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Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Rebellin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce
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sich einen Fluch, während er das Pferd erneut herumriss.
    »Wo sind wir?«, schrie er und knöpfte mit steifen Fingern seinen Mantel auf, um nach der Uhr zu fischen. »Und wann haben Sie Lady Victoria abgesetzt?« Er hätte schwören können, dass er frühestens in einer halben Stunde auf die Kutsche hätte treffen dürfen, und zwar viel weiter in Richtung Leeds. Wie viel Zeit war vergangen? War er so langsam gewesen? Seine Finger schlossen sich um die Uhr, doch eine Stimme ließ ihn innehalten.
    »Sie haben mich nicht abgesetzt.«
    Sein Magen rebellierte, Angst und Freude und Zorn kochten hoch, bis er nur noch erstickt herausbrachte: »Gütiger Gott.« Ganz oben im Chaos der Gefühle tobte der Unglauben, doch das blasse schmale Gesicht, das sich zur Tür hinausreckte, erschütterte ihn.
    »Byron! Du hättest mir nicht nachreiten dürfen! Es kann jeden Moment zu regnen aufhören, und dein Gesicht ist noch nicht verheilt.« Victoria runzelte unter ihrem furchtbaren hassenswerten schwarzen Hut die schönen Augenbrauen.
    Die Absurdität des Tadels ließ ihn zwinkern, und seine Irritation verwandelte sich in Wut. »Du hast mich verlassen! Was hätte ich tun sollen? Dasitzen und Daumen drehen, nachdem du dich in meinen Kopf und unter meine Haut geschlichen hast? Und dann rennst du weg, als zählte das alles nichts?« Byron schwang sich aus dem Sattel und ignorierte die tänzelnde, schnaubende Apollonia. Er starrte Victoria durch den Regen an und stemmte die Hände an die Tür der Kutsche.
    Zwei rote Flecken erschienen hoch auf ihren Wangen und verschwanden fast genauso schnell wieder. »Du Idiot. Du verdammter, blinder Idiot.« Sie sprach leise und schüttelte den Kopf. Byron kam sich plötzlich wie ein kleiner Schuljunge vor. »So geht das nicht«, sagte sie und sah zu ihm auf, die grauen Augen feucht, aber klar. »Ich liebe dich. Ich weiß, dass du das irgendwie gespürt hast, aber das reichte nicht. Und ich konnte nicht gehen, ohne es dir zu sagen.«
    »Du kannst überhaupt nicht gehen«, sagte er rau und zwang die Worte an dem Knoten in seinem Hals vorbei. »Ich lasse dich nicht gehen. Jetzt, wo ich weiß … Ich will, dass du bei mir bleibst, und nicht etwa London aufmischst oder deine tugendhaften Eltern schockierst. Reite übers Moor wie eine Verrückte; entwickle meinetwegen ein Faible für kleine hässliche Hunde; zieh dir Reformistinnen-Kleider an, und mach jedem politischen Agitator die Tür unseres Hauses auf – es ist mir egal, was du tust. Aber verlass mich nicht wieder. Der Himmel weiß, dass ich kein Recht habe, das zu verlangen« – seine Stimme wurde immer rauer -, »aber ich kann nicht anders.«
    »Was sagst du da?« Ihre Stimme bebte, aber sie fasste sich wieder und reckte das Kinn vor. »Meine Mutter ist krank. Ich muss zu ihr.«
    Er ballte die Fäuste. »Ich rede nicht davon, dass du deine Mutter besuchen willst, verdammt! Kann ich es denn noch klarer ausdrücken? Ich kann nicht ohne dich leben. Ich weiß nicht, wie ich es nennen soll, aber wenn das nicht Liebe ist, dann weiß ich nicht, was es sonst sein soll. Also hör auf, mich so argwöhnisch anzuschauen, und sag, dass du mich heiraten wirst, damit ich mich nicht umbringen muss.« Die letzten Worte liefen ihm aus dem Ruder und waren voller Gefühl, anstatt kühl und humorvoll, wie er es beabsichtigt hatte.
    Victoria schüttelte den Kopf und starrte ihn an, während das Wasser von der Krempe ihres schrecklichen Huts tropfte. Angesichts ihres Schweigens sank ihm das Herz, und er begann schon zu fürchten, dass das die ganze Antwort war, die er bekommen sollte, da stürzte sie mit einem erstickten Schrei aus der Kutschtür auf ihn zu und warf sich in seine Arme.
    Die Luft wich aus seinen Lungen. Er wankte nach hinten und zog sie an sich, damit sie nicht im Schlamm ausglitt. Ihre Hände waren hinter seinem Nacken verschränkt, verschoben seinen Hut und zogen seinen Kopf nach unten, aber erst als ihre Lippen die seinen fanden, wurde ihm klar, was sie zu tun gedachte. Seinen Mund vor Leidenschaft verschlingen, ungestüm und fordernd. Er ergab sich benommen, öffnete ihrer drängenden Zunge die Lippen. Sie kostete, schmeckte, neckte, liebte ihn. Schließlich löste sie sich von ihm, hob das Gesicht zum Himmel und stieß ein ungestümes Lachen aus. Sie sah in ihren Trauerkleidern jünger und atemberaubender aus, als eine Frau überhaupt das Recht hatte.
    »Ist das ein Ja?«, wollte er wissen.
    »Ja, ja, ja!«, schrie sie und wandte ihm ihr regennasses

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