Rechtsdruck
immer
neuen Firmen, sodass es den meisten Kasselern, die in einem seiner Häuser wohnten,
gar nicht bewusst war, in wessen Tasche ihre Miete tatsächlich floss.
Mit dem Einsetzen der Gastarbeiter-Ära taten sich für Herbert Weiler
neue, lukrative Geschäftsfelder auf. Zunächst brauchten die Männer aus Italien,
Spanien und später der Türkei und Jugoslawien einfache, aber günstige Unterkünfte,
die Weiler unter tätiger Mithilfe von geschmierten Beamten der Baubehörde innerhalb
von Monaten hochziehen konnte. Er erkannte als einer der ersten, dass diese Männer
irgendwann, wenn ihre Familien nachziehen würden, billigen Wohnraum brauchten, und
investierte in Wohnanlagen im direkten Umkreis der Industrieansiedlungen. Der Plan
funktionierte, und nahezu alles, was er anfasste, wurde unter seinen Händen zu Gold.
Dann, 1966, gebar ihm seine zweite Frau den ersehnten Stammhalter.
Obwohl Herbert Weiler aus ärmsten Verhältnissen stammte und sich seinen Weg zu Reichtum
und Wohlstand hatte hart erarbeiten müssen, las er seinem Sohn Frank jeden Wunsch
von den Augen ab, speziell nach dem Tod seiner Frau im Jahr 1977. Frank Weiler hatte
alles, was man sich als Sohn wünschen konnte, und musste nichts dafür tun. Die Geschäfte
liefen gut, die Zahl der Häuser im Weilerschen Imperium wurde von Jahr zu Jahr größer.
Dann erreichte ihn 1999 während eines Urlaubs auf Mauritius die Nachricht vom Tod
des Alten. Seine Trauer hielt sich in Grenzen und wurde mit dem enormen Erbe im
Hintergrund noch erträglicher.
Bis dahin hatte Weiler eine monatliche Summe erhalten, über die er
frei verfügen konnte, größere Anschaffungen wie Autos oder Boote musste er sich
hingegen von seinem Vater genehmigen lassen, was in der Regel kein Problem darstellte,
ihn jedoch nervte.
Noch bevor Herbert Weiler unter der Erde war, hatte sein Sohn die erste
Million D-Mark für zwei Ferraris und ein Boot auf dem Gardasee ausgegeben. Er bezog
die Villa am Brasselsberg, die sein Vater bewohnt hatte, und war von diesem Moment
an der Mittelpunkt des überschaubaren Kasseler Jet-Sets. Die schönste Zeit des Sommers
verbrachte er auf dem Boot in Italien, viele Wochen des Winters stand er in Österreich
oder der Schweiz auf Skiern. Er hatte Frauen, kokste, und wenn er Lust auf etwas
hatte, gönnte er es sich. Manchmal wurde er von seinem Steuerberater kontaktiert,
der ihn höflich darauf hinwies, dass im abgelaufenen Jahr ein negatives Ergebnis
zu verzeichnen war, doch das interessierte ihn nicht, weil er wusste, dass ihm das
Geld aus den Mieteinnahmen der Immobilien bis ans Ende seiner Tage reichen würde,
trotz seines ausschweifenden Lebensstils.
Nachdem er nach einer Schlägertruppe gesucht hatte, die ihm ein paar
renitente Mieter vom Hals schaffen sollte und bei der Freien Gruppe Schwalm-Eder
fündig geworden war, entwickelte sich eine lose Beziehung zur rechten Szene. Weiler
mochte die Leute nicht, doch er war überzeugt davon, dass die Bekanntschaft mit
ihnen sich in irgendeiner Form für ihn auszahlen würde.
Irgendwann nach dem Jahr 2006 überredete ihn ein Freund, in dessen
Geschäft mit Vermietungen von Immobilien auf Mallorca und in anderen Feriengebieten
zu investieren, was den Vorteil hatte, dass Weiler sich die schönsten Objekte selbst
sichern konnte und trotzdem noch Gewinne erwirtschaftete. Er verfügte über erstklassige
Beziehungen zur Politik und bezeichnete sich selbst als guten Freund von Boris Becker,
was der wiederum vermutlich anders sehen würde, denn ein gemeinsamer Abend an der
Bar eines Hotels in Abu Dhabi zementiert noch keine Freundschaft, aber wie auch
immer.
Frank Weiler fuhr die schnellsten Autos der Welt, war Eigentümer eines
Speedbootes mit 1450 PS und auch sonst von allem angetan, was ihm den Kick, wie
er es ausdrückte, verschaffte. Er hatte Bungeejumping und Fallschirmspringen ausprobiert,
war mit einer Expedition auf dem Aconcagua gewesen und hatte, allerdings ohne Erfolg,
an Motorradrennen teilgenommen. Er hielt seinen Körper fit und tat viel dafür, dass
man ihm sein Alter nicht ansah.
Und es gab noch etwas, für das Frank Weiler bereit war, sehr viel Geld
auszugeben: für die Computeranlagen, die er zum Spielen benutzte. Schon seit dem
Beginn der PC-Ära hatte er immer über die neuesten und leistungsfähigsten Rechner
verfügt, und mit den Jahren war auch sein Fachwissen exzellent geworden. Er hatte
alles gespielt und war bereit gewesen selbst in die USA zu fliegen, um sich Games
zu beschaffen, die in
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