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Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Rebellin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce
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sah den Lakaien finster an, doch seine Verärgerung schien an der Situation zu liegen, nicht an dem Mann. »Sein Vater ist vor ein paar Jahren gestorben, woraufhin sein Bruder den Dienst quittiert und den Bauernhof übernommen hat. Mein Großonkel war nicht in der Lage, ihn zu ersetzen.«
    »Aber Sie doch sicher«, gab Victoria zurück.
    Raeburn häufte sich eine große Portion Kaninchenragout auf den Löffel. »Und das werde ich auch. Sobald das Witwenhaus fertig ist, stelle ich so viele Dienstboten wie nötig ein.« Er streifte den Anzug des Mannes mit verächtlichem Blick. »Und ich werde auch für die angemessene Livree sorgen.«
    »Das wird ein Anblick!«, sagte Victoria bissig und unversöhnlich. »Man stelle sich vor! Ein Herzog mit vollständigem Personal!«
    »In der Tat«, stimmte er so höflich zu, dass Victoria sich wegen ihrer sarkastischen Bemerkung wie eine Närrin vorkam und ihr Zorn sich legte.
    Sie aßen wortlos weiter, bis Raeburn einwarf: »Und was haben Sie auf Ihrem langen Spaziergang so alles gesehen?«
    »Vor allem, was von den Gärten übrig ist. Jede Menge einheimischer Flora und Fauna, einschließlich Mrs. Peasebodys, falls man sie dazurechnen kann.«
    Sein Mundwinkel zuckte. »Ich denke schon.«
    Victoria wollte ihn schon nach Annie fragen, ließ es, mit Blick auf den Lakaien, aber bleiben. Stattdessen sagte sie: »Ich habe auch eine Ruine gesehen, gleich in der Nähe der Gärten.«
    »Ah«, sagte Raeburn. »Das ist Rock Keep. Wenn das kein Glück ist, in Zeiten, wo sich alle irgendwelchen Unsinn in den Garten bauen, eine echte Ruine in der Nähe zu haben.«
    »Gewiss. Wem hat sie gehört?« Victoria stocherte in den breiigen Karotten und Kartoffeln herum, die im Ragout schwammen.
    Raeburn zuckte die Schultern. »Verschiedenen Kastellanen und königlichen Beamten. Es war nie ein Erbgut – zu nah an Raeburn gelegen, meiner Meinung nach. Die alten Lords haben alles getan, damit die jeweiligen Herren ihnen treu ergeben waren.«
    »Ziemlich zynisch, aber ich kann nicht sagen, dass ich es ihnen vorwerfen würde.«
    Raeburn hob das Glas zu einem ironischen Toast auf seine Vorgänger. »Wie wahr.« Er nahm wieder einen Löffel von dem Ragout. »Interessiert Sie das?«, fragte er plötzlich.
    »Die Festung?« Victoria zögerte. »Offen gesagt, ja.« Sie lächelte selbstkritisch. »Ich bin nie auf eine von diesen Erkundungsausflügen gegangen, für die sich so viele junge Leute begeistern.«
    »Aber Sie wünschten, Sie wären es.« Es war keine Frage.
    »Gelegentlich, ja. Wenn ich mir alt und dumm vorkomme.«
    Er zog die Augenbrauen hoch. »Oder tollkühn und jung.« Er streckte die Hand über den Tisch und streichelte kurz die ihre.
    Victorias Erröten hatte nichts mit Verlegenheit zu tun, aber alles mit dem hungrigen Glitzern in seinen Augen. »Oder tollkühn und jung.«
    Sie schwiegen eine Zeit lang, dann sagte Raeburn: »Ich werde versuchen, mir Zeit zu nehmen, und begleite Sie hin, falls das Wetter es zulässt.« Er sah von seinem Ragout auf. »Das Reitkostüm, dass ich für Sie bestellt habe, sollte morgen früh fertig sein.«
    Sein Ton war so beiläufig, aber Victoria wusste, dass das Angebot ihm nicht leicht fiel. Sie empfand es als Beschwichtigung, als Friedensangebot, weil er zu der Frage, die sie so gerne gestellt hätte, hartnäckig schwieg. »Das würde mir sehr gefallen.«
    »Gut«, sagte er schroff, legte die Gabel neben den leeren Teller, schob den Stuhl zurück und erhob sich. »Jetzt muss ich mich einem Aktenband aus dem siebzehnten Jahrhundert widmen, um den Disput um einen Grenzverlauf zu schlichten, den zwei meiner Pächter austragen.« Er runzelte die Augenbrauen. »Das dürfte ein erquicklicher Nachmittag werden. Wenn Sie mich entschuldigen würden, Eure Ladyschaft.« Er verbeugte sich knapp und drehte sich um.
    »Aber sicher«, murmelte Victoria, als die Tür hinter ihm zufiel. Doch sie konnte sich nicht verkneifen, über sein abruptes Verschwinden enttäuscht zu sein. Sie seufzte, stocherte in den Resten ihres Essens herum und ließ ihre Unzufriedenheit am Kaninchen aus.

11. Kapitel
     
    Byron war durstig, erschöpft und schlecht gelaunt. Er hatte jede Schublade und jedes Regal im Arbeitszimmer der Henry-Suite abgesucht und sogar die Räume, die den Hausherren aus den Tagen der Lancasters und Yorks als Privatgemächer gedient hatten. Nichts.
    Jetzt war er in der Bibliothek, dem letzten Ort, an dem sich die Unterlagen befinden konnten, auch wenn Gott wusste, dass von

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