur ein Ziel: den eigenen Vorteil. Um den zu erlangen, manipulieren sie andere so geschickt, dass diese das oft erst nach langer Zeit merken. Psychopathen sind nicht krank im herkömmlichen Sinn, denn der Defekt ist nicht heilbar. Sie wissen sehr wohl zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, sie kümmern sich bloß nicht darum, weil ihnen Schuldgefühle unbekannt sind.«
»Schön und gut«, brummte Willis. »Und was hat das alles mit Ricardo zu tun?«
»Er ist so ein Mensch, verstehst du das denn nicht? Psychopathen besitzen einen erstaunlichen Instinkt dafür, genau die Menschen ausfindig zu machen, die sie mühelos manipulieren können. Menschen wie mich. Ich war nur zu gern bereit, mich täuschen zu lassen. Das perfekte Opfer für den perfekten Täter. Und selbst als meine Zweifel in den letzten Monaten unserer Beziehung immer stärker wurden, gelang es mir, sie erfolgreich zu verdrängen.«
Willis schüttelte den Kopf. »Ich kann das einfach nicht glauben. Ich habe Ricardo nicht als das Monster erlebt, als das du ihn schilderst.« Er begann hin und her zulaufen. »Im Gegenteil, seine Freude darüber, einen Sohn zu haben, kommt mir völlig glaubwürdig vor. Immerhin hat er siebzehn Jahre lang nicht gewusst, dass er einen Sohn hat und sich nicht um ihn gekümmert. Aber vielleicht liegt es ja wirklich daran, dass du nur eine Leihmutter bist. Selbst das Klonen hast du nur gemacht, um damit deine Ziele zu erreichen, nicht, weil
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