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Reckless - Lebendige Schatten

Reckless - Lebendige Schatten

Titel: Reckless - Lebendige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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als alle reinmenschlichen Kollegen sein, aber Dunbar war das nie schwergefallen, obwohl sein Vater ihm einen Rattenschwanz und dicht behaarte Haut vererbt hatte.
    Die spitze Schnauze hatte Dunbar nicht geerbt. Die Schönheit seiner Mutter hatte für ein halbwegs ansehnliches Gesicht gesorgt. Die meisten FirDarrigs stammten aus Fianna, Albions streitbarer Nachbarinsel. Sie konnten sich unsichtbar machen und hatten, was die wenigsten über sie wussten, ein fotografisches Gedächtnis.
    »Jacob …« Dunbar hob immer noch nicht den Kopf. Er blätterte die Seite um, die er las, und kratzte sich die haarige Wange. »Es ist eines der Rätsel dieses Universums, warum unsere Universitätsleitung Nachtwächter beschäftigt, die ebenso taub wie blind sind. Zum Glück ist dein Piratenschritt unverwechselbar. Dich habe ich natürlich nicht gehört, Fuchs!« Er blickte auf und schenkte ihr ein Lächeln. »Bei Pendragons Schwert, die Füchsin ist erwachsen geworden! Und du hältst es immer noch an seiner Seite aus?« Er schlug das Buch zu und warf Jacob einen spöttischen Blick zu. »Wonach suchst du diesmal? Ein Habetrotshemd? Ein Gryphonshuf? Du solltest den Beruf wechseln. Glühbirne, Batterie, Aspirin – das sind die Worte, die in diesen Zeiten nach Magie klingen.«
    Jacob trat auf den Schreibtisch zu und musterte die Bücher, in denen Dunbar sich jede Nacht wie in einer Landschaft aus Papier verlor. » Die Geschichte Mauretaniens, Fliegende Teppiche und Im Reich der Zauberlampen. Willst du auf Reisen gehen?«
    »Vielleicht.« Dunbar fing eine Fliege und schob sie sich diskret in den Mund. Kein FirDarrig konnte einem vorbeischwirrenden Insekt widerstehen. »Was tut ein Historiker in einem Land, das nur noch an die Zukunft glaubt? Was soll Gutes dabei herauskommen, wenn wir uns das Leben von Zeigern und Zahnrädern diktieren lassen?«
    Jacob schlug eines der Bücher auf und betrachtete die Abbildung eines Fliegenden Teppichs, der zwei Pferde samt ihren Reitern trug. »Glaub mir, das ist erst der Anfang.«
    Dunbar zwinkerte Fuchs verschwörerisch zu. »Er spielt zu gern den Propheten, stimmt’s? Aber wenn ich ihn frage, was genau er in der Zukunft sieht, weicht er mir aus.«
    »Eines Tages verrate ich es dir vielleicht.« Es gab niemanden, dem Jacob lieber von der anderen Welt erzählt hätte als Dunbar. Jedes Mal, wenn er ihn sah, malte er sich aus, wie seine kurzsichtigen Augen sich beim Anblick eines Wolkenkratzers oder Düsenjets weiten würden. Auch wenn Dunbar den Fortschritt in seiner Welt sehr kritisch betrachtete – Jacob kannte niemanden, der so viel Bildung und Klugheit und gleichzeitig die unersättliche Neugier eines Kindes besaß.
    »Du hast mir immer noch nicht geantwortet.« Dunbar trug einen Stapel Bücher zurück zu den dunklen Holzregalen, die jede Wand seines Arbeitszimmers mit gedrucktem Wissen füllten. »Was suchst du?«
    Jacob legte das Buch über die Fliegenden Teppiche zurück auf den Schreibtisch. Er wünschte, er wäre auf der Jagd nach einem ähnlich unschuldigen Zauberding.
    »Ich suche den Kopf von Guismund, dem Hexenschlächter.«
    Dunbar blieb so abrupt stehen, dass ihm eines der Bücher aus den Armen glitt. Er bückte sich und hob es auf.
    »Da musst du wohl erst mal seine Gruft finden.« Seine Stimme klang ungewohnt kühl.
    »Ich habe sie gefunden. Guismunds Leiche fehlen der Kopf, das Herz und die rechte Hand. Ich glaube, er hat den Kopf nach Albion schicken lassen. Zu seinem ältesten Sohn.«
    Dunbar schob die Bücher ins Regal, eines nach dem anderen, ohne ein Wort. Dann wandte er sich um und lehnte sich gegen ihre ledernen Rücken. Jacob hatte noch nie so viel Feindseligkeit in Dunbars Gesicht gesehen. Er trug wie immer einen langen Gehrock, der seinen Rattenschwanz verbarg. Nur das leuchtende Rot verriet den FirDarrig. Sie trugen kaum je eine andere Farbe.
    »Es geht um die Armbrust, oder? Ich weiß, ich schulde dir etwas, aber dabei werde ich dir nicht helfen.«
    Jacob hatte Dunbar vor Jahren vor ein paar betrunkenen Soldaten beschützt, die sich einen Spaß daraus gemacht hatten, ihm das Fell anzuzünden. »Ich bin nicht hier, um Schulden einzutreiben. Aber ich muss die Armbrust finden.«
    »Für wen?« Dunbars Fell sträubte sich wie das eines angriffslustigen Hundes. »Die Bauern pflügen auf den alten Schlachtfeldern immer noch menschliche Knochen aus der Erde. Hast du dein Gewissen inzwischen für einen Beutel Gold eingetauscht? Machst du dir wenigstens ab und zu Gedanken

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