Rebus - 09 - Die Sünden der Väter
dem Finger auf das Kassettengerät. »Kommt noch viel?«
»Nein, nicht viel.«
Rebus schaltete wieder ein.
HOGAN: Als Sie sich im Restaurant trafen - lief es da wie gewohnt ab?
COLQUHOUN: Ja, durchaus. Namen, Daten... Länder, durch die ich auf dem Weg vom Kontinent nach Großbritannien angeblich geschleust worden war.
COLQUHOUN: Hat er Ihnen gesagt, wie man das bewerkstelligt hatte?
COLQUHOUN: Er sprach von einer »Rattenlinie«. Er meinte, sie werde vom Vatikan organisiert - ausgerechnet! Und die westlichen Regierungen würden alle unter einer Decke stecken und gemeinsam versuchen, hochrangige Nazis - Wissenschaftler und Intellektuelle - dem Zugriff der Russen zu entziehen. Ich meine, ehrlich... das ist doch Ian Fleming plus John Le Carre hoch zwei, oder?
HOGAN: Aber er ging dabei sehr ins Detail?
COLQUHOUN: Schon, aber das ist bei Zwangsneurotikern häufig zu beobachten.
HOGAN: Es gibt Bücher, die die gleichen Theorien vertreten, an die Professor Lintz glaubte. COLQUHOUN: Ach ja?
HOGAN: Nazis wären heimlich nach Übersee geschafft worden... Kriegsverbrecher vom Galgen gerettet... COLQUHOUN: Na gut, ja, aber das sind doch bloß Geschichten. Sie glauben doch nicht ernsthaft...?
HOGAN: Ich trage lediglich Informationen zusammen, Dr. Colquhoun. In meinem Beruf werfen wir nichts weg.
COLQUHOUN: Ja, das ist mir klar. Das Problem ist, die Spreu vom Weizen zu trennen. HOGAN: Sie meinen, die Lügen von der Wahrheit? Ja, das ist ein Problem.
COLQUHOUN: Ich meine, die Geschichten, die man über Bosnien und Kroatien so hört... Schlächtereien, systematische Folterungen, Schuldige, die auf unerklärliche Weise verschwinden... Es ist schwer zu sagen, was davon stimmt .
HOGAN: Nur noch eins, bevor wir Schluss machen... Haben Sie eine Ahnung, was aus dem Geld geworden ist? COLQUHOUN: Was für Geld?
HOGAN: Das Lintz von seiner Bank abgehoben hat. Fünftausend Pfund in bar. COLQUHOUN: Davon höre ich zum ersten Mal. Ein weiteres Motiv?
HOGAN: Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Dr. Colquhoun. Kann sein, dass sich ein weiteres Gespräch als notwendig erweisen wird. Es tut mir Leid, aber Sie hätten uns nicht anlügen dürfen, das erschwert unsere Arbeit beträchtlich.
COLQUHOUN: Es tut mir Leid, Inspector Hogan. Das verstehe ich durchaus, aber ich hoffe, Sie können nachvollziehen, warum ich es getan habe.
HOGAN: Meine Mama hat mir immer eingeschärft, nie zu lügen, Sir. Danke noch einmal. Rebus sah Hogan an. »Ihre Mama?«
Hogan zuckte die Achseln. »Vielleicht war's auch meine Oma.«
Rebus trank seinen Kaffee aus. »Wir kennen also eine der Personen, mit denen Lintz im Restaurant war.«
»Und wir wissen, dass er Colquhoun verfolgte.«
»Steht er unter Verdacht?«
»Ist nicht gerade so, dass ich mich vor Verdächtigen nicht retten könnte.«
»Gutes Argument, aber trotzdem...«
»Sie glauben, er ist sauber?«
»Ich weiß nicht, Bobby. Es klang so, als habe er alles auswendig gelernt. Und am Schluss war er erleichtert.«
»Sie meinen, ich hab noch nicht alles aus ihm rausgeholt? Ich könnte ihn noch einmal herbestellen.«
Rebus dachte nach: die Geschichten, die man so hört... Schuldige, die auf unerklärliche Weise verschwinden . Nicht Geschichten, die man liest , sondern solche, die man hört ... Von wem konnte er sie gehört haben? Von Candice? Jake Tarawicz?
Hogan rieb sich die Nase. »Ich brauche einen Drink.«
Rebus ließ seinen Becher in einen Papierkorb fallen. »Mitteilung empfangen und verstanden. Apropos, was Neues von Abernethy?«
»Er nervt gewaltig«, sagte Hogan und wandte sich ab.
26
»Er ist auf seinem Posten«, sagte Claverhouse, als Rebus ihn anrief, um nach Jack Morton zu fragen. »Wir haben ihm eine verwanzte Ein-Zimmer-Bleibe in Polwarth besorgt. Für seine Uniform Maß genommen, und jetzt gehört er offiziell zum hauseigenen Sicherheitsdienst.«
»Weiß sonst noch jemand Bescheid?«
»Nur der Oberboss. Er heißt Livingstone. Wir haben gestern Nacht eine lange Session mit ihm gehabt.«
»Werden es die übrigen Sicherheitsleute nicht seltsam finden, dass da ein wildfremder Typ bei ihnen auftaucht?«
»Die zu beruhigen ist Jacks Sache. Er war da ganz zuversichtlich.«
»Wie lautet seine Legende?«
»Heimlicher Trinker, erklärter Zocker, Ehe im Eimer.«
»Er trinkt gar nicht.«
»Ja, hat er mir gesagt. Ist aber egal, solange alle glauben, dass er's tut.«
»Hat er sich eingespielt?«
»Ist dabei. Er wird Doppelschichten fahren. Auf die Art kann er häufiger
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