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Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Rebellin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce
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wie Mrs. Peasebody mit einem Tablett hereinkam.
    »Sie hatten heute kein Frühstück, Euer Gnaden, also bringe ich das Mittagessen früher«, sagte die alte Frau ungewöhnlich niedergeschlagen.
    »Hatte ich nicht?«, sagte Byron vage und betrachtete wieder den Kamin. »Dann muss ich wohl etwas essen. Und Fane soll heute Nachmittag kommen... ich habe ein paar Akten gefunden und …«
    »Ja, Euer Gnaden«, sagte Mrs. Peasebody und balancierte das Tablett auf einer Hand, während sie mit der anderen Hand die Ansammlung von hässlichem Nippes von einem der Tische räumte, bevor sie das Essen abstellte. Dann wandte sie sich wortlos ab. Byron hörte, wie die Tür aufging, aber nicht, wie sie zufiel.
    »Ja«, sagte er, nachdem mehrere Sekunden vergangen waren, und ließ seine Stimme tonlos und desinteressiert klingen.
    »Sie war ein gutes Mädchen, Euer Gnaden. Das ist alles, was ich Sie noch wissen lassen wollte. Ich habe sie nicht so gut gekannt, aber sie schien mir trotzdem ein besseres Mädchen zu sein, als Sie je wieder eins finden werden.«
    Und damit machte sie hinter sich die Tür zu.
    Byron deckte das Tablett ab und fing zu essen an, schaufelte sich die Bissen in den Mund und kaute mechanisch. Er erinnerte sich daran, wie Victoria auf die schlichte Kost reagiert hatte, dann fiel ihm ein, wie völlig anders sie auf den Krümelkuchen mit Pfirsich reagiert hatte …
    Er ließ das Besteck fallen, stand abrupt auf und lief rastlos im Zimmer auf und ab. Warum bekam er sie nicht aus dem Kopf? Sie war schließlich nur eine Frau. Er hätte essen und dann die Akten durchgehen sollen, damit alles so weit fertig war, wenn Fane hier auftauchte. Aber er wusste mit schrecklicher Gewissheit, dass jede Zeile ihn an sie erinnern würde.
    Verdammt, wie lange würde es dauern, bis alles wieder wie früher war? Er wurde langsam wütend und nahm das Gefühl mit einer gewissen Erleichterung zur Kenntnis. Er war diese Sehnsucht, diese Verunsicherung nicht gewohnt – aber was Wut war, wusste er.
    Und er hatte ein Recht darauf, wütend zu sein. Wer glaubte diese Lady Victoria zu sein? In sein Haus gerauscht zu kommen und seine ganze Welt auf den Kopf zu stellen? Ja, er hatte sie eingeladen – aber nur in sein Bett, nicht in seine Gedanken, wo sie rumorte, bis er sich selbst fast nicht mehr erkannte. Und dann einfach aus seinem Leben zu verschwinden, als schulde sie ihm nicht mehr als das!
    Byron hielt inne. Das war es! Das war es, was hier verkehrt war. Sie war abgereist und hatte alles verändert. Und jetzt tat sie so, als sei nichts passiert. Er würde – konnte – ihr das nicht durchgehen lassen!
    Wie lang war es her, dass sie abgefahren war? Zwei Stunden? Drei Stunden? Egal. Er würde sie spätestens in Leeds treffen, wenn nicht schon vorher.
    Als er unten in der Halle ankam, klopfte der Regen an die Scheiben, die der Sturm verdunkelte. Umso besser, dachte er, während er grimmig nach seinem Pferd rief. Einen Augenblick später kam eine Dienstbotin angelaufen, ein Hausmädchen namens Peg.
    »Mrs. Peasebody lässt fragen, ob Sie sonst noch etwas brauchen«, keuchte sie.
    »Nur Apollonia, gesattelt und aufgezäumt«, erwiderte er. Das, was ich wirklich brauche, hole ich mir selbst.
    Im Schwarz der Kutsche gab es kein Gefühl für Zeit und Raum, nur ein Ruckeln und Wanken, das Victoria weder in Zeit noch in Meilen zu übersetzen vermochte. Ihr Magen schmerzte, und sie wusste nicht, ob es am Schwanken der Kutsche lag oder an der Leere in ihr.
    Sie dachte jede Sekunde an Raeburn. Byron, der in einem dunklen Zimmer auf Raeburn Court saß und sich mit jedem Atemzug weiter von ihr entfernte. Sie versuchte, die Erinnerung an jeden Moment festzuhalten, den sie mit ihm zusammen verbracht hatte, an jedes Wort, das er gesagt hatte, jeden Blick. Jede Berührung, jeden Kuss. Sie setzte die Teile zusammen, bis das Bild so real war, als sei er bei ihr in der Kutsche und habe gerade ihren Namen gesagt. Sie würde sich all das merken, schwor sie sich, so konnte sie vielleicht zumindest ein kleines Stück von ihm auf immer bei sich tragen.
    Sie schien eingeschlafen zu sein, denn als sie die Augen aufschlug, bewegte sich die Kutsche nicht mehr. Sie setzte sich auf und strich ihren Rock glatt. Sie hatte gerade noch die Zeit, den Hut aufzusetzen, da ging schon die Tür auf, und die Trittstufe klappte herunter. Sie zwinkerte ins Licht, so düster es auch sein mochte, und brauchte einen Augenblick, bis sie den Bahnhof von Leeds erkannte, kaum ein paar Meter

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