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Rebellin unter Feen

Titel: Rebellin unter Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. J. Anderson
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Malsachen herausgeholt und zu malen begonnen. Tagsüber war er mit Schularbeiten und den Mahlzeitenmit seinen Eltern beschäftigt, die Abende dagegen waren für die Kunst reserviert – und für Klinge.
    Klinge schwebte im siebten Himmel, doch wusste sie tief im Innern, dass dieses Glück nicht von Dauer sein konnte. Sie hatte abends beim Verlassen der Eiche mehr als einmal das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden, und wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ihre Besuche bei Paul aufflogen.
    Das Klügste wäre gewesen, dem Haus eine Weile fernzubleiben. In der Vergangenheit war sie auch allein zurecht gekommen, warum sollte es nicht wieder gehen? Doch Paul nicht mehr zu sehen fiel ihr unerwartet schwer. Ihre Nachforschungen zur Vergangenheit des Eichenvolks waren zum Erliegen gekommen, der alte Wermut ließ sich nicht mehr blicken und auch sonst gab es kaum etwas zu jagen. Malve machte sich seit Neuestem einen Spaß daraus, Klinge bei jeder Gelegenheit das Essen zu verderben. Sie gab ihr die ältesten Brotkanten und Eintopf mit Knochen- und Knorpelstücken. Klinge tat ihr Bestes, sich durch diese Schikanen nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, doch bald hatte sie das Gefühl, platzen zu müssen, wenn sie nicht jemandem ihr Herz ausschütten konnte – also nahm sie ihre Besuche bei Paul wieder auf.
    Wenig später fielen die letzten welken Herbstblätter vom Baum, und die Eichenwelt lag nasskalt und leblos unter dem wolkenverhangenen Himmel. Klinge kehrte gerade von einer erfolgreichen Jagd zurück. Sie war schwer mit Fleisch beladen. Da rief zwischen den Wurzeln der Eiche laut eine Stimme: »Komm rein, Klinge, schnell!«
    »Was ist denn los?« Klinge ließ ihren Ranzen vor der zwischen den Wurzeln versteckten Tür fallen und spähte nach drinnen, konnte aber nicht erkennen, wer sie gerufen hatte. Sie klopfte sich den Schmutz von den Stiefeln und duckte sich unter dem Türsturzhindurch. Im Gang drinnen empfing sie ein unerwartetes Gedränge.
    »Was ist denn hier los?«, fragte Klinge die Fee neben sich, bei der es sich um Pusteblume handelte. Pusteblume war ganz rot im Gesicht.
    »Lindes Eitochter schlüpft«, antwortete sie atemlos.
    »Oh!«, rief Klinge.
     
    Im Brutzimmer herrschte drückende Hitze. Klinge zog ihren Mantel aus und achtete darauf, dass sie dabei nicht die glühende Kohlenpfanne hinter sich streifte. Verbrennen würde sie sich sowieso, solange die anderen in ihrem Übereifer, das Ei zu sehen, wie verrückt drängelten. Sie winkelte die Ellbogen vom Körper ab, drängelte ihrerseits und verschaffte sich etwas mehr Platz. Jetzt mussten die anderen nur noch aufhören zu quietschen und zu schnattern wie eine Schar Eichhörnchen.
    Amaryllis trat, ganz in Purpur gekleidet und mit Stechpalmenzweigen bekrönt, an die Stirnseite des Raums und gebot mit erhobener Hand Schweigen. Augenblicklich verstummte der Lärm, und nur noch das Scharren zahlloser Füße war zu hören.
    »Wir sind hier versammelt, um einem Wunder beizuwohnen: dem Beginn eines neuen Lebens«, rief sie mit ihrer volltönenden Stimme. »Betrachtet es mit Staunen, denn siehe –«, sie streckte den Arm zum Tisch aus und Lichtblitze schossen von ihren Fingerspitzen und hüllten das Ei ein, »– es ist soweit!«
    Das Ei erzitterte, und tiefrote Adern waberten über seine Oberfläche. Mit angehaltenem Atem beobachteten die Feen, wie die Schale sich in einem zischenden Funkenregen auflöste. Ein gelockter Kopf erschien, weiße Ärmchen mit Grübchen wurden sichtbar und unter dem angezogenen Kinn verschränkte Hände. Staunende Rufe wurden laut. Dann sah man durch den Funkenregenhindurch zwei rundliche Beinchen. Der letzte Rest der Schale verschwand, und das Kind fiel mit einem jämmerlichen Laut auf die Kissen.
    »Es soll zu Ehren seiner Vorgängerin Linde heißen«, rief Amaryllis.
    »Linde«, wiederholten die Feen.
    »Jedes Kind braucht eine Mutter«, fuhr die Königin fort und ließ den Blick über die Feen wandern. »Diese Aufgabe erfordert Mut, Tatkraft und unermüdliche Wachsamkeit. Sie ist für unser Überleben von allergrößter Wichtigkeit und darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden …«
    So fuhr sie noch eine Zeitlang fort, ohne auf die durchdringenden Schreie des Kindes zu hören. Klinge verlagerte ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen und unterdrückte ein Gähnen. Warum musste die Königin ausgerechnet um diese Zeit eine Rede halten? Und in diesem heißen Zimmer! Bei der großen Gärtnerin! Hier drinnen

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