Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rebellische Herzen

Rebellische Herzen

Titel: Rebellische Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Dodd
Vom Netzwerk:
tadeln, aber …
    Als sie zögerte, gluckste er. »Natürlich. Ich vergaß. Die Frage ist nur für öffentliche Auftritte gedacht, für leere Konversation ohne Tiefe. Die korrekte Antwort lautet, ›Mein Tag verlief gut, Lady Miss Charlotte. Wie war Ihr Tag?‹«
    »Sehr schön. Danke«, fing sie an. Aber sie konnte seine Bemerkung nicht unbeantwortet übergehen. »Mylord, Konversation ist eine Kunst, die es zwei Menschen gestattet, einander kennen zu lernen und im Reigen der Worte, erst Bekannte, und mit etwas Glück, Freunde zu werden. Niemand möchte seine Seele vor einem flüchtigen Besucher bloßstellen, es sei denn, er wünscht seine tiefsten Geheimnisse zur Erheiterung der Boshaften ausgebreitet zu sehen.«
    Er hielt inne, als er das Brot mit den Händen teilte, und sie dachte, er würde ihre ernste und aufschlussreiche Bemerkung kommentieren. Doch er sagte nur: »Sie sind klug wie immer. Es freut mich zu hören, dass Ihr Tag so gut verlaufen ist. Wenn Sie bitte so freundlich wären, mich über die Fortschritte meiner Kinder zu unterrichten.«
    Sie lächelte ihn an. Dieses Thema barg keine Fallstricke. »Es ist mir eine Freude, Ihre Kinder zu unterrichten, Mylord. Beide sind für ihr Alter in Mathematik voraus, und ihre Fähigkeit Fremdsprachen zu erlernen ist erstaunlich. Sie kommen zügig voran in Naturwissenschaften, Rhetorik, sprachlichem Ausdruck, Zeichnen, und Robbie macht beim Lesen große Fortschritte.«
    Wynter lachte so zufrieden wie jeder Mann, der hörte, dass seine Kinder gelobt wurden, aber nun seufzte er. »Und Leila? Macht sie beim Lesen keine großen Fortschritte?«
    Charlotte schüttelte widerstrebend den Kopf. »Leila liest nicht.«
    »Sie meinen, sie kann es nicht lernen?«
    »Ich meine, sie versucht es nicht.« Charlotte hasste es, über ihre Unzulänglichkeit zu sprechen, aber sie dachte, sie müsse es jetzt der Fairness halber tun. »Es ist meine Schuld, Mylord. Vielleicht bin ich im Umgang mit jüngeren Kindern weniger erfahren als andere Gouvernanten. Ich weiß nicht, warum Leila die Arme verschränkt und sich verweigert. Ich weiß nicht, wie ich sie zum Lesen bringen soll. Ich habe ihr deutlich gemacht, dass sich ihr eine neue Welt erschließen wird, wenn sie lesen lernt.«
    »Sie hört Sie gerne vorlesen.« Wynter nahm einen Bissen Brot und einen Schluck Kaffee.
    »ja, den Kindern und mir hat
Tausendundeine Nacht
besonders gut gefallen. Ich habe ihr gesagt, dass, wenn sie lesen kann, sie nicht mehr auf mich zu warten braucht, um eine neue Geschichte kennen zu lernen. Sie könnte sie dann selbst lesen. Aber sie ist unerbittlich.«
    Seine Augen funkelten, als wüsste er etwas, das sie nicht wusste.
    »Was haben Sie, Mylord? Gibt es etwas, das ich über Leila wissen sollte?«
    Er lächelte und schüttelte den Kopf. »Leila wird lesen, wenn die Zeit gekommen ist.«
    Ein besorgter Ausdruck zeigte sich auf Charlottes Gesicht, und er langte über den Tisch. Verwirrt wich sie zurück. Mit ausgestreckter Hand starrte er sie tadelnd an, bis sie nachgab und sich wieder nach vorne lehnte.
    Dann strich er mit dem Daumen über eine Falte auf ihrer Stirn. »Machen Sie sich keine Sorgen. Vor Ihrer Ankunft hatte ich Bedenken, dass eine Gouvernante die Kinder mit Vorschriften, Belehrungen und Fingertatzen disziplinieren würde, wenn sie mal ungezogen sind, und dass sie sie für ihre Herkunft verachten würde. Sie glauben, ich sähe es nicht, Charlotte, aber ich beobachte Sie und die Kinder sehr wohl, und ich habe mir das Lob über Sie angehört. Ich möchte Ihnen dafür danken, mit wie viel Geschick und Anstand Sie die Kinder auf diese ungewohnten Pfade führen.«
    Sie ließ ihn ihre Stirn und ihre Schläfen streicheln, weil sie glaubte, dass er nicht wusste, dass so eine Zuwendung anstößig war. Sie ließ seine Worte ihren Stolz streicheln, weil … sie sein Lob brauchte. Stets hatte man ihre Befähigung für selbstverständlich gehalten. Nun, da sie fürchtete, ausgerechnet bei denen zu versagen, denen sie am liebsten half, gab Wynter ihr Zuversicht.
    Das alte Kinderzimmer war in Schweigen gehüllt. Die Flammen prasselten, während sie das Holz verzehrten. Die Nacht drängte durch die kahlen Fenster herein, kroch über das Parkett und spielte mit den Teppichfransen. Die flackernden Kerzen warfen einen Umhang aus Licht über die beiden sitzenden Gestalten, die einander innig ansahen. Seine Fingerspitzen glitten über ihre Wange und ihre Nase, streiften die Spitzen ihrer Wimpern, als ob er ihre

Weitere Kostenlose Bücher