Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)
Mit breiter öffentlicher Unterstützung ohnehin.
Abb. a
Dinkel wusste, dass sie mit dem 6. September 2010 in gewisser Weise schon gewonnen hatte, dass ich wohl auch bei einem Freispruch nie mehr dorthin kommen würde, wo ich vorher gewesen war. Und mit dem Vorsitzenden Richter Michael Seidling und Vater Walter Dinkel, den beiden Sportskameraden, mit der rührenden Fürsorge durch die Kripo Schwetzingen, der geballten Verbohrtheit der Mannheimer Staats anwaltschaft, feministischen Fürsprecherinnen in der Bild und einem ihr zugetanen Therapeuten, der sich für sie prozessual mächtig ins Zeug legte – was sollte da für Claudia Simone Dinkel schiefgehen können?
Der Kröber
Etwas, das für die Anzeigeerstatterin schiefgehen konnte, kam am Nachmittag des 6. September 2010 in mein Leben in Gestalt eines Gut achtens des Berliner Professors Hans-Ludwig Kröber, einem forensischen Pychiater, der mit der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens zur Frage der Aussagetüchtigkeit von Claudia Dinkel beauftragt worden war. Ich war mit dem Birkenstock’schen Landrover schon stadtauswärts unterwegs (aus Sicherheitsgründen fuhr immer ich), als der Anruf von der Justizdienststelle kam, dass das Gutachten abholbe reit sei. Mir klopfte das Herz bis zum Hals (ich hatte noch während der Knastzeit jedem Gutachten prinzipiell mit Vorfreude entgegengesehen; nachdem ich erlebt hatte, wie die Mannheimer in Schwarz das Greuel- Gutachten zurechtgebogen hatten, war ich nicht mehr so euphorisch), während ich wartete, dass Birkenstock das Gutachten holte, und es dauerte, bis der Verteidiger kam und gleich mal die beruhigenden Worte sagte: »Es sieht gut aus.«
Ich kann sehr schnell lesen und begann, das mehr als fünfzig Seiten starke Papier durchzublättern und die schönsten Stellen zu zitieren. Und immer, wenn ich dachte, dass es schöner nicht mehr kommen könnte, fand sich eine noch bessere Passage. Wow, das Kröber-Gutachten! War er doch der professionelle und objektive Gutachter, wie er landauf, landab gelobt wird! Staatsanwaltschaft und Gericht hatten ja mit all den Gutachten der ersten Wochen und Monate ihre liebe Not, keins hatte ihnen geholfen. Entweder kamen die Gutachter bezüglich der Verletzungen zu dem Schluss, dass eine Selbstbeibringung wahrscheinlich sei, oder sie stellten fest, dass Dinkel wahrscheinlich log – sogar die Bremer Professorin Luise Greuel, die so eine Art Frauen- und Feminismusbeauftragte des deutschen Gutachterwesens zu sein scheint, fand Dinkels Aussage nicht belastbar. Nur ein kleiner Mann aus Heidelberg, der sich vor allem mit Verkehrsmedizin auskannte und für das, was er zu begutachten hatte, nach eigenen Angaben nur minimale Erfahrung mitbrachte (und genau deshalb hatte ihn die Staatsanwaltschaft Mannheim vermutlich ausgewählt), ein gewisser Prof. Dr. Rainer Mattern, kam zum Ergebnis, dass man es so, aber auch anders sehen könnte. Im Juristenlatein: non liquet. Auf Deutsch: Nichts Genaues weiß man nicht.
Weil eben nichts da war.Von Anfang an gab es keine DNA von mir an dem angeblichen Tatmesser, bloß die Staatsanwaltschaft Mannheim beziehungsweise deren Statthalter Grossmann behauptete den Medien gegenüber das Gegenteil. Und dieselben Medien, die durch die Staatsanwaltschaft oder andere gezielt mit Prozessunterlagen versorgt wurden, waren wiederum offenbar zu faul, diese ganz zu lesen, und dann typischerweise überrascht, als spät, sehr spät im Prozess der Zeuge des Landeskriminalamts genau dasselbe sagte, was schon ganz am Anfang in den Akten in seinem Gutachten von April 2010 festgehalten worden war: keine mir zuzuordnenden DNA -Spuren. Und die DNA -Spuren der Nebenklägerin befanden sich an der falschen Stelle, an der Klingenschneide nämlich, die die Schürfung am Hals hundertprozentig nicht verursacht hatte. Dazu dann noch die eindeutigen aussagepsychologischen Gutachten – das alles ließ selbst für dieses Gericht nur den Schluss zu: Mit der Dinkel-Aussage war nichts mehr zu machen. Also musste Superseidler her. Prof. Dr. med. Günter H. Seidler, seines Zeichens Leiter der Sektion Psychotraumatologie am Universitätsklinikum Heidelberg und einer der merkwürdigeren Professoren unter der Sonne – in Heidelberg scheint nicht nur die Polizeidirektion geistig im Wilden Westen stehen geblieben zu sein, auch das Verteilen von Professorentiteln scheint anderen Gesetzen zu gehorchen als in anderen Teilen der Bundesrepublik – anders ist für mich die Verleihung der
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