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Rebellin unter Feen

Titel: Rebellin unter Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. J. Anderson
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Baby in einem fort und machte beruhigende Laute, bis ihr der Hals wehtat, doch vergeblich. Sie war einfach nicht als Mutter geeignet und würde es diesem Kind nie recht machen. Verzweiflung, Wut und Enttäuschung stiegen in ihr auf, bis sie fast weinte, und immer noch wollte das Baby nicht leise sein …
    Klinge nahm eine Decke und warf sie sich über die Schulter, um das Geschrei zu dämpfen. Dann eilte sie mit dem Baby aus dem Zimmer und zwei Treppen tiefer. Unten angekommen, stürzte sie auf eine Tür zu und hämmerte dagegen, bis diese knarrend aufging und ein wirrer roter Haarschopf erschien.
    »Was ist?«, fragte Winka schläfrig.
    »Du musst mir helfen, bitte«, keuchte Klinge. »Ich habe viele Felle, du kannst nach Belieben daraus auswählen, und ich schenke dir auch sonst, was du willst. Linde hört nicht auf zu schreien. Ich weiß nicht, was ihr fehlt, ich weiß nicht, wie ich sie …«
    Winka streckte wortlos die Arme aus, und Klinge reichte ihr das zappelnde, brüllende Baby. Sobald sie es abgegeben hatte,hatte sie das Gefühl, als falle eine zentnerschwere Last von ihr ab. Aufatmend sank sie gegen den Türrahmen.
    »Das arme Ding hat Schmerzen«, sagte Winka und wickelte Linde aus. »Hast du die Windel überprüft? Vielleicht sticht sie eine Nadel.«
    »Ich habe nachgesehen«, murmelte Klinge erschöpft. »Mir ist nichts aufgefallen.«
    Winka hob das Baby an ihre Schulter. »Dann sind es wahrscheinlich Blähungen. Die hattest du nach dem Schlüpfen auch. Ich kümmere mich schon um Linde, geh du ruhig wieder schlafen.«
    Klinge starrte sie an. »Meinst du das – ernst?«
    »Natürlich«, antwortete Winka ungewohnt fest. »Du bist dazu nicht in der richtigen Verfassung. Du siehst aus, als seist du die ganze Nacht hinter einem Dachs hergewesen. Ins Bett mit dir und lass dich erst wieder morgen Vormittag blicken. Am späten Vormittag. Dann unterhalten wir uns weiter. Gute Nacht.« Sie schob Klinge in den Gang.
    »Warte«, sagte Klinge, »was willst du dafür …«
    Die Tür fiel ins Schloss.
    Klinge kehrte in ihr Zimmer zurück, machte die Tür zu und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Sie rutschte an der Tür nach unten, landete mit einem Plumps auf der Matte und legte die Stirn auf die Knie. Ihre Befürchtung war zur Gewissheit geworden: Sie würde Paul McCormick nicht mehr besuchen können. In den nächsten Jahren musste sie sich ständig um Linde kümmern, und bis dahin hatte Paul sie vergessen. Die Königin hatte ganze Arbeit geleistet.
    Eine feuchte Kälte kroch durch die Ritzen der Fensterläden und über den Boden. Klinge stand mit steifen Gliedern auf und ging zum Bett. Die glühende Kohlenpfanne zog sie neben sich. Sie setzte sich. Die Strohmatratze knirschte unter ihrem Gewicht.Tränen brannten ihr in den Augen, als sie an die sorgfältig darunter versteckten Zeichnungen dachte – sie waren jetzt wertlos, denn Paul würde sie nie sehen. Auch ihre Notizen zu Heides Tagebuch nützten ihr nichts mehr – sie konnten höchstens noch als Erinnerung daran dienen, dass sie mit ihrer Suche nach der Vergangenheit ihres Volkes gescheitert war.
    In einem Anfall von Verzweiflung zerrte Klinge die Matratze zur Seite, sammelte die Zeichnungen ein und warf sie auf die Kohlenpfanne. Rauch stieg auf, gefolgt von knisternden Feuerzungen, die rotgolden an den Blättern leckten und sie verschlangen. Nur einige schwarze Ascheflocken blieben übrig. Klinge zog die Matratze wieder an ihren Platz, legte sich hin, wickelte sich fröstelnd in die Felle und schlief endlich ein.
    Doch sie kam auch ohne das schreiende Baby nicht zur Ruhe. In ihren Träumen versank Paul McCormick immer tiefer im schwarzen Wasser. In stummer Verzweiflung streckte er die Hände aus, während sie selbst mit Linde im Arm am Ufer stand und vorgab, ihn nicht zu sehen. Paul ertrank, und sie kehrte zur Eiche zurück, von der allerdings nur ein geschwärzter Stumpf übrig war, über dem am Himmel die Krähen kreisten.
     
    »Ich sagte doch, du sollst ausschlafen«, schimpfte Winka, als Klinge früh am nächsten Morgen vor ihrer Tür stand. »Hörst du denn auf niemanden?«
    Klinge antwortete nicht, schlüpfte an ihr vorbei und sah sich im Zimmer um. Die Hängelampe brannte und badete es in gelbem Licht, das Baby war nirgends zu sehen.
    »Hier«, sagte Winka und zeigte unter den Nähtisch. Dort lag in einer Wiege aus Zweigen und geflochtenen Gräsern Linde. Sie hatte die Augen geschlossen, und der kleine Mund war selig entspannt. »Sie schläft

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