Rebellische Herzen
zu ihm?«, fragte Robbie.
»Sobald ich mit Miss Symes darüber gesprochen habe, wie wir ein Kindermädchen finden, das seine Pflichten kennt.«
Leila sah finster drein.
Charlotte kniete sich vor ihr hin. »Leila, ich muss dich um dein Wort bitten, nicht mehr ohne Begleitung auszureiten.«
»Hab doch gesagt, dass du Ärger bekommst«, sagte Robbie.
Leila zuckte ihre dünnen Schultern.
»Leila, bitte.« Charlotte strich leicht über Leilas Haar, dann über ihr Kinn. »Ich hab dich lieb und es macht mir Angst, wenn du allein ausreitest.«
»Ich werde nicht mehr ausbüchsen.« Leila erlaubte Charlotte ihr Kinn anzuheben. »Haben Sie mich wirklich lieb?«
Charlotte sah in dieses schmale, kleine Gesicht. »Sehr lieb.«
O Gott, wie sehr es stimmte. Sie hatte die erste Regel der Gouvernanten gebrochen. Sie hatte sich darauf eingelassen, ihre Zöglinge so zu lieben, als wären es ihre eigenen Kinder. Aber was konnte sie tun? Als sie nicht aufpasste, hatten sich diese Racker in ihr Herz gestohlen. Wenn Wynter Charlotte wirklich hätte verstören wollen, dann hätte er ihr vorgeworfen, dass sie seine Kinder liebte. Es war nicht Wynter, der lauter schmerzhafte Knoten der Sorge in ihr Herz packte, oder ein Gefühl von Stolz in ihr erzeugte. Es waren die Kinder. Natürlich.
Sie hielt ihre Arme weit auf … und wartete eine sehr lange Sekunde.
Leila warf sich als Erste auf sie. Sie umschlang sie wie ein junger Weinstock, der die fehlende Stütze gefunden hatte. »Ich habe Sie auch lieb, Lady Miss Charlotte.«
Robbie kam als Zweiter und umarmte sie so fest, dass es schmerzte. »Ich hab Sie ganz schön lieb, Lady Miss Charlotte.«
Sie hielten ihr die Gesichter hin. Sie küsste sie beide und umarmte sie wieder und nahm zwei laute Schmatzer auf ihren Wangen entgegen. Sie löste sich mit Tränen der Zärtlichkeit aus ihren Armen und hoffte verzweifelt, dass es kein Fehler war, sich offenbart zu haben. Schließlich wurden Gouvernanten leichterhand ersetzt, besonders wenn sie ihren Dienstherren verschmähten. Aber Lady Ruskin hatte versprochen, sie könne während der prägenden Jahre bei den Kindern bleiben, und daran würde Charlotte sie erinnern. Charlotte würde um diese Kinder kämpfen.
Leila berührte eine Träne auf Charlottes Wange.
»Sind Sie nicht glücklich?«
»Sehr glücklich. So glücklich, wie seit vielen Jahren nicht mehr.« Charlotte lächelte sie an und erhob sich. »Ihr habt mich sehr froh gemacht.«
»Treffen Sie jetzt Papa?«, fragte Robbie.
»Unbedingt.« Es würde ihr leicht fallen, denn es war nicht er, den sie liebte. »Sobald ich ein Kindermädchen für euch gefunden habe.«
Kapitel 19
Nachdem sie prompt ein neues Kindermädchen eingestellt und Grania eine Rüge erteilt hatte, schritt Charlotte den Korridor hinab ins alte Kinderzimmer. Es fiel ihr nicht gerade leicht, Wynter gegenüberzutreten, aber es brauchte mehr, um sie einzuschüchtern, als einen Heiratsantrag und die haltlose Behauptung, dass sie ihn liebte. Ihr Entsetzen war nichts als das instinktive Aufbäumen gegen ein weiteres herzloses, unerwünschtes Angebot.
Die Tür stand offen. Charlotte stand im Flur und starrte sie an, straffte ihr Mieder und ihr Rückgrat. Würde, Anmut, Gleichmut. Dies waren die Kardinaltugenden im Umgang mit Wynter. Tatsächlich waren es die Fundamente ihres Charakters.
Als sie eintrat, fand sie das Kinderzimmer leer. Die Sonne schien durch das Fenster auf das ausgetretene Parkett und die alten Vorhänge. Der Teppich, die Kissen und der Tisch waren dicht um den Kamin gruppiert. Charlotte erkannte, dass die Dunkelheit der Nacht und das Flackern des Kaminfeuers dem kahlen Zimmer Atmosphäre verliehen hatten. Der Zauber, den sie hier verspürt hatte, war nichts als ein Taschenspielertrick. »Lord Ruskin?«, rief sie in Richtung der fast geschlossenen Tür am Ende des Zimmers.
Sie war erleichtert, als niemand antwortete. Wenn sie ihn nicht fand, brauchte sie sich nicht einer möglicherweise unangenehmen Szene zu stellen, oder besser gesagt der Fortsetzung der letzten unangenehmen Szene.
Sie verscheuchte entschlossen ihr Unbehagen. Sie ermahnte sich zu Würde, Anmut und Gleichmut. Sie brauchte sich nur an diese Tugenden zu erinnern, und Wynter würde sie nicht mehr aus der Ruhe bringen.
»Lady Miss Charlotte?« Seine Stimme riss sie aus ihren Grübeleien. Er stand in der gewohnten Aufmachung im Türrahmen – Hosen, kragenloses Hemd, ohne Schuhe. Außerdem trug er einen überaus anstößig erfreuten
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