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Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Titel: Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kachelmann , Miriam Kachelmann
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könnten, reden mit wenigen Ausnahmen einer verurteilungswütigen Staatsanwaltschaft und den dazugehörigen Richtern nach dem Munde.
    Mir scheint, die Medienvertreter vor Gericht sind halt eben die, bei denen die Redaktionen froh sind, wenn sie aus dem Haus sind und keinen größeren Schaden anrichten. Lieber sollen sie mit ihren Texten wohlige Schauer an den Frühstückstischen der braven Bürger verursachen: Die Welt ist in Ordnung, die Verbrecher werden gefangen und zu möglichst vielen Jahren verurteilt, damit sie auf den Straßen nicht weiter anstrengen. So versuchen die Gerichtsreporter der meisten deutschen Medien einfach nur das gruselige Gefühl zu erzeugen, dass das Verbrechen immer und überall ist, aber dass Polizisten und Staatsanwälte mit eiserner Hand durchgreifen – wenn sie nicht von dummen Gutachtern und Ärzten daran gehindert werden, am besten halb Deutschland einzusperren.
    Wer im Knast ist, kann sich nicht wehren. Die Umstände, unter denen U-Häftlinge mit Unschuldsvermutung in Mannheim, und womöglich nicht nur dort, ihr Dasein fristen, spielen in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit keine Rolle. Niemand berichtet über die vielen kleinen Schicksale, das routinemäßige Sorgerechtsentziehen. Das gesunde Volksempfinden glaubt unter tatkräftiger Mithilfe der Bild -Zeitung zu wissen, dass es den Verbrechern noch viel zu gut geht. Aus diesem Grund durfte der neue Freizeithof der JVA Mannheim nicht aktiv kommuniziert werden. Die Knastchefs hatten offenbar Angst vor den örtlichen Medien, die wohl sofort wie Bluthunde knurrend an der Kette gezerrt hätten, wenn der feine Sand vom Beachvolley ballfeld bekannt geworden wäre: Gefängnis ist doch kein Urlaub – da hätte Bild -Mannheim sicher angeschlagen und den Volkszorn auf Vordermann gebracht, der den meisten Medien opportun scheint: Im Knast hat Zucht und Ordnung zu herrschen.

Die ersten Tage
    In den ersten Tagen gab es mehrere Versuche, mich mit immer neuen Zellengenossen zusammenzulegen. Es herrschte bezüglich meines Zellendaseins eine große Nervosität, und der U-Haft-Chef wollte mich auf seinem (untersten) Stockwerk behalten, wo er auch sein Büro hat. So war ich also im Stockwerk I/ 1 (die römische Eins steht für den U-Haft-Trakt im Mannheimer Sternbau aus dem vorletzten Jahrhundert). Der dortige Reiniger, im Knast Schänzer genannt, eine Art Vorarbeiter unter den Knastis, war in den ersten Tagen des Haftschocks durchaus hilfreich: Es ist nicht ganz einfach, an Sachen heranzukommen, mit denen man das von diversen Vorgängern dauerhaft zugeschissene Zellenklo putzen kann, auch Schreibpapier und Stifte gibt es nicht ohne Einkaufsmöglichkeit, die allerdings erst nach Wochen möglich ist. Das Land Baden-Württemberg hat alles gestrichen, sollen doch die Verbrecher selbst gucken, wo sie die Dinge des täglichen Bedarfs herbekommen.
    Und solche Sachen hat eben der Schänzer. Er erhält immer mal wieder ein kleines Kontingent solcher wertvollen Dinge von der Knastverwaltung, und wenn man freundlich ist zum Reiniger, dann ist er auch zum Bittsteller freundlich und verteilt unter der Hand auch mal einen Einwegrasierer (ebenfalls wegrationiert; wer sich rasieren will, muss zahlen) oder das rosafarbene Kalk lösende Mittel, ohne das man das Klo nicht sauber bekommt. Ob ich nun eher Prominenter oder nett war zum ebenso netten italienisch-deutschen Schänzer, auf alle Fälle bekamen wir, der junge angebliche BtM-Verdächtige (so werden im Knast diejenigen genannt, die wegen Drogengeschichten eingebuchtet wurden; BtM ist die Abkürzung für »Betäubungsmit tel«) und ich, mit Zahnbürsten und Zahnpasta ein paar Dinge, die uns das Leben als frisch Eingefahrene erleichterten. Ja, selbst Zahnbürsten muss man neuerdings kaufen; wer kein Geld hat, ist halt selber schuld in Mannheim.
    Und ich bekam in Rekordzeit einen Wasserkocher; das war nun wirklich ein Promibonus, das dauert normalerweise länger. Wer einen Wasserkocher hat, hat heißes Wasser, sonst gibt’s das nicht oder meist nur einmal am Tag beim Hofgang aus dem Hahn in der Küche, wo das Wasser eher warm als heiß ist. So konnten wir Tee kochen, und Tee war so ziemlich das Einzige, was ich in den ersten Tagen runterbekam. Das Mittagessen war gut, aber der Magen war nicht bereit zum Essen. Ich war im Knast, unschuldig.
    Zum Promistatus gehörte auch, dass ich am Montag zum Knastdirektor gerufen wurde, wo man mir mitteilte, dass die Bild schon angerufen hätte und alles wüsste. Ich musste

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