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Rechtsdruck

Rechtsdruck

Titel: Rechtsdruck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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trank den Kaffee mit einem Zug aus, stellte sich vor den Spiegel,
und betrachtete seine zunehmend grauer werdenden Haare an den Schläfen.
    »Sei nicht traurig darüber«, wurde er von Maria getröstet, die seinen
unglücklichen Blick wahrgenommen hatte. »Das ist erst der Anfang, Paul, und besser
wird es nicht mehr werden.«
    »Danke, meine Liebe, das ist genau das, was ich jetzt gebraucht habe.
Machst du mir als Wiedergutmachung noch einen Kaffee?«
    »Wieder einen Espresso?«
    »Nein, einen längeren, sonst kann ich gleich ins Präsidium joggen.«
    Maria stand auf und griff nach der Tasse, als sein Mobiltelefon klingelte.
    »Ja, Lenz.«
    »Ich bin’s, Thilo. Wie lange brauchst du noch?«
    »Komm mir nicht so am frühen Morgen, Junge. Was ist passiert?«
    »Wir haben eine Leiche.«
    »Was sollen wir damit?«, schnaubte der Hauptkommissar. »Wir haben selbst
genug Leichen am Hals. Soll sich der KDD darum kümmern.«
    »Das machen die schon, aber Lemmi hat darum gebeten, dass wir ins Boot
kommen.«
    Lenz stieß einen leisen Fluch aus. »Wer ist es denn?«
    »Ein junger Staatsanwalt. Hängt in seinem Büro im Justizgebäude an
einem hässlichen, leuchtend roten Seil, sagt Lemmi.«
    »Sprichst du von einem Suizid?«
    »Yepp. Der Bursche hat sich das Leben genommen.«
    Nun lachte Lenz heiser auf. »Was sollen wir denn bei einem Suizid,
Thilo? Da haben wir wirklich Besseres zu tun, und den Selbstmörder kriegen der Lemmi
und seine Jungs garantiert ohne uns geregelt.«
    »Er hat einen Abschiedsbrief hinterlassen, dessen Inhalt für uns von
Bedeutung sein könnte, Paul. Für den Fall, den wir gerade bearbeiten.«
    Nun verstand der Hauptkommissar gar nichts mehr.
    »Ich bin in zehn Minuten unten«, teilte er seinem Kollegen mit, bevor
er das Gespräch beendete.
     
    *
     
    »Ein Staatsanwalt, der sich in seinem Büro aufhängt?«
    »Ja, und jetzt steig ein, mir ist saukalt.«
    Lenz, der noch immer unschlüssig in der geöffneten Tür von Hains kleinem
Cabrio stand, schüttelte den Kopf. »Und Lemmi sagt, dass es für uns interessant
ist, was er aufgeschrieben hat?«
    Hain startete den Motor und legte den ersten Gang ein. »Mach mich nicht
wahnsinnig, Paul. Steig in diese verdammte Karre und fahr mit mir zum Justizpalast,
dann werden wir sehen, ob an der Sache wirklich was dran ist, oder ob Lemmi übertreibt.
Vom hier rumstehen hat keiner was.«
    Lenz beugte sich nach unten. »Vielleicht sollten wir uns trennen? Du
fährst zur Justiz, und ich kümmere mich um die SoKo.«
    »Das machen wir nicht. Der Termin mit den Jungs wegen der SoKo ist
erst in einer Stunde, bis dahin sind wir längst fertig, also los, steig ein.«
    »Ich hasse dich, wenn du so beharrlich bist, Thilo.«
    »Kassel ist in aller Munde«, bemerkte Hain, nachdem er den Mazda in
den Verkehr auf der Wilhelmshöher Allee eingefädelt hatte.
    »Wegen des Suizids eines jungen Staatsanwalts?«
    »Nein«, erklärte Hain, »wegen Justus Gebauer. Ich bin seit vier auf
den Beinen, weil ich nicht schlafen konnte, und hab schon ein bisschen im Internet
gesurft. Es ist kaum zu glauben, aber Gebauer bekommt unheimlich viel Zustimmung
für den Unsinn, den er verzapft.«
    »Von wem denn?«
    »Das geht durch alle Schichten. Was mir allerdings richtig viel Sorge
macht, ist die Tatsache, dass er vom Bildungsbürgertum gelobt wird und viele Kommentatoren
mit ihm einer Meinung sind, also Menschen, denen man eigentlich einen etwas weiteren
Horizont zutrauen könnte.«
    »Ja, Uwe lag mit seiner Meinung schon richtig; nun kommt der unterschwellige
Fremdenhass doch wieder durch. Es hat vielleicht einen wie diesen Gebauer gebraucht,
damit die Leute sich trauen, zu so etwas ja zu sagen.«
    »Da könntest du recht haben.«
    Den Rest der Fahrt brachten sie schweigend hinter sich, und kurz darauf
betraten sie den Haupteingang des Justizgebäudes an der Frankfurter Straße. Zwei
Uniformierte nickten, als sie an ihnen vorüber und in Richtung der Fahrstühle gingen.
    »Dritter Stock«, murmelte Hain.
    »Dann los«, erwiderte Lenz, und forderte den Fahrstuhl an.
    Vor dem Büro, in dem der Tote gefunden worden war, standen ein paar
Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft, die meisten von ihnen hatten Tränen in den Augen.
Daneben erkannten die beiden Polizisten Jürgen Lehmann und einen weiteren Kollegen
vom Kriminaldauerdienst. Nach einer kurzen Begrüßung kam der Kollege zur Sache.
    »Ein Hausmeister, der wegen eines Problems mit der Heizung durch die
Büros gehen musste, hat ihn gefunden, das

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