Rebellen der Ewigkeit
seit seinem Treffen mit Ricardo aufrechterhalten hatte, stürzte mit einem Schlag in sich zusammen. Seine Schultern fielen herab, und er fühlte sich wieder zwischen den gegensätzlichen Gefühlen hin- und hergerissen wie eine Feder im Sturm.
Valerie bemerkte die Veränderung sofort. Sie langte über den Tisch und legte ihre Hand auf die von Willis.
Es dauerte ein paar Minuten, bis er endlich sprechen konnte. »Ich weiß nicht, was ich tun soll. Es fühlt sich irgendwie nicht richtig an, bei Ricardo zu bleiben. Ich empfinde nichts für ihn, schon gar nicht das, was ein Sohn für seinen Vater empfinden sollte. Er ist für mich ein Fremder.«
»Gib dir ein wenig Zeit«, sagte Valerie. »Das ist alles noch viel zu frisch, um jetzt schon eine Entscheidung zu treffen.«
»Es geht nicht um eine Entscheidung. Es geht um meine Gefühle. Verstehst du, ich war mit meinem Leben zufrieden. Ich wusste nicht, wer meine Eltern sind, und damit habe ich mich abgefunden. Und auf einmal ist alles anders. Ich erfahre, dass ich der Sohn von Ricardo Reming und Amanda Reisz bin. Nicht einmal der Sohn, sondern ein Klon . Ich bin im Labor entstanden, in irgendeinem Reagenzglas!«
Seine Finger krallten sich zusammen. Valerie ließ ihre Hand unbeirrt auf seiner liegen.
»Willis, du bist ein wertvoller Mensch. Egal, wie du gezeugt worden bist und wer deine Eltern sind.«
Seine rechte, freie Hand ergriff die Serviette neben seinem Teller, knüllte sie zusammen und ließ sie auf den Tisch fallen. »So fühle ich mich! Alles ist durcheinander, und ich weiß nicht, wer ich bin und was ich tun soll.«
»Du bist der, der du immer warst.« Valerie drückte seine Hand. »Du bist Willis Porrs. Das hast du selbst gesagt. Das ist dein Name, dein Leben. Das bist du.«
Willis presste die Lippen zusammen und blickte Valerie lange stumm an. Dann nickte er und seine Hand entspannte sich. »Du hast recht. Ich sollte mich auf das besinnen, was ich bin und nicht darauf, was andere aus mir machen wollen.« Er versuchte zu lächeln. »Danke.«
»Gern geschehen.« Valerie lächelte zurück.
Eine Weile schwiegen beide. Valerie spürte, dass das Thema damit noch lange nicht erledigt war. Aber sie war froh, Willis wieder lächeln zu sehen.
Wenn es auch nur für einen Moment war.
19.
Drei Tage waren vergangen.
Trotz all seiner ursprünglichen Vorbehalte begann Willis langsam, sich an seinen neuen Lebensrhythmus zu gewöhnen. Man konnte nicht sagen, dass er sich wohlfühlte, aber es trat eine gewisse Routine ein, der er sich, zumindest vorerst, unterwarf.
Die Vormittage gehörten Tempus Fugit . Ricardo hatte seine Abteilungsleiter beauftragt, Willis mit den Grundlagen des Geschäfts vertraut zu machen. Sie führten ihn durch die Räumlichkeiten, erklärten ihre Aufgaben und beantworteten seine Fragen. Er wurde allerdings das Gefühl nicht los, dass sie ihm nicht alles sagten, und kam sich häufig vor wie ein Besucher, dem man lediglich die schöne Oberfläche präsentiert, aber nicht die dahinterliegenden Mechanismen.
Nach dem Mittagessen fuhr er zu Karelia, um dort bei den Nachforschungen zu helfen. Ricardo hatte ihn dazu ermuntert. »Schließlich geht es um dein Erbe«, hatte er gesagt, obwohl Willis das ziemlich gleichgültig war. Für ihn war wichtiger, sich in der Gesellschaft seiner Freunde aufzuhalten.
Abends stand dann immer ein gemeinsames Essen mit Ricardo und Maggiore auf dem Plan. Nicht in einem Lokal, sondern in einem privaten Speiseraum, der direkt neben Ricardos Büro lag. Er hatte einen eigenen Koch, den er aus einem Drei-Sterne-Restaurant abgeworben hatte und der jeden Abend ein mehrgängiges Menü auf den Tisch zauberte.
Neben den beiden Männern kam sich Willis immer noch klein und schäbig vor. Sowohl Ricardo als auch Maggiore sahen stets aus wie aus dem Ei gepellt. Obwohl sich Willis neu eingekleidet hatte, wusste er, dass er es in dieser Hinsicht mit den beiden nie würde aufnehmen können. Es war nicht die Kleidung, die den Unterschied machte, sondern die innere Haltung. Willis genügte es, sauber zu sein und sich in seinen Klamotten wohlzufühlen. Für Ricardo und seinen Sicherheitschef war ihre perfekte äußere Erscheinung offensichtlich ein tiefes Bedürfnis. Ein Bedürfnis, das er wohl nie teilen würde.
Die Gespräche drehten sich meistens um Belanglosigkeiten: die aktuelle Lage am Finanzmarkt, geplante Immobiliengeschäfte des Unternehmens, Beförderung oder Entlassung von Mitarbeitern. Willis hatte das Gefühl, Besucher
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