Rebellion des Herzens
erwartete. Sein Pferd war weg. Er war weg. Und Cassie setzte sich hin und weinte.
Als sie es endlich schaffte, sich die Tränen wegzuwischen, beschloß sie, daß sie wohl doch nicht den Mut gehabt hätte, Angel zu bitten, bei ihr zu bleiben, selbst wenn er ihr die Gelegenheit dazu gegeben hätte. Es war etwas Schreckliches, zurückgewiesen zu werden. Sie sollte sich glücklich schätzen, daß sie sich diese Erfahrung erspart hatte. Warum nur fühlte sie sich bei diesem Gedanken kein bißchen besser als vorher?
Sie ließ sich sehr viel Zeit, während sie auf die Scheune zuging, obwohl es ihr ziemlich egal war, in welcher Verfassung sie ihre Mutter dort vorfinden würde. Sie wollte nur nicht wieder über Angel reden müssen, jedenfalls jetzt nicht. Und tatsächlich wurde ihr eine kurze Gnadenfrist gewährt, aber nur, weil ihre Eltern noch immer schliefen -Seite an Seite auf einem Bett aus Heu.
Cassie dachte sich nichts weiter dabei, als sie sie so nahe beieinander fand. Sie ließ einfach nur die Türen offenstehen und ging zurück ins Haus. Aber nachdem sie gebadet und sich umgezogen hatte, klopfte ihre Mutter auch schon an ihre Tür.
»Das war wirklich eine Gemeinheit, was du deiner Mama gestern angetan hast, Cassie«, waren Catherines erste Worte.
»Ich weiß«, erwiderte Cassie leidenschaftslos und ließ sich in ihren Lesesessel fallen. »Ich hätte statt dessen besser Angel und mich im Schuppen eingeschlossen.«
»O nein. Dein Vater hat schon ganz recht. Wir werden dich nicht noch einmal mit diesem Mann allein lassen.«
»Darüber braucht ihr euch keine Gedanken mehr zu machen«, entgegnete Cassie mit leiser Stimme, während sie ihre Knie ein wenig anhob, um ihr Kinn darauf zu legen. »Er ist schon weg.«
»Gut.«
»Warum ›gut‹? Du kennst ihn nicht einmal, Mama.«
»Natürlich kenne ich ihn«, erwiderte Catherine. »Jeder in Wyoming kennt ihn.«
»Du sprichst von seinem Ruf. Aber du weißt nicht, wie er wirklich ist.«
»Und ich habe nicht die Absicht, das herauszufinden. Dein Vater hat mir erzählt, was geschehen ist. Ich will nur …«
Cassie blickte überrascht auf. »Du hast mit Papa geredet?«
»Versuch nicht, das Thema zu wechseln«, erwiderte Catherine streng. »Ich habe noch eine Frage an dich. Warum, um alles in der Welt, hast du diesen Leuten erzählt, er sei dein Verlobter?«
»Weil er drauf und dran war, ihnen zu sagen, wer er wirklich ist, und in diesem Augenblick waren die Gemüter ohnehin schon zu erregt. Ich hatte Angst, sie würden auf die falsche Idee kommen und glauben, ich hätte ihn engagiert, um gegen sie zu kämpfen.«
»Genau das hätte er auch tun sollen. Das ist immerhin sein Job.«
»Mama, ich habe die ganze Sache angefangen«, sagte Cassie wütend.
»Und nach allem, was ich gestern abend gehört habe, hast du ja auch wirklich genügend Verwirrung gestiftet. Nun, es ist ganz egal, warum es zu dieser Hochzeit zwischen dir und Angel gekommen ist. Es wird leicht genug sein, das Ganze rückgängig zu machen, und wir werden uns, noch bevor wir Texas verlassen, darum kümmern.«
»Nein.«
Catherine baute sich drohend vor ihrer Tochter auf. »Was meinst du mit nein?«
Cassie ließ ihren Kopf wieder auf ihre Knie fallen. »Ich habe Angel versprochen, daß ich warten würde, bis ich wieder zu Hause bin – für den Fall, daß ich auf ein Baby Rücksicht nehmen muß.«
»Ein … o Gott, warum fühle ich mich plötzlich wie diese arme Frau von gestern abend – wie war doch gleich ihr Name? Dotty?«
»Dorothy Catlin«, sagte Cassie. »Aber es ist ja nur eine Möglichkeit, Mama.«
»Nur?«
Catherine beugte sich vor, bis sich ihre Köpfe beinahe berührten, und legte den Arm um Cassie, so wie sie dasaß. »Mein armes Kind. Es ist tapfer von dir, daß du nicht darüber weinst. Und warum hat dein Vater mir von diesem Teil der Geschichte nichts erzählt – oder weiß er nicht, daß der Mann dich vergewaltigt hat?«
Cassie entzog sich der Umarmung ihrer Mutter, um entrüstet klarzustellen: »Mama, er hat nichts dergleichen getan.«
»Nicht?« sagte Catherine verwirrt. Dann änderte sich ihr Ton plötzlich. »Nun, was zum Teufel soll das jetzt wieder heißen?«
»Das heißt, daß er es offensichtlich nicht nötig hatte.«
Diese Tatsache mußte Catherine erst einmal verdauen, ebenso wie den nüchternen Tonfall, in dem sie geäußert wurde. »Cassandra Stuart«, begann sie warnend. »Wag es ja nicht, dazusitzen und mir zu sagen …«
»Mama, es ist jetzt wohl ein wenig zu
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