Rebellion des Herzens
seinen noch einen Freudenschrei hinzu und lief zu Jenny, um sie in seine Arme zu schließen. So hatte sie es ihm eigentlich nicht sagen wollen. Genau betrachtet hatte sie nicht einmal geglaubt, überhaupt eine Chance zu bekommen, es ihm zu sagen. Und seine Freude entschädigte sie ein wenig für den Zorn auf ihre und seine Eltern.
»Ein Baby«, wiederholte R. J. und setzte sich auf eine Holzkiste, um diese Neuigkeit zu verdauen. »Wenn das nicht dem Faß den Boden ausschlägt.« Dann sah er Dorothys schockierten Gesichtsausdruck und grinste. »Hast du das gehört, Dotty? Wir werden uns ein Enkelkind teilen.«
Dorothy warf ihm einen unwilligen Blick zu. »Wer hat etwas von teilen gesagt? Dein Junge kann zu mir kommen und auf meiner Ranch leben.«
»Den Teufel wird er tun!« Mit einem Ruck war R. J. wieder auf den Beinen. »Dein Mädchen wird ihr Baby auf meiner Ranch bekommen, oder ich werde …« Er mußte sich unterbrechen, da ihm einfach keine Drohung einfiel, die dieser besonderen Situation angemessen zu sein schien.
Dorothy machte sich sein Schweigen zunutze, um ihn in die Enge zu treiben. »Jetzt ist sie also plötzlich willkommen?«
R. J. ignorierte diese Bemerkung und beharrte stur auf seiner Meinung: »Eine Frau gehört zu ihrem Mann.«
Dorothy baute sich vor ihm auf und stieß ihm so fest mit dem Finger in die Brust, daß er wieder auf die Holzkiste zurückfiel. »Nicht, wenn sie von ihm geschieden ist.«
»Ach, zum Teufel, Dotty, du kannst doch nicht immer noch …«
»Kann ich nicht?«
»Hört auf damit, alle beide«, sagte Jenny, die sich ein wenig von Clayton löste, obwohl er keine Anstalten machte, seinen Arm von ihrer Taille zu nehmen, eine Geste, mit der er allen anderen klarmachen wollte, daß sie zusammengehörten. »Wo ich mein Baby bekomme, ist meine Angelegenheit, und vielleicht werde ich sogar ganz aus Texas weggehen, um es zur Welt zu bringen – jedenfalls, wenn ich nicht endlich ein paar Antworten bekomme. Die Wahrheit, Ma, und keine Ausflüchte mehr.«
Dorothy hatte sich umgedreht, um ihre Tochter anzusehen. Hinter ihr hörte sie R. J. murmeln: »Wo, zum Teufel, hat sie bloß diesen Schneid her?«
»Woher, zum Teufel, glaubst du?« erwiderte Dorothy so leise, daß nur er es hören konnte, bevor sie ihre Schultern straffte und sich daran machte, ihrer Tochter die geforderten Erklärungen zu geben: »Wir haben uns einmal geliebt, dieser alte Trottel und ich.«
Das war zuviel für Frazer, dessen Sinn für Humor mit Macht wiederkehrte. Morgan beugte sich vor, um ihn mit einem Tritt zum Schweigen zu bringen. Das funktionierte nicht, also ging Clayton zu ihm hinüber und verpaßte ihm einen Kinnhaken.
Damit war die Ruhe endlich wiederhergestellt, lange genug jedenfalls, um Jenny die Gelegenheit zu geben, das auszusprechen, was alle bewegte: »Doch nicht du und R. J.!«
»O ja, ich und R. J.«, sagte Dorothy mit sichtbarer Verärgerung. »Also, willst du es nun hören oder nicht?«
»Ich werde dich nicht mehr unterbrechen«, versicherte Jenny.
»Wir hatten vor, zu heiraten …«
»Du und R. J .?«
»Jenny!«
»Oh, entschuldige, ich kann einfach nichts dagegen tun, Ma. Du haßt diesen Mann doch!«
»Das habe ich nicht immer getan«, verteidigte sich Dorothy. »Es gab eine Zeit, da hätte ich diesen Hurensohn erschossen, wenn er eine andere Frau auch nur angesehen hätte. Das Schlimme war, daß er noch verrückter und eifersüchtiger war als ich. Und eines Tages kam er vorbei und sah mich mit Nat Catlin, dem Vorarbeiter meines Vaters, auf der Veranda sitzen. Ich tätschelte ihm gerade mitleidig die Hand, weil er kurz zuvor die Nachricht bekommen hatte, daß seine Mutter gestorben war, und er war zutiefst verstört deswegen.
R. J. zog allerdings voreilig falsche Schlüsse, lief davon und betrank sich. Er war schließlich so betrunken, daß er in jener Nacht zurückkam und mich und Nat in die Kirche brachte, wo er uns dazu zwang, zu heiraten. Er hatte sich irgendeine verrückte Idee in den Kopf gesetzt, daß er mich am gleichen Tag zur Ehefrau und Witwe machen wolle, nur daß er ohnmächtig wurde, bevor er dazu kam, den Teil seines Planes in die Tat umzusetzen, der sich mit meiner Witwenschaft beschäftigte. Und Nat war keineswegs ein Ehrenmann. Ihm machte es gar nichts aus, mich zu heiraten. Und zwar, weil es ihn vom Vorarbeiter zum Boß beförderte und ihm einen Anteil am Profit versprach, den die Ranch abwarf. Er war nicht bereit, sich von mir scheiden zu lassen, obwohl er
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