Rebellen der Ewigkeit
die wir im Leben treffen, ist begrenzt, auch wenn es eine sehr große Zahl ist. Aber die Zahl der möglichen Universen ist schon gigantisch. Und da kommt der Quantenextrapolator ins Spiel.«
»Ich verstehe«, sagte Willis. »Wenn es unendlich viele Universen gibt, dann gibt es auch eines, in dem Valerie zehn Jahre weniger lebt als in unserem Universum.«
Amanda nickte. »Richtig. Und der Quantenextrapolator ist in der Lage, den exakten Zustand dieses Universums zu berechnen, in dem alles genauso ist wie in unserem – nur dass Valerie zehn Jahre weniger zu leben hat. Das kann er, weil er kein gewöhnlicher Computer ist, sondern ein Quantencomputer, der leistungsfähiger ist als alle anderen Rechner auf der Welt zusammengenommen. Das Ergebnis seiner Berechnungen ist ein komplettes Universum. Und das wird dann in einem dieser Zylinder gespeichert, völlig ohne Kontakt zu unserer Welt. Hat Tempus Fugit einen Kunden gefunden, der die zehn Jahre von Valerie kauft, dann liest der Quantenextrapolator die Daten aus dem Zylinder aus. Damit berechnet er dann dasselbe Universum noch mal, nur mit dem kleinen Unterschied, dass der Käufer dort zehn Jahre länger lebt. Weil die Quanten dabei sozusagen unter sich sind, wird noch nichts davon Realität. Erst wenn die Berechnung abgeschlossen ist, wird der Zylinder endgültig ausgelesen und das Universum darin zu unserer neuen Wirklichkeit.«
»Willst du damit sagen, dass Tempus Fugit die ganze Menschheit regelmäßig von einem Universum in ein anderes befördert?«, fragte Willis mit aufgerissenen Augen.
»Genauso ist es. Alle denken, sie speichern Zeit. In Wirklichkeit speichern sie Universen und spielen mit dem Schicksal der gesamten Welt. Denn es gibt keine Berechnung, auch nicht mit einem Quantencomputer, in der nicht kleine Fehler vorkommen.«
»Deshalb diese merkwürdigen Vorkommnisse!«, rief Valerie. »Das sind Berechnungsfehler, wenn wir in ein anderes Universum geschleudert werden!«
»Fehler, die sich summieren«, bestätigte Amanda. »In jedes neue Universum werden die alten Fehler mitgeschleppt und es kommen noch ein paar neue dazu. Und das ist die große Gefahr, die uns droht: Irgendwann befinden wir uns alle in einer Welt, in der nichts mehr so ist, wie wir es kennen. Was das bedeutet, könnt ihr euch sicher vorstellen.«
»Eines verstehe ich nicht.« Willis trommelte mit den Fingern auf dem Eimer herum. »Wenn Ricardo uns einfach in ein anderes Universum versetzen kann, warum dann dieser ganze Aufwand mit dem Ankauf von Lebenszeit? Er könnte doch einfach nur ein Universum berechnen, in dem der Käufer zehn Jahre länger lebt. So würde er die Zahl der Berechnungen halbieren und es würde viel weniger Fehler geben.«
»Der Grund dafür ist die Symmetrie, die in jedem Universum gewahrt bleiben muss«, erklärte Amanda. »Man kann nicht einfach etwas hinwegnehmen oder hinzufügen. Das würde das Gleichgewicht der Welt zerstören.«
»Das offenbar so auch schon genug gestört ist«, sagte Willis.
»Genau dieser Gefahr wollten wir durch den Diebstahl der Zeitbatterien entgegentreten«, bestätigte Amanda.
»Und wie habt ihr das gemacht? Ich habe oben keinerlei Spuren von Lastwagen oder schwerem Gerät gesehen. Wie habt ihr die Zylinder hier unten reingekriegt?«
»Wir haben Ricardo mit seinen eigenen Mitteln geschlagen«, grinste Amanda. Es war das erste Mal an diesem Tag, dass sie kein ernstes Gesicht machte. »Wir haben einen eigenen Quantenextrapolator gebaut. Allerdings ist er lange nicht so leistungsfähig wie der von Ricardo. Für diese Transaktion reichte er jedoch aus.«
»Und warum hast du nicht gleich seinen Extrapolator verschwinden lassen?«, fragte Willis. Amandas schadenfrohes Grinsen vorhin hatte ihm nicht gefallen. Und er war sich immer weniger im Klaren darüber, warum sie nach so vielen Jahren auf einmal aufgetaucht war.
»Weil es nicht ging.« Amanda lächelte auf eine Art, die ihm ein wenig zu herablassend vorkam. »Die Bauteile für einen Quantencomputer kann man nicht in irgendeinem Bastlerladen kaufen. Als Ricardo mich damals in den Untergrund trieb, beraubte er mich auch aller Mittel, meine Forschungsarbeit weiterzuführen. Wir hatten Millionen gebraucht, um den ersten Prototypen zu bauen.«
»Aber das ist fast achtzehn Jahre her«, widersprach Willis. »Heute gibt es überall Quantencomputer. Die Regierung hat sie, die Banken, die Universitäten. Wo liegt das Problem?«
Er wusste natürlich, was sie meinte, aber er mochte es
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