Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)
Bett, wie sie es eigentlich erwartet hatte, war keines da, aber der Boden war mit Teppichen und Bergen von opulenten Kissen bedeckt, umstanden von drei orientalischen Diwanen.
»Es kann eigentlich kaum überraschen, dass sich in diesem Herrenhaus solche Boudoirs finden«, sagte sie und versteckte ihre Nervosität hinter Sarkasmus. »Es passt gut zum Durcheinander der Architektur.«
Raeburn sah mit unergründlichem Gesicht auf. »Und zum Hausherrn?« Er machte die Ofentür wieder zu und sperrte das Licht weg. »Der Raum ist der Exzentrik meines Vorgängers entsprungen – einer von mehreren, die relativ schnell wieder in bewohnbaren Zustand versetzt werden könnten. Manche behaupten, dass er ein Turmzimmer wie das hier benutzt hat, um seine Frau gefangen zu halten.«
»Tun sie das?«, sagte Victoria matt. Sie stellte sich eine ätherische Dame vor, die langsam verrückt wurde, während sie einsam ihre Tage und Nächte verbrachte, die Krähen, die unten auf den Zinnen ihre Nester bauten, die einzige Gesellschaft.
Der Herzog störte ihre Überlegungen mit einem unwürdigen Schnauben, das Victoria nur als Hohn auffassen konnte. »Er hatte keine Frau.« Seine schattenhafte Gestalt richtete sich auf, und er kam durch den Raum auf sie zu. »Lassen Sie sich das eine Lektion sein: Die Leute glauben alles, so lange es nur hinreichend romantisch oder dramatisch klingt.«
Victoria bog den Kopf zurück. »Glauben Sie mir, ich brauche keine derartigen Lektionen.« Er war so nah, dass sie ihn riechen konnte – den Duft seines Rasierwassers und darunter seinen eigenen, so sinnlich und berauschend, wie sie ihn sich vorgestellt hatte. Sie nahm sich mit aller Kraft zusammen, bevor sie dem Drang nachgeben konnte, die Augen zu schließen und ihn einzusaugen.
Sie spürte, wie seine Hand ihren Arm berührte. Er führte sie zu einem der niedrigen Sofas und zog sie neben sich nach unten.
»So etwas von geschmacklos«, erklärte sie eisig und versuchte die Wärme zu verdrängen, die Raeburns Nähe brachte.
Er erstarrte, und sie dachte einen Moment, er sei verärgert. Doch als er antwortete, hörte sie eine gewisse Erheiterung heraus. »Unzweifelhaft.«
Sie spürte seine Beine an ihren Rockreif drücken, hörte, über den Regen und den eigenen Herzschlag hinweg, das Flüstern seiner Bewegungen. Ihr wurde klar, dass er versuchte, sie einzuschüchtern. Sie sollte sich klein, schwach und hilflos fühlen. Ärgerlicherweise war er nicht ganz erfolglos. Sie blieb erstarrt sitzen, doch er machte keine Anstalten, sie anzufassen.
Endlich, als die Stille unerträglich wurde, räusperte sie sich. »Ich würde es zu schätzen wissen, wenn Sie eine Kerze anmachten.«
Wieder wurde es neben ihr unvermittelt still. Und wieder lag eine provozierende Heiterkeit in seiner Stimme, als er antwortete. »Sicher würden Sie das, aber ich ziehe heute Abend die Dunkelheit vor.«
Sie schüttelte den Kopf und sprang auf. Raeburn packte sie am Handgelenk und brachte sie zum Stehen, bevor sie noch zwei Schritte getan hatte. Sie geriet aus dem Gleichgewicht und landete in einem Gewirr aus Röcken halb auf seinem Schoß, ihr Ellenbogen stieß gegen etwas Weiches, ihr Kopf gegen etwas Hartes. Raeburn ächzte.
»Das war mein Kopf«, geiferte sie und rieb sich den Scheitel.
»Das war mein Kinn«, erwiderte er mit verzerrter Stimme, »und mein Magen.«
»Geschieht Ihnen Recht«, murmelte sie. Die Verlegenheit ließ sie kindisch werden.
Sie versuchte, sich von seinem Schoß zu winden. Er gestattete ihr zwar, sich aufzurichten, hielt sie aber weiter fest an sich gedrückt.
»Euer Gnaden«, protestierte sie. »Ich bin es nicht gewohnt, auf diese Weise... gehandhabt zu werden.« Aber seinen Körper so zu spüren, untergrub ihren Zorn bereits, und ihrer Stimme mangelte es an der beabsichtigten Bissigkeit.
»Euer Ladyschaft«, erwiderte der Herzog, den Mund ganz nah an ihrem Ohr. »Muss ich Sie erst an unseren Vertrag erinnern?«
»Nein, gewiss nicht, Euer Gnaden.« Einzig der Schauer, der ihr über den Rücken lief, strafte die strenge Würde ihrer Worte Lügen.
Seine Arme umschlossen sie so unerbittlich wie eiserne Bänder, und sie war sicher, dass seine Lippen so hart wie seine Stimme waren, so hart wie der Rest des Körpers, an den er sie presste. Du musst wütend sein, flüsterte ihr Gewissen. Als sittsame Lady hätte sie sich missbraucht fühlen müssen. Aber eine sittsame Lady hätte mit dem Herzog nie diesen törichten Handel abgeschlossen. Und sie war
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