Rebellion des Herzens
spät für eine solche Lektion, findest du nicht auch?«
Catherine war gezwungen, in diesem Punkt nachzugeben. »Ich nehme an, so ist es.« Dann seufzte sie. »Oh, Baby, was ist nur über dich gekommen, daß du einen so törichten Fehler gemacht hast?«
»Er wollte mich«, sagte Cassie einfach. »Und das ist alles, was in diesem Augenblick für mich wichtig war – nun, das und die Kleinigkeit, daß ich ihn ebenfalls wollte.«
»Ich glaube nicht, daß ich das hören möchte.«
»Ich würde selbst lieber nicht darüber reden«, entgegnete Cassie trostlos. »Ich kann mir nicht einmal vorstellen, warum er mich wollte.«
»Unfug«, protestierte Catherine. »Du bist ein ausgesprochen hübsches Mädchen. Warum sollte er dich nicht wollen?«
Cassie winkte ab. »Du bist meine Mutter, und es ist nur natürlich, daß du so etwas sagst. Aber ich bin mir durchaus bewußt, daß die Männer mich nicht besonders attraktiv finden.«
Catherine schmunzelte. »Und das stört dich?«
»Es ist nicht besonders komisch, Mama.«
»Nun, das ist es wohl doch, denn als ich in deinem Alter war, habe ich genau dasselbe gedacht. Ich hatte keinen einzigen Freier, und das, obwohl es in meiner Stadt Unmengen geeigneter junger Männer gab. Dann hatte ich plötzlich doch einen Verehrer, und nicht nur einen, sondern gleich drei, die es mit ihren Bemühungen, mich zu gewinnen, so ernst meinten, daß es schon peinlich wurde. Ich konnte nirgendwo hingehen, ohne daß nicht einer oder zwei von ihnen auch dort auftauchten, manchmal sogar alle drei gleichzeitig.
Es gab natürlich eine Menge Gezänk und Eifersüchteleien, obwohl diese Männer zufällig ihr ganzes Leben lang befreundet waren. Schließlich kam es dann sogar zu einem offenen Kampf, wobei einer von ihnen es mit den beiden anderen gleichzeitig aufnahm. Er gewann nur mit knapper Not, aber ich fand es so romantisch, daß ich noch am selben Tag seinen Antrag annahm. Das war dein Vater.«
»Du kannst dich wohl kaum mit mir vergleichen, Mama. Du bist zufällig eine wunderschöne Frau.«
»Und du glaubst immer noch, du wärest es nicht? Nun, dann will ich dir ein Geheimnis verraten, Baby, ein Geständnis, das dein Vater mir eines Tages gemacht hat. Er sagte, daß ich in seinen Augen immer hübscher geworden sei, daß er eines Tages bemerkt habe, daß ich hübscher sei, als er geglaubt hatte. Weißt du, wir hatten einander schon jahrelang gekannt, und er hat mir vorher niemals besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Er sagte übrigens auch, daß er mich später bei jeder Begegnung noch ein wenig hübscher fand, bis er schließlich dachte, ich müsse die schönste Frau sein, die er je gesehen hatte.«
»Willst du mich auf den Arm nehmen, Mama?«
»Das würde mir nicht im Traum einfallen. Ich versuche nur, dir zu erklären, daß dein Aussehen ein wenig ungewöhnlich ist und daß man eine gewisse Zeit braucht, um es schön zu finden, genauso wie es damals bei mir der Fall war. Als ich älter wurde, veränderte sich mein Gesicht und paßte sich irgendwie ein wenig mehr den traditionellen Vorstellungen an. Ich nehme an, es wird dir ähnlich ergehen, und es wird auch nicht mehr lange dauern, bis die Männer dich schon auf den ersten Blick entzückend finden und nicht erst Wochen später.«
Cassie konnte nicht anders, sie mußte lachen. »Das ist eine hübsche Geschichte, Mama, aber ich kaufe sie dir nicht ab.«
»Nein? Nun, ich schätze, dieser Revolverheld war lange genug in deiner Nähe, um genau diese Erfahrung zu machen. Am Ende hat er dich wahrscheinlich sogar ausgesprochen hübsch gefunden. Du kannst dir nicht vorstellen, warum er dich wollte? Nun, wenn du mich fragst, der Mann konnte einfach nicht dagegen an.«
Cassie errötete, aber nur, weil sie sich so sehr wünschte, ihre Mutter hätte recht. Sie hatte natürlich nicht recht, und in gewisser Weise spielte es jetzt ja auch keine Rolle mehr.
Sie sprach ihre Gedanken laut aus. »Es spielt keine Rolle mehr. Er ist weg, und er erwartet von mir, daß ich mich von ihm scheiden lasse.«
»Und wir werden ihn da ganz gewiß nicht enttäuschen«, sagte Catherine fest.
Es war offensichtlich, daß ihre Mutter Angel nicht mochte, aber dieser letzte Seitenhieb ging Cassie gegen den Strich. Doch sie wollte das Thema wechseln und wußte auch genau, wie sie das bewerkstelligen konnte.
»Also, worüber hast du dich mit Papa nach zwanzig Jahren unterhalten?«
»Das geht dich gar nichts an«, erwiderte Catherine und verließ das Zimmer, bevor Cassie
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