Rechtsdruck
beschäftigen. Klar?«
Stille im Saal.
»Ja, klar, RW«, meldete sich Lenz nach einer kurzen Besinnungspause
zu Wort und erklärte im Anschluss Gecks und Wagner die Umstände, die zu ihrem nächtlichen
Treffen geführt hatten.
»Aber warum sollte Frankie Weiler einen bekennenden Neonazi in Ziegenhain
im Krankenhaus besuchen?«, wunderte sich der Pressesprecher. »Der ist nach meinem
Kenntnisstand nie durch rechte Tendenzen aufgefallen.«
»Na ja«, gab Hain zu bedenken, »wie es aussieht, ist er ziemlich dicke
mit Justus Gebauer, und der hat sich heute schon als rechte Socke geoutet.«
»Aber wo ist die Verbindungslinie zwischen Weiler und den Türken?«,
hakte Gecks nach.
»Der Verknüpfungspunkt ist Kemal Bilgin. Schmitt und der junge Türke
hatten eine Prügelei mit daraus resultierenden gegenseitigen Anzeigen. Und Schmitt
hatte wegen der Sache vom Neuenhainer See noch Bewährung. Mit einer weiteren Verurteilung
wäre er für längere Zeit im Knast verschwunden.«
»Bei allem Respekt, Paul«, warf Gecks ein, »aber dann wäre es doch
viel logischer, dass der Neonazi dem Türken was antut, und nicht umgekehrt?«
»Auch wieder wahr«, stimmte Lenz ihm mit einem Blick auf die Uhr über
der Tür zu. »Halb zwölf. Heute Nacht kriegen wir Weiler eh nicht mehr vernommen,
das machen wir morgen früh. Vielleicht hat ja bis dahin auch die Großfahndung nach
dem Killer aus dem Krankenhaus schon was gebracht, und wir können uns die SoKo sparen.«
Lenz war bekannt dafür, dass er lieber in kleinen, überschaubaren Strukturen
seiner Arbeit nachging. Eine Sonderkommission war nach seiner Meinung ein Mittel,
um den Medien und der Öffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen und zu demonstrieren,
dass man den entsprechenden Fall besonders ernst nehmen würde, was jedoch blanker
Unsinn war. Jeder Fall wurde ernst genommen, auch ohne die Einrichtung einer Sonderkommission.
Und die notwendige Anzahl Ermittler und sonstiger Kräfte stand ohnehin immer zur
Verfügung.
»Dann gehen wir jetzt schlafen und treffen uns hier wieder um sieben
Uhr.«
Alle nickten, und kurze Zeit später schaltete Lenz das Licht in seinem
Büro aus und schloss die Tür von außen ab.
*
Maria lag auf der Couch und las, als Lenz die Wohnung betrat. Sie klappte
das Buch zu, stürmte in den Flur und sprang mit vollem Elan in die Arme des Polizisten.
»Hallo, mein Lieber. Ich hab schon gedacht, ich müsste ohne dich ins
Bett gehen«, flüsterte sie ihm ins Ohr.
»Nein, nein, wir hatten nur noch ein paar Dinge im Büro zu besprechen.«
»Aha«, machte sie vielsagend.
»Was heißt aha?«
»Das heißt, dass ich mir Sorgen um dich gemacht habe, nachdem ich vorhin
im Fernsehen den Bericht aus dem Klinikum gesehen habe. Und noch mehr, weil du meinen
Anruf etwas früher nicht angenommen hast. Stimmt es, dass ein Kollege von dir getötet
wurde? Ein Streifenpolizist?«
Lenz nickte erschöpft. »Ja, das stimmt leider.«
»Und ein weiterer Mann ist umgebracht worden, ein Journalist?«
»Ja, das stimmt auch.«
Maria löste sich von ihm und tastete mit ein paar schnellen Bewegungen
vorsichtig seine Arme ab. »Na, wenigstens hast du dir nicht den Streifschuss eingehandelt«,
erklärte sie erleichtert.
»Nein, das war Thilo.«
»Damit willst du mir sagen, dass ihr beide die Polizisten wart, die
sich ein Feuergefecht mit dem Mörder geliefert haben?«
Wieder nickte er. »Ja, das waren wir. Aber mach dir keine Sorgen, es
war garantiert nicht halb so gefährlich, wie es jetzt in den Medien dargestellt
wird.«
»Hm. Nur dass ich es richtig verstehe. Thilo wird angeschossen, nachdem
ein Mann zwei Menschen umgebracht hat, und du willst mir erzählen, dass es nicht
gefährlich gewesen ist?«
Lenz zögerte ein wenig mit seiner Antwort. »Schon, ja.«
»Du spinnst.«
Ein paar Minuten später hatten sie es sich mit einem Glas Wein in der
Hand auf der Couch ihres neuen Wohnzimmers bequem gemacht.
»Eigentlich sollten wir längst im Bett liegen, weil ich morgen wieder
ganz früh raus muss«, gab der Kommissar zu bedenken, »aber ich brauche noch ein
wenig Zeit zum Runterkommen.«
»Alles ist gut«, erwiderte Maria sanft und rollte sich in ihn ein.
»Ich bin froh, dass du gut aus der Sache rausgekommen bist. Ich könnte es nicht
aushalten, wenn dir was passieren würde.«
»Ach, Maria, mir passiert schon nichts. Vertrau mir einfach.«
»Dir kann ich schon vertrauen, Paul, aber was sage ich all diesen bösen
Jungs da draußen, die es mit der
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