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Reckless - Lebendige Schatten

Reckless - Lebendige Schatten

Titel: Reckless - Lebendige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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dem Waldduft, der Alma umgab. Der Hob hockte in einem Käfig über der Tür. Sie waren zuverlässige Wächter, wenn man sie regelmäßig fütterte, und eingesperrt kaum schlechter gelaunt als in Freiheit. Seine roten Augen hingen an Fuchs, als sie in den Laden trat. Er witterte die Gestaltwandlerin.
    Die falsche Hexe verriegelte die Tür, während sie Jacobs Kleider mit einem abschätzenden Blick streifte. Der Schnitt und der gute Stoff flüsterten ihr »Geld« ins Ohr, und sie schenkte ihm ein Lächeln, das so falsch war wie ihr Parfüm. Der Laden roch nach getrockneten Sumpflilien, was nichts Gutes verhieß. Sie wurden oft als Feenlilien ausgegeben, und die Schwammpilze, die unter der Decke hingen, wurden als Aphrodisiakum verkauft, obwohl alles, was sie hervorriefen, lebenslange Wahnvorstellungen waren. Aber Jacob entdeckte in den Regalen auch ein paar Dinge, die nach echter Zauberei aussahen.
    »Was kann Goldilocks für euch zwei Hübschen tun?« Das heisere Lachen verriet sie als Linsenkauerin. Die Aschenputtelsucht … Prinzessinnenträume für ein paar Stunden. Sie schenkte Fuchs ein anzügliches Lächeln. »Braucht ihr etwas, um die alte Leidenschaft anzufachen? Oder ist euch jemand anderes im Weg?«
    Jacob hätte ihr zu gern ihren giftigsten Trank eingeflößt. Ihre Locken waren tatsächlich golden. Die Art klebriges Gold, die falsche Hexen gern zusammenkochten, um sich Haar und Lippen damit zu färben.
    »Ich brauche eine Blutscherbe.« Jacob warf zwei Taler auf den schmutzigen Tresen. Das Tuch in seiner Tasche produzierte sie in letzter Zeit weniger zuverlässig. Es war an einigen Stellen inzwischen so dünn, dass er sich wohl bald nach einem neuen würde umsehen müssen.
    Goldilocks rieb die Taler prüfend zwischen den Fingern. »Es stehen fünf Jahre Haft auf den Verkauf von Blutscherben.«
    Jacob zählte ihr einen weiteren Taler in die Hand.
    Sie schob sich die Bezahlung in die Schürzentasche und verschwand hinter einem verschlissenen Vorhang. Fuchs blickte ihr mit blassem Gesicht nach.
    »Sie wirken nicht immer«, sagte sie, ohne Jacob anzusehen. Ihre Stimme klang fast so heiser wie die der Linsenkauerin.
    »Ich weiß.«
    »Und du wirst wochenlang Blut verlieren!«
    Sie blickte ihn so verzweifelt an, dass er für einen Augenblick versucht war, sie in die Arme zu nehmen und ihr die Angst vom Gesicht zu küssen. Was soll das, Jacob? Vernebelte ihm all der Schmutz auf den Regalen das Hirn, all die Liebestränke und billigen Amulette, die Fingerknochen, die, in der Tasche getragen, Lust und Verliebtheit brachten? Oder war das ein weiterer Effekt, den die Angst vor dem Tod hatte?
    Goldilocks kam mit einer Tüte zurück. Die Glasscherbe, die Jacob herauszog, war farblos und etwas größer als der Boden einer Flasche.
    »Woher weiß ich, dass sie echt ist?«
    Fuchs nahm ihm die Scherbe aus der Hand und strich mit den Fingern über das Glas. Dann sah sie die falsche Hexe an. »Wenn er zu Schaden kommt, finde ich dich«, sagte sie. »Egal, wo du dich versteckst.«
    Goldilocks verzog höhnisch den Mund. »Es ist eine Blutscherbe, Schätzchen. Natürlich wird sie ihm schaden.« Sie zog ein Fläschchen aus der Schürze und drückte es Jacob in die Hand. »Reib den Schnitt damit ein, dann blutet es weniger stark.«
    Der Hob starrte ihnen nach, als seine Herrin die Tür hinter ihnen verriegelte.
    Eine Ratte huschte die dunkle Straße hinunter und in der Ferne hörte man die Räder einer Droschke über das Kopfsteinpflaster rattern.
    Jacob trat in den nächsten Hauseingang und schob sich den Ärmel hoch. Blutscherben. Er selbst hatte noch nie eine benutzt, aber Chanute hatte sich eine besorgt, als sie auf der Jagd nach dem Zauberstab eines Hexers gewesen waren. Man musste sich das, was man finden wollte, so genau wie möglich vorstellen. Dann schnitt man mit der Scherbe tief ins eigene Fleisch, bis man den Gegenstand, den man suchte, wie durch ein Fernglas in ihrem Glas sah – und hoffentlich genug von dem Ort, an dem er sich befand. Blutscherben machten nur Dinge sichtbar, die von schwarzem Zauber berührt worden waren, aber der Kopf des Hexenschlächters besaß davon mit Sicherheit genug.
    »Habt ihr den Zauberstab damals gefunden?« Fuchs wandte angewidert den Kopf ab, als Jacob die Scherbe auf die Haut presste.
    »Ja.« Dass Chanute fast verblutet wäre, sagte Jacob ihr nicht. Es war eine schlimme Art Zauber.
    Der Schmerz fuhr ihm in die Brust, als er die Scherbe gerade in die Haut drücken wollte. Es war ein

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