Rebus - 09 - Die Sünden der Väter
ist«, erklärte er, »dass da immer welche reingeraten.« Sie musterte ihn. »Wie geht's dir zur Zeit?«
»Wie immer.«
»So schlimm?«
»Ist meine Bestimmung.«
»Aber Lintz hast du doch vom Hals, oder?«
Rebus schüttelte den Kopf. »Es besteht die vage Möglichkeit, dass er was mit Telford zu tun hatte.«
»Du glaubst immer noch, dass Telford hinter Sammys Unfall steckt?«
»Telford oder Cafferty.«
»Cafferty?«
»Um es Telford anzuhängen, genau so wie jemand versucht hat, mir Matsumoto anzuhängen.«
»Du weißt, dass du noch nicht aus dem Schneider bist, oder?«
Er sah sie an. »Eine interne Untersuchung? Die Männer mit den Gummisohlen?« Sie nickte. »Lass sie nur kommen.« Er beugte sich vor, rieb sich die Schläfen. »Kein Grund, warum man sie von der Party ausschließen sollte.«
»Welcher Party?«
»Der in meinem Kopf. Der Party, die niemals aufhört.« Das Telefon klingelte, und Rebus streckte sich hinüber zum Schreibtisch, um abzunehmen. »Nein, er ist nicht da. Kann ich ihm etwas ausrichten? Hier ist DI Rebus.« Eine Pause; er sah Gill Templer an. »Ja, ich bearbeite den Fall.« Er fand Stift und Papier, fing an zu schreiben.
»Hmm, ich verstehe. Ja, klingt ganz danach. Ich sag's ihm, sobald er wieder zurück ist.« Augen, die sich in ihre bohrten . Dann die Auflösung: »Wie viele, sagten Sie noch mal, sind tot?«
Bloß der eine. Ein anderer war entkommen, in der Hand den Arm, den man ihm fast abgehackt hatte. Später war er in einem Krankenhaus gelandet, wo man ihn mit einer Operation und einigen Litern Blutkonserven notversorgt hatte.
Am helllichten Tag. Nicht in Edinburgh, sondern in Paisley. Telfords Heimatstadt, der Stadt, die er noch immer regierte. Vier Männer, wie städtische Straßenbauarbeiter gekleidet. Aber anstelle von Spitzhacken und Schaufeln waren sie mit Macheten und einem großkalibrigen Revolver bewaffnet. Sie hatten zwei Männer in eine Siedlung hineingehetzt. Kinder, die auf Dreirädern spielten; einen Ball die Straße langkickten. Frauen, die sich aus ihren Fenstern lehnten. Und erwachsene Männer, die es in den Fingern juckte, sich gegenseitig wehzutun. Eine Machete schwang nach oben, sauste hinunter. Der Verletzte rannte weiter. Sein Freund versuchte, über einen Zaun zu springen, war nicht sportlich genug. Eine Handbreit höher, und er hätte es geschafft. So blieb er mit einem Fuß hängen und stürzte. Er stemmte sich gerade wieder hoch, als der Lauf des Revolvers seinen Hinterkopf berührte. Zwei Schüsse, ein feiner Sprühregen von Blut und Hirnmasse. Die Kinder spielten nicht mehr, die Frauen schrien, sie sollten weglaufen. Aber etwas Positives hatten diese zwei Schüsse bewirkt. Die Jagd war vorüber. Die vier Männer machten kehrt und trotteten die Straße entlang auf einen wartenden Lieferwagen zu.
Eine öffentliche Hinrichtung, mitten in Tommy Telfords Heimatrevier.
Die zwei Opfer: stadtbekannte Geldverleiher. Der im Krankenhaus hieß »Wee« Stevie Murray, zweiundzwanzig Jahre alt. Der in der Leichenhalle war Donny Draper - seit seiner Kindheit als »Curtains«, »Vorhang« - bekannt. Man würde Witze darüber reißen. Curtains wäre in zwei Wochen fünfundzwanzig Jahre alt geworden. Rebus hoffte, dass er das Beste aus seinem kurzen Erdenleben gemacht hatte.
Die Polizei von Paisley wusste von Telfords Umzug nach Edinburgh, wusste, dass es dort gewisse Probleme gab. Also war Chief Superintendent Watson höflichkeitshalber informiert worden.
Der Anrufer hatte gesagt: Die Männer waren zwei von Telfords aufgewecktesten und besten. Der Anrufer hatte gesagt: Von den Tätern hatte man nur sehr vage Personenbeschreibungen.
Der Anrufer hatte gesagt: Die Kinder machten den Mund nicht auf. Ihre Eltern schirmten sie aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen ab. Nun, mag sein, dass sie mit der Polizei nicht redeten, aber Rebus bezweifelte, dass sie sich noch weiter zieren würden, wenn Tommy Telford ihnen einen Besuch abstattete.
Das war übel. Das bedeutete Eskalation . Brände und zusammengeschlagene Männer ließen sich wieder ausbügeln. Aber Mord... Mord katapultierte den Hasspegel auf ein weit höheres Niveau.
»Hat es einen Sinn, noch mal mit ihnen zu reden?«, fragte Gill Templer. Sie saßen in der Kantine, vor nicht angerührten Sandwiches.
»Was glaubst du?«
Er wusste, was sie dachte. Sie redete, weil sie glaubte, Reden sei immer noch besser als Nichtstun. Er hätte ihr den Rat geben können, sich die Mühe zu sparen.
»Sie haben eine Machete
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