Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)
nicht hasse. Unter normalen Umständen wäre sie niemals damit durchgekommen. Sie hatte einfach nur das vorläufige Glück, dass ihre wahrheitswidrigen Behauptungen auf den fruchtbaren Boden von unsäglich naiven Schwetzinger Polizisten, unsäglich verfolgungswütigen Mannheimer Staatsanwälten und unsäglich überforderten Mannheimer Richtern fielen. Das sind hochgefährliche Allianzen, die es dort schon länger gibt und die es wert wären, durch einen Untersuchungsausschuss durchleuchtet zu werden.
Ich hatte nie Anfälle von Jähzorn in meinem Leben. Aber ich hätte mir in solchen Paparazzisituationen, vor allem, wenn die Kinder mit dabei waren, gewünscht, es gäbe ein Recht darauf, sich und seine Familie zu verteidigen. Ich habe Verständnis, wenn ich lese, dass irgendwo ein Promi einem Paparazzo eins aufs Maul gegeben hat. Ich selbst würde es allerdings nicht tun, weil eben diese Aggression nicht in mir wohnt und ich eher Fluchttendenzen entwickle und versuche, die Typen so auszutricksen, dass sie nicht wissen, wo ich bin. Andrea Combé, meine wunderbare Verteidigerin, von der noch die Rede sein wird, hat es immer mit Müh und Not geschafft, keinen zu überfahren, obwohl sich die Fotografen oft regelrecht vors Auto geworfen haben, damit man nicht schnell in die Tiefgarage des Mannheimer Unrechtsgebäudes fahren konnte.
Ich hatte befürchtet, dass die Kinder nach meiner langen Abwesenheit und der in meiner Knastzeit versuchten negativen Beeinflussung durch Viola Sch. fremdeln würden. Doch wir hatten eine schöne Zeit, gegen deren Ende das Anstehende allerdings immer dominanter wurde und sich auf meine Seele legte: der Abschied von den Kindern. Und nach dem Rückflug blieb nur noch eine Woche bis zum Prozessbeginn. Ich verabschiedete mich von den Jungs mit dem Versprechen, dass ich im November wiederkäme, da der Prozess Ende Oktober vorbei sein würde.
Ich hielt Versprechen Nummer eins. Dass ich Versprechen Nummer zwei um sieben Monate verfehlen würde, hätte ich mir nie vorstellen können und wollen. Das war vielleicht ganz gut so, denn womöglich wäre ich doch verzagt gewesen oder hätte einmal kurz daran gedacht, zwar in die Schweiz zurückzukehren, aber gleich dortzubleiben. Gar nicht erst nach Mannheim zu gehen zum Prozessbeginn am 6. September 2010, das habe ich mir manchmal als Gedankenspiel vor dem Einschlafen vorgestellt, real kam es aber nie in Betracht. Ich wusste, dass ich damit nicht nur mir, sondern auch meiner Firma schaden würde, und ich hatte von Verteidigerin Combé gelernt, dass die Schweizer Justiz bei Falschbeschuldigerinnen ähnlich blind reagiere wie die aus Mannheim (und anderen Gegenden, die mein Verteidiger Johann Schwenn, der häufig mit diesen Fällen zu tun hat, aus beruflichen Gründen leider kennenlernen musste). Das ist ein Problem für Männer der gesamten westlichen Hemisphäre.
Teil V
Der Prozess beginnt
06.09 . 2010 Prozessbeginn vor dem Landgericht Mannheim unter Anwesenheit der Nebenklägerin Claudia Dinkel. Kachelmanns Verteidiger Birkenstock stellt einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Michael Seidling und die Berichterstattende Richterin Daniela Bültmann. Daraufhin wird das Verfahren auf den 13.09.2010 vertagt.
Das Gutachten von Prof. Kröber liegt vor.
13.09 . 2010 Zweiter Prozesstag. Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge verliest die Anklageschrift und beschuldigt Jörg Kachelmann, Dinkel mit einem Messer bedroht und vergewaltigt zu haben.
15.09 . 2010 Am dritten Prozesstag beginnt nach einer Unterbrechung der Verhandlung wegen neuer Anträge der Verteidigung die Beweisaufnahme. Der Mitschnitt des Notrufs von Claudia Dinkel bei der Polizei wird vorgespielt. Miriam muss als Erste der »Beziehungszeuginnen« aussagen. Die Öffentlichkeit wird ausgeschlossen. Miriams Vernehmung wird am Abend abgebrochen und auf einen zweiten Termin vierzehn Tage später vertagt.
29.09 . 2010 Zweite Aussage von Miriam, ebenfalls unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
06.10 . 2010 Der von der Verteidigung beauftragte rechtsmedizinische Gutachter Prof. Dr. Bernd Brinkmann, der in seinem Gutachten davon ausgeht, dass sich Claudia Dinkel ihre Verletzungen selbst beigebracht habe, wird von der Kammer in einem Befangenheitsantrag abgelehnt.
18.10.2010 Claudia Dinkels Vernehmung beginnt. Auch hier wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen wie bei all ihren weiteren Vernehmungen.
25.10.2010 Zweite Aussage Dinkels vor Gericht.
27.10.2010 Dritte Aussage
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