Rebellische Herzen
so unnachgiebig. Er liebkoste sie, als hätte er ein Recht, sie unglücklich zu machen. Wobei ›unglücklich‹ vielleicht das falsche Wort war. Eher … ›verstört‹. Ruhelos. Verzweifelt.
Sie verlagerte ihr Gewicht, um von ihm loszukommen.
Aber sie brachte kaum mehr als einen Schritt zusammen, da hatte er sie schon wieder. »Sie wollen jetzt schon davonlaufen? Ach, Lady Miss Charlotte, wir haben doch noch gar nicht richtig angefangen.«
Sie bemühte sich um einen würdevollen Tonfall und heraus kam unerträglich prüdes Gestammel. »Es wäre mein Wunsch, dass Sie nicht weiter damit fortfahren, mich an dieser Stelle zu berühren.«
»Wie Sie es wünschen, verführerischste aller Sirenen.« Seine Hand glitt zu ihrem Kragen hinauf. Er fingerte an der Brosche herum.
Charlotte entspannte sich wieder und grinste vor sich hin. Als ob er die Brosche mit einer Hand öffnen konnte! Noch nicht einmal sie schaffte das und sie hatte darin schließlich jahrelange Erfahrung.
Der Kragen saß plötzlich locker und die Anstecknadel war fort.
Welcher Trick war das wieder gewesen?
Sie griff sich an den Hals, da hörte sie die Brosche auch schon zu Boden fallen. »Das ist meine!«
»Ich mag diese einschränkende Art der Dekoration nicht.« Er zog den Kragen auseinander.
Diesmal war sie besser auf seine Geschicklichkeit vorbereitet und hielt seine Hand fest, aber er hatte die Perlmuttknöpfe schon mit einer Geschwindigkeit geöffnet, die auch der geübteste Wüstling nicht übertroffen hätte.
»Hören Sie auf!«
»Wie Sie befehlen, Gebieterin meines Schicksals.«
Er kam ihrem Wunsch nach. Aber auch nur deshalb, weil er ihr Kleid schon bis zur Taille aufgeknöpft hatte. Charlotte versuchte sich von seinen Schultern abzudrücken, aber er hielt sie zwischen seinen Knien fest.
Sie fühlte einen Lufthauch als er das Oberteil hinunterstreifte.
Sie zielte in Richtung seines Kopfes. Oder besser gesagt, dahin wo sie seinen Kopf vermutete, nah an ihrem Busen. Sie hatte richtig geraten. Ihre Faust traf ihn am Schädel.
Er knurrte.
Charlotte jammerte und rieb sich die Fingerknöchel.
Er überrumpelte sie von der Seite und es ging abwärts mit ihr.
Sie suchte verzweifelt Halt und hatte keine Ahnung, wo sie landen würde, doch dann fand sie sich auf einer weichen, gepolsterten Unterlage wieder. Einem Sofa? Sie streckte den Arm aus. Einem Sofa ohne Rückenlehne? Das Polster unter ihrem Kopf war hoch gestellt. Eine Liege, wie gemacht zum Ohnmächtigwerden.
Er war, wie eine unsichtbare Gestalt voller Gefahr und Leidenschaft, über sie gebeugt. »Charlotte«, flüsterte er und schob ihr die Hand unter den Kopf, um sie zu stützen. Wo seine andere Hand sich befand, war ihr ein Rätsel. Sie versuchte, sich herauszuwinden, aber sein Knie klemmte ihren Rock fest. Sie war gefangen. Von seinem Knie und von … Leidenschaft? Neugier? Sie wusste nur noch, dass sie dabei war, dem Reiz des Neuen zu erliegen und ihre ungebührlichen Empfindungen auszukosten.
Wenn sie sich mit ihm nur hätte sicher fühlen können. Wenn sie nur überzeugt gewesen wäre, dass er innehalten würde, wenn ihre Grenze erreicht war. Aber nein. Dieser Mann würde sie immer weiter treiben und viel zu schnell. Sie musste sich das augenblicklich klar machen. Es galt, nicht den Kopf zu verlieren, seinem verführerischen Akzent nicht zuzuhören, wie er sanft ihren Namen sagte und gar nicht zu bemerken, wie seine langen Finger den Ausschnitt ihres Unterkleides entlangwanderten.
»Charlotte.« Sein Stimme war auf einmal ganz nah.
Sie brauchte all ihre Kraft, um seinen Kuss zu ignorieren. Auf die Lippen, dann auf die nackte Brust.
»Nein.« Sie krallte die Hand in seine Haare und zog.
»Kleines Biest!« Er schloss die Lippen um ihren Nippel und sog ihre Brustspitze in den Mund, um sie mit der Zunge zu liebkosen.
Charlotte atmete schwer aus. Sie legte ihm die Hände auf den Hinterkopf. Ihr Rücken tat weh. Einen wundersamen Moment lang verließ sie die Vernunft. Trieb und Gefühl hatten sie triumphierend im Griff und sie wimmerte vor Vergnügen.
Dann meldete sich wieder ihr Verstand. Sie hielt Wynters Gesicht an sich gepresst. Sie drängte seinem Mund entgegen wie ein leichtes Mädchen. Sie stöhnte. Hatte sie sich wirklich so sehr vergessen, dass sie gestöhnt hatte? Sie wusste, sie hatte. Das Echo füllte immer noch die stille, dunkle Kammer. Und im tiefsten Inneren schmerzte das Verlangen.
Das hatte er also gemeint, als er gesagt hatte, er würde sie zum Betteln
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