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Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Rebellin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce
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Seine Miene war verschlossen, aber Victoria glaubte ein Flackern zu sehen, nur für den Bruchteil einer Sekunde, bevor er den Kopf wegdrehte. Es erweckte in ihr einen schmerzlichen Widerhall, über den sie nicht genauer nachdenken wollte.
    »Das Haus ist Ihnen sehr wichtig, nicht wahr?«, fragte Victoria leise. »Sie mögen diesen jungen Architekten Webb entdeckt haben, der es für Sie konzipiert, aber er konzipiert es doch nicht nur für Sie, sondern auch mit Ihnen?« Sie sprach langsam, überlegte beim Sprechen den Gedanken. »Es ist Ihnen so wichtig, weil Sie so viel von sich selbst hineingelegt haben – sogar Ihre Träume, auch wenn Sie das erst bemerkt haben, als es zu spät war.«
    Sogar im Viertelprofil konnte sie erkennen, dass sein Kinn sich straffte. »Und?«, sagte er gepresst, als wolle er den Schlag provozieren, weil er ohnehin unausweichlich war.
    Ein Schlag, den sie nicht zu führen beabsichtigte.
    »Ich mag das Haus«, sagte sie fast schüchtern.
    Er sah sie mit einem Anflug von Überraschung an, dann blitzte ein Lächeln auf und zupfte an seinem Mundwinkel – nicht die leere Grimasse von vorhin, sondern ein echtes, wenn auch winziges Lächeln. Für einen Moment verloren seine Augen ihr herbes höhnisches Blitzen und leuchteten warm und grün.
    »Es freut mich, Sie das sagen zu hören«, sagte er, und er schien über das Eingeständnis fast überrascht zu sein. Aber er fand zu seinem Gleichmut zurück und versteckte seine offenherzige Anwandlung hinter einem teuflischen Grinsen. Er nahm ihre behandschuhten Hände und zog sie zu sich.
    Victoria spürte die Röte in die Wangen steigen, und tief in ihr machte sich Panik breit. Verführung, ja – sie wusste um ihre Situation. Aber in seinen Augen lag eine Wärme, die nicht ausschließlich sinnlich war, und das ließ sie sprachlos werden. Sie fühlte sich benommen. Und voller Angst.
    Sie zog ihre Hände weg. »Euer Gnaden, ich habe das nicht gesagt, um Ihnen zu schmeicheln. Ich habe das gesagt, weil es stimmt.« Sie drehte sich um und ging weg, den Flur hinunter.
    Am Treppenabsatz holte Raeburn sie ein. Er packte sie am Ellenbogen und drehte sie zu sich herum.
    Sein Blick war kalt und forschend. »Jetzt verstehe ich langsam«, murmelte er, die Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Er strich ihr mit rauem Finger eine Strähne aus dem Gesicht, und sie erzitterte.
    »Lassen Sie mich los.«
    »Alles zu seiner Zeit«, konterte er, doch er ließ sie augenblicklich los. Während sie nebeneinander die Treppe hinabgingen, sprach er wieder über die Renovierungsarbeiten, als sei zwischen ihnen nichts geschehen. Seine Stimme nahm so schnell wieder einen beiläufigen Tonfall an, dass sie sich verloren und desorientiert vorkam.
    Unten angekommen, blieb er stehen und sah sie an. Das spöttische Zucken seines Mundes verriet ihr, dass seine Gedanken woanders waren als seine Worte. Victoria hatte auf der letzten Stufe gezögert und sah ihm direkt in die Augen – eher sogar nach unten, denn auf der Stufe stehend war sie gute fünf Zentimeter größer als er. Doch als er sprach, passten seine Worte nicht zu seinem provozierenden Gesichtsausdruck.
    »Ich muss noch mit Harter sprechen, Mylady. Ich treffe Sie bei der Kutsche.«
    Und damit war sie entlassen.
    Victoria starrte seinem breiten Rücken hinterher. Er erwartete vermutlich, dass sie auf der Stelle zur Kutsche ging und auf ihn wartete. Doch ihr Widerstandsgeist regte sich, und sie schlenderte quer durch den Raum zu einer Tür an der Außenwand. Ein kleiner Schubs reichte, und sie stand im hinteren Garten des Witwenhauses.
    Oder in dem, was früher vielleicht ein Garten gewesen war. Inzwischen hatte das wirre, zertrampelte Unkraut bereits die Tür erreicht. Der Umriss des verwahrlosten Brunnens war unter dem Würgegriff des Stechginsters kaum zu erkennen. Dahinter befand sich Gestrüpp, und die Baumgruppe darüber war verwildert. Das Hämmern und Sägen war laut zu hören, aber die Handwerker waren von dieser Ecke des Hauses aus nicht zu sehen. Die Reglosigkeit des Gartens ließ den Lärm klingen, als käme er aus einer anderen Welt.
    Sie raffte die Röcke und trat vorsichtig hinaus. Ihre scharlachroten Strümpfe waren sofort vom taufeuchten Gras durchnässt, aber das kümmerte sie plötzlich nicht mehr. Der regenschwangere Wind berührte ihr Gesicht, und sie wollte nur noch durch den heruntergekommenen Garten laufen, sich in das Wäldchen stürzen und auf den nächsten Baumstamm klettern. Als wäre sie wieder zehn

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